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DUDEN-Lernhilfe-Gründer Dr. Gerd-Dietrich Schmidt und seine Tochter Laura Schmidt.

© Andreas Klaer

Lerninstitut in Potsdam: Hilfe bei Lernblockaden

Die von dem Potsdamer Gerd-Dietrich Schmidt gegründeten Duden-Institute für Lerntherapie unterstützen Schüler mit Lese-Rechtschreib- und Rechenschwäche.

Von Carsten Holm

Potsdam - Eigentlich wollte sich Gerd-Dietrich Schmidt schon vor zehn Jahren zur Ruhe setzen. Der heute 61-Jährige promovierte Physik-Didaktiker hatte mit seiner Frau Beate, 60, einer Kieferorthopädin, eine Abmachung. Beide wollten um ihren 50. Geburtstag verkaufen, was sie zu Erfolg gebracht hatten: Der gebürtige Stralsunder seinen Berliner Duden-Paetec-Schulbuchverlag und die angeschlossenen Lerninstitute und seine Ehefrau ihre Spandauer Arztpraxis.  

Sie gehören zu der kleinen Zahl von Menschen, die einen Traum haben und ihn auch verwirklichen können: den finanziell sorglosen Übergang in einen neuen Lebensabschnitt nach einem schon recht früh erfüllten Berufsleben. Schmidt, Brille, weißes Haupt, weiches, warmes Gesicht, ein Mann, der Ruhe und Bescheidenheit ausstrahlt, erzählt den PNN, wie der Plan aussah: „Reisen in die Welt, Tagesausflüge mit unserem Boot rund um Potsdam. Vorträge halten und noch ein paar Bücher schreiben. Mehr Zeit für Kinder und Enkel, mehr Muße für Trompete- und Klavierspielen. Und dann wollten wir beide noch ehrenamtlich arbeiten.” 

Die Firma nebenbei aufgebaut

Es kam ganz anders. Schmidt verkaufte 2009 zwar, wie abgemacht, seine auf 120 Mitarbeiter gewachsene Firma an die Berliner Cornelsen-Bildungsgruppe. Schon früh hatten seine Institute mit dem Duden-Verlag kooperiert, seit 2004 waren sie offizieller Teil der Duden-Lernwelt. Doch kaum hatte sich Schmidt zurückgezogen, strukturierte Cornelsen seine Gruppe um und bot ihm die Institute wieder zum Kauf an.  

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Schmidt konnte kaum Nein sagen. Er hatte in Güstrow in Mecklenburg-Vorpommern studiert und promoviert, als Lehrer für Physik und Mathematik gearbeitet und nebenbei seine Firma aufgebaut. Nun, 2012, kehrte der Chef, der Autor von rund 120 Schul- und Fachbüchern ist, an die Spitze zurück. Er führte die Duden-Institute zu neuem Erfolg. 

Seine langjährige Mitarbeiterin Andrea Schulz hatte schon in den 90er-Jahren das Konzept für die Institute entwickelt – sie hatte mit ihrer Dissertation über „Lernschwierigkeiten im Mathematikunterricht der Grundschule” auch die wissenschaftliche Grundlage geschaffen für die Therapie von Kindern und Jugendlichen mit einer Rechen-, aber auch einer Lese- und Rechtschreibschwäche.  

Franchise-System: 12.000 Euro Eintrittsgebühr

„Das Interesse der Eltern, die von uns hörten, war so groß, dass wir von Beginn an auf ein Franchise-System setzten”, erzählt Schmidt. Das Franchise-System funktioniert so: Die Berliner Zentrale vergibt Standorte, an denen Pädagogen, Psychologen oder Sprachtherapeuten nach dem Modell der Duden-Lerninstitute eine Existenz als selbstständige Franchise-Nehmer aufbauen können. Sie erhalten Konzept und Materialien für die Lerntherapie, eine Ausbildung als Lerntherapeut und eine weitere für die Führung einer eigenen Praxis.  

Die Zahl der Franchise-Nehmer wuchs. 50 Partner betreiben inzwischen Duden-Institute an 90 Standorten in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Sie müssen eine Eintrittsgebühr von 12.000 Euro aufbringen und einen prozentualen Teil ihrer Umsätze an die Berliner Zentrale abführen. Schmidt macht aus dem Investitionsaufwand für eine Neugründung kein Geheimnis: „Wer ein Institut eröffnen möchte, trägt einen Teil der Ausbildungskosten, muss Räume anmieten und ausstatten und sollte insgesamt 60.000 bis 80.000 Euro aufbringen können. Nach eineinhalb Jahren ist man nach unserer Erfahrung in den schwarzen Zahlen. Manche schaffen es früher.” 

"Größenordnung, in der sich noch alle kennen"

Die Zentrale pflege zu ihren Franchise-Nehmern ein „familiäres Verhältnis”, sagt Schmidt. „Wir haben eine Größenordnung, in der sich noch alle kennen”, sagt der Unternehmer. Wenn der Deutsche Franchise-Verband alle drei Jahre alle Vertragspartner anonymisiert nach ihrer Zufriedenheit befragt, ist das Ergebnis für den Chef stets ein Erlebnis. 2019 etwa gaben 100 Prozent an, sie würden „erneut eine Partnerschaft mit Duden eingehen”, dafür gab es zum vierten Mal in Folge den Gold Award. Es war das Jahr der Preise. 

Schmidt wurde „Familienunternehmer des Jahres”, schließlich führt er die Duden-Institute mit seinem Sohn Armin, der IT-Chef ist, und seiner Tochter Laura, der Personalchefin; beide leben in Potsdam. Der größte Erfolg aber war im selben Jahr der Große Preis des Mittelstands, den die Redaktion der Tageszeitung „Die Welt” als „deutschlandweit begehrteste Wirtschaftsauszeichnung” bewertet. 

140 Klienten in Potsdam angemeldet

Mehr als 4500 Mädchen und Jungen werden derzeit in den Duden-Instituten betreut. In Potsdam, wo das Institut in einem schönen Backsteingebäude an der Gutenbergstraße 62 residiert, sind 140 Klienten angemeldet. „Die Nachfrage in der Landeshauptstadt ist sehr groß“, sagt Personalchefin Laura Schmidt, „wir suchen gerade weitere Franchise-Partner”. 

Die Schüler kommen aus allen sozialen Schichten. Meist finden Einzeltherapien statt, die jeweilige Fachdidaktik wird mit passenden Methoden aus der Psycho-, Ergo- und Familientherapie kombiniert. „Ein Achtjähriger, der zu uns kommt, kann zum Beispiel nicht lesen, weil er Buchstabe um Buchstabe entziffert und zu einem Wort zusammensetzen will”, berichtet Schmidt, „ein anderer scheitert in der Mathematik bei einfachsten Aufgaben, weil er drei plus fünf an einer Hand abzählen möchte, aber nicht erkennt, dass die fünf Finger hat.”

Enge Zusammenarbeit mit den Eltern 

Die psychosozialen Belastungen solcher Schwächen können zu Bauchschmerzen, Übelkeit, zu Vermeidungsstrategien und sogar zu Unterrichtsverweigerung führen. In enger Zusammenarbeit mit Eltern und Lehrern arbeiten die Institute daran, „die Selbstwerterfahrung der Schüler zu stärken”. Blockaden, weiß Schmidt, „schwinden mit dem Lernerfolg”. 

Im Duden-Institut beginnt die Therapie mit einem Beratungsgespräch der Eltern, es folgt eine dreistündige Diagnostik mit dem Kind, dann wird ein Therapieplan entwickelt. Die Monatspauschale für die Therapie beträgt in Potsdam rund 260 Euro. Die aber muss, unabhängig vom Einkommen der Eltern, das Jugendamt nach dem 8. Buch des Sozialgesetzbuches tragen, wenn eine sogenannte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben beeinträchtigt ist. 

„Wer Hilfe braucht, bekommt sie in aller Regel”, sagt Schmidt. Viele Eltern aber meldeten ihr Kind auf eigene Kosten an, in Potsdam sind es rund 50 Prozent. Die meisten Schüler besuchten die Institute 18 Monate lang, dann könnten sie den Anschluss an den Schulunterricht finden. Schmidt: „Unser Ziel ist nicht eine Dauerbetreuung, wir wollen befristet helfen.” 

Umstellung auf Online-Therapie

Als die Schulen wegen Corona geschlossen wurden, wusste auch Gerd-Dietrich Schmidt nicht, wie es weitergehen könnte ohne Präsenztherapien: „Ich hatte im März und April einige schlaflose Nächte.” Aber sein Sohn, der IT-Chef, und ein Team von Fachleuten stellten das komplette Angebot in kurzer Zeit auf Online-Therapie um. Die Schüler konnten weiter therapiert werden, Elternabende und Schulungen der Partner fanden online statt und in der „digitalen Mittagspause” wird gequatscht. Der Umsatz blieb 2020 konstant. Und: Trotz Corona kamen drei neue Partner dazu. 

Manche Punkte der Abmachung, die das Ehepaar Schmidt vor gut zehn Jahren schloss, erfüllten sich. Die promovierte Medizinerin Beate Schmidt, eine Katholikin, engagiert sich in der St. Peter-und Paul-Gemeinde in der Diakonie und im Willkommensteam. Ehemann Gerd-Dietrich ist Schatzmeister im Förderverein des Potsdamer St. Josefs-Krankenhauses.

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