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Leserbriefe: "Prüfungsergebnisse sind nicht alles"

Zwei PNN-Leser kommentieren den Artikel „Schulen im Vergleich: Wo die Leistungen besser sind – und wo schlechter" vom 24. Februar 2018

Mit diesem Artikel vermitteln Sie den Eindruck, als könnte man die Qualität der Oberschulen, Gesamtschulen und Gymnasien mit den von Ihnen ermittelten Daten von Prüfungsergebnissen oder PC-Ausstattungen vergleichen. Für eine grundlegende Aussage über Qualität von Schule müssen jedoch eine ganze Reihe von Faktoren berücksichtigt werden. Zunächst gehören dazu im besonderen Maße die sehr verschiedenen Ausgangsbedingungen einer Schule – mit den sehr unterschiedlichen Schülerinnen und Schülern sowie Elternhäusern (eher bildungsnah oder weniger?), der Ausstattung mit Lehrkräften (pädagogische und fachliche Ausbildung? Quereinsteiger?) und Schulleitung sowie gegebenenfalls weiterer Fachkräfte, die materielle Ausstattung und so weiter.

Die Anzahl der Lehrkräfte zum Beispiel, die Sie angeführt haben, ohne Berücksichtigung, ob diese mit voller oder halber Stundenzahl arbeiten, gibt bereits ein völlig unzureichendes Bild. Für viele Eltern und Kinder – und natürlich auch die Lehrkräfte – ist es ja gerade sehr wesentlich, wie groß die tatsächlichen Klassen sind. Außerdem ist von großer Bedeutung, mit welchen Konzepten und Umsetzungsmöglichkeiten die Pädagogen den sehr verschiedenen Schülerinnen und Schülern entsprechend ihrer individuellen Voraussetzungen gerecht werden können. Gibt es Unterricht mit Differenzierungsangeboten und Gruppenunterricht? Für Eltern, Kinder und mögliche spätere Arbeitgeber sind neben den Fachnoten ebenso soziale Kompetenzen wie Kooperationsfähigkeit, selbständiges Arbeiten oder Flexibilität von zunehmender Relevanz.

Einschätzung von Schulqualität muss umfassend sein

Als Pädagogin und pensionierte Schulvisitatorin habe ich jahrelange Erfahrungen mit der Einschätzung von Schulqualität. Dabei handelt es sich um eine sehr verantwortungsvolle und umfassende Aufgabe, wenn man die Schulrealität angemessen erfassen und darstellen will. Zu diesem Zweck gibt es im Land Brandenburg – ebenso wie für Bildungsministerien in vielen anderen Bundesländern – die Schulvisitation. In Brandenburg wurde ein Orientierungsrahmen Schulqualität mit sechs Qualitätsbereichen entwickelt, wobei die von Ihnen aufgeführten Ergebnisse nur ein sehr kleiner Teilbereich sind. Ebenso sind die Ausstattungen mit Computern nur ein Element von vielen anderen in einer vorbereiteten Lernumgebung.

So gibt es natürlich Elternhäuser, die in hohem Maße vielseitigere Lernorte und auch Schulbibliotheken, Werkstätten oder Schulgärten für ihre Kinder wünschen. All diese Informationen können die Interessierten bei realen Schulbesuchen wie den angebotenen „Tagen der offenen Tür“ bekommen. Dazu gibt es die Möglichkeit, sich über den Bildungsserver des Landes Brandenburg das Schulporträt der jeweiligen Schule anzusehen, um herauszufinden, ob das Profil mit den Konzeptionen zu dem jeweiligen Kind und den eigenen Zielsetzungen passt. Die von der Schulvisitation umfassend eingeschätzte Schulqualität in den vergangenen Jahren lässt sich dort ebenfalls nachlesen – oder die Ergebnisse können Eltern in der Schule erhalten. Eva Wieczorek, Potsdam

Wieviele Schüler gehen bis zum Abitur?

Zentrale Abiturergebnisse der einzelnen Schulen sind der „Eyecatcher“ beim Vergleich miteinander. Schulen, die verlässlich gute Abiturergebnisse erzielen, scheinen besser zu unterrichten als diejenigen mit mittleren oder unterdurchschnittlichen Ergebnissen. Nicht beantwortet wird bei Ihrer Aufstellung allerdings die Frage, wie viele der von etwa einem Gymnasium aufgenommenen Schüler schlussendlich das Abitur erreichen. Es ist ein Dreisatz: Schulen, die sich ihrer schlechteren Schüler auf dem Weg zum Abitur entledigen, und nur die Besten Abitur machen lassen, erzielen bessere Ergebnisse.

Potsdam ist eine wachsende Stadt mit mehr Zuzüglern als Abwanderern. Man möchte also meinen, dass in Potsdam die Schülerzahl im Verlauf einer Schullaufbahn eher aufgestockt und nicht abgeschmolzen wird. Das ist aber bei vielen Schulen nicht der Fall. Es ist einfach: Je mehr derjenigen Schüler eine Schule vor dem Abitur verlassen, die kein exzellentes Abitur zu machen versprechen, desto besser wird das Gesamtdurchschnittsergebnis der verbleibenden Schüler der Schule.

Schulabbrecherquote wird beklagt

Auf der anderen Seite gibt es offensichtlich Aufnahmeschulen. Die führen mehr Schüler zum Abitur als sie in den Anfangsklassen aufnehmen, haben demzufolge quasi naturgemäß schlechtere Abiturdurchschnittsergebnisse. Bundesweit wird die Schulabbrecherquote von zehn Prozent aller Schüler über alle Schulformen hinweg immer sehr beklagt. Hier aber scheint es eine Oberstufenabbrecherquote zu geben, die tendenziell höher liegt. Doch kann sich eine wachsende Stadt wie Potsdam eine derartige „Leistungsverweigerung“ öffentlicher Schulen zwischen Klasse 11 und Abitur leisten? Immerhin werden Schulneubauten vom Potsdamer Steuerzahler und Schulplätze vom Brandenburger Steuerzahler nicht dafür erstellt und vorgehalten, dass einige Schulen im letzten Jahr vor dem Zentralabitur 10 bis 20 Prozent ihrer Schüler wegsieben. Christiane Raffauf, Potsdam

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