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Ein Helikotper liefert 1986 die gläserne Kuppel für den Prestigebau der DDR.

© Stadtarchiv Potsdam

Legendäres Haus am Schlaatz: Potsdams größter Bürgertreff feiert 30-jähriges Jubiläum

Als der FDJ-Jugendklub „Alpha“ 1986 im Schlaatz eröffnet, ahnt keiner, dass in drei Jahren Schluss sein könnte. Doch aus dem Klub wird Potsdams größter Bürgertreff. Heute wird das Jubiläum gefeiert.

Potsdam - Disko im Jugendklub „Alpha“ war was Besonderes, zumindest war es immer voll und mit Anstehen. Drinnen gab es Tanz auf drei Etagen, über eine Wendeltreppe verbunden, Diskokugeln glitzerten unter der futuristischen Prisma-Kuppel und mittendrin hing ein Basketballkorb. Das war schon cool. Hierher kamen nicht nur Schlaatzer Jugendliche, sondern welche aus ganz Potsdam. 40 FDJ-Mitarbeiter kümmerten sich um die Freizeitangebote für Jugendliche, im Keller gab es sogar eine Bowlingbahn. Mitte der 1980er- Jahre war es der Vorzeigejugendklub des jungen sozialistischen Stadtteils. Der Schlaatz war gerade fertig geworden, eine Stadt in der Stadt. Mit vielen jungen Familien.

Das ist heute immer noch so, auch wenn die Bewohner insgesamt älter geworden sind. Hier wohnen Senioren neben Studenten, Einheimische neben Zugewanderten und Flüchtlingsfamilien. Und noch immer gibt es den Jugendklub „Alpha“, wenngleich längst Teil eines großen Bürgerhauses, das für alle Generationen da ist. Am heutigen Donnerstag feiert die Einrichtung ihr 30-jähriges Bestehen mit einem festlichen Empfang. Referenzdatum ist ein Zeitungsartikel vom September 1986 zum „Jugendfreizeitzentrum im Wohngebiet Potsdam-Schlaatz“. Wann genau hier damals Bändchen durchgeschnitten wurden, ist nicht bekannt.

Ein bisschen Zufall

Dass das Haus überhaupt gebaut wurde, war damals allerdings auch ein bisschen Zufall. „Der Bau dieses Prestige-Objektes war zunächst für zwei Standorte in anderen Städten vorgesehen, bevor man sich entschied, das Projekt auf der ,Jugendbaustelle’ Schlaatz zu realisieren“, heißt es auf der Webseite zur Geschichte des Wohngebiets. So sei auch zu erklären, warum sich das Gebäude in die städtebauliche Struktur des Stadtteils nur widerwillig einpasse.

Die „widerwillige“ Architektur war eigentlich ein Glück. So hebt sich das Gebäude ab vom Einerlei der Blockbebauung. Die rote Fassade leuchtet weithin und fällt auf – ideal für einen öffentlichen Anlaufpunkt im Wohngebiet. Im vergangenen Jahr zählte man mehr als 75 000 Besucher. Im Haus finden Veranstaltungen, Workshops und Kurse zu allen möglichen Themen statt, Kreatives, Unterhaltung, Bildung, Gesundheit und Sport. Hier tagen Vereine, feiern Anwohner Hochzeiten, finden Ausstellungen, Theaterproben oder Weihnachtsfeiern statt. Die Bowlingbahn im Keller gibt es noch, eine externe Sauna ist dazu gekommen und ein Café. Aber nicht 40 Mitarbeiter wie zu DDR-Zeiten, sondern sechs managen den Bürgertreffpunkt heute – gemeinsam mit Honorarkräften und vielen ehrenamtlichen Mitarbeitern, sagt Steffen Heise, pädagogischer Leiter vom Bürgerhaus.

Der Klub "Alpha" wird gebraucht

Als nach der Wende die FDJ in der Bedeutungslosigkeit versinkt, muss ein neuer Träger gefunden werden. Zunächst übernimmt die Stadt den Klub „Alpha“. Er wird gebraucht. Der Schlaatz, so Heise, galt lange Zeit als sozialer Brennpunkt. Die Fachhochschule Potsdam erarbeitet eine Stadtteilanalyse und 1995 heißt es in den Medien: „Das ,Alpha’ soll rasch ein Bürgerhaus werden“. Es folgt ein Beschluss der Stadtverordneten, gefolgt von Befürchtungen: „Gehen beim ,Alpha’ 1996 die Lichter aus?“, so stand es zum Beispiel in den PNN. Sie gehen nicht aus, im November 1995 wird das Bürgerhaus als gGmbH gegründet, erster Geschäftsführer ist Manfred Ritzau. 1996 wird das erste Wohngebietsfest gefeiert, ein Jahr später findet hier das Europäische Hiphop- und Graffiti-Festival statt.

Dann wird gebaut. Für 4,2 Millionen Mark wird aus dem einstigen Jugendfreizeitzentrum endgültig ein Haus, das auf eine vielseitige Nutzung ausgerichtet ist. Das Treppenhaus wird umgebaut, die Raumaufteilung erneuert, Wände versetzt, neue Sanitäreinrichtungen eingebaut. „Das Haus wurde komplett neu strukturiert“, sagt Heise. Während der Arbeiten zieht der Bürgertreff in das Haus Bisamkiez 26, heute Kindertreff. Im Jahr 2000 ist endlich alles fertig. Die Stadt pumpt viel Geld in den Stadtteil mit dem schlechten Ruf und so langsam, scheint es, mausert sich das Problemviertel. „Der Schlaatz ist besser als sein Ruf“, schreibt 1997 die Stadtteilzeitung „Tauzone“.

Das rote Haus im Schlaatz bleibt das Flaggschiff

Aus der Bürgerhaus gGmbH wird 2011 die Gesellschaft für Kultur, Begegnung und soziale Arbeit in Potsdam gemeinnützige GmbH – kurz Kubus genannt. Dazu gehören neben Bürgerhaus und Jugendklub auch der Treffpunkt Freizeit und das Kindermusiktheater „Buntspecht“. Das Flagschiff bleibt das rote Haus im Schlaatz. Vormittags kommen hauptsächlich Senioren, nachmittags Kinder, abends Jugendliche. Es ist Anlaufpunkt für eine Vielzahl von Aktivitäten im Wohngebiet, von hier aus wird beispielsweise auch die Stadt der Kinder, jedes Jahr in den Sommerferien, organisiert; im Dezember findet der lebendige Adventskalender statt, bei dem verschiedene Anbieter und Vereine im Haus weihnachtliche Aktivitäten oder Konzerte organisieren. „Wir könnten noch viel mehr machen, der Bedarf ist da“, sagt Heise, „aber es fehlt das Geld“. Immer mehr Flüchtlinge und Neu-Schlaatzer kommen und schätzen das Bürgerhaus als einen verlässlichen Anlaufpunkt. Aber unter den Nutzern von heute sind auch viele der Generation der ersten Disko-Gänger. Nur, dass die Disko längst aus dem Programm verschwunden ist. In Potsdam gibt es inzwischen angesagtere Alternativen zum Tanzen, vermutet Steffen Heise.

Am heutigen Donnerstagabend werden drei Jahrzehnte Begegnungs- und Kulturstandort am Schlaatz gefeiert, Gastgeberin ist die neue Kubus-Geschäftsführerin Claudia Fischer, die vor knapp einem Jahr die Nachfolge der langjährigen Leiterin Barbara Rehbehn antrat. Zur Geschichte des Hauses werden eine Fotoausstellung und Filmausschnitte der Medienwerkstatt Potsdam aus den Jahren 1993 bis 2007 gezeigt.

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