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Leben auf dem Brauhausberg: Begeisterung nach Minsk-Kompromiss schwindet

An dem erst so gefeierten Kompromiss für das ehemalige Terrassenrestaurant Minsk wird Kritik laut. Auch Architekten stellen Forderungen. Die Stadt Potsdam reagiert darauf schmallippig.

Von Katharina Wiechers

Potsdam - Rund einen Monat nach der Verkündung des Durchbruchs für das Terrassenrestaurant Minsk wird die Debatte über den maroden DDR-Bau nun doch wieder neu aufgerollt. Ein breites Bündnis von Initiativen und Experten spricht sich jetzt überraschend deutlich gegen den Kompromiss aus und fordert einen Planungswettbewerb. Die Stadtverwaltung zeigte sich auf Nachfrage zunächst wenig gesprächsbereit.

Veröffentlicht wurde die massive Kritik mittels Pressemitteilung am Dienstag. Der Text hat Gewicht, schließlich wird er nicht nur von vielen verschiedenen Initiativen und Personen getragen, sondern auch das Spektrum der Unterzeichner ist breit. So treten als Absender die Initiative Pro Brauhausberg, die Initiative (re)vive minsk, die Initiative Potsdamer Mitte neu denken, der Brandenburger Landesverband des Bundes Deutscher Architekten, der Architekt Christian Wendland und die Journalistin Natalie Gommert auf.

Bei näherer Betrachtung schwand die Begeisterung

Kritik wird in dem Schreiben an der geplanten Umgestaltung des Minsk und der unmittelbaren Umgebung geübt. Mitte Januar waren die Entwürfe präsentiert worden, die in einem Werkstattverfahren erarbeitet wurden. Der DDR-Bau soll demnach wie berichtet um ein modernes Gebäude ergänzt werden und könnte optional um zwei Geschosse erhöht werden. So könnte das Gebäude wirtschaftlicher betrieben werden. Letzteres fordern die Stadtwerke, da sie das Grundstück verkaufen und die Einnahmen für die Finanzierung des neuen blu-Bades einsetzen wollen. Ein bislang öffentlich unbekannter Investor wollte 27 Millionen Euro für das Areal in bester Innenstadtlage bezahlen – ob dieser überhaupt noch an Bord ist, war am Dienstag auf Nachfrage nicht zu erfahren.

Sollte nach dem oben gezeigten Entwurf gebaut werden, würden sowohl das Gebäude als auch die Landschaft entstellt und unwiederbringlich zerstört, so die harte Formulierung aus der veröffentlichten Pressemitteilung.
Sollte nach dem oben gezeigten Entwurf gebaut werden, würden sowohl das Gebäude als auch die Landschaft entstellt und unwiederbringlich zerstört, so die harte Formulierung aus der veröffentlichten Pressemitteilung.

© Löffler + Kühn Weigel Architekten

Die Entwürfe waren zunächst auf breite Zustimmung gestoßen – nicht nur bei der Stadtpolitik, sondern auch bei einigen der Initiativen, die nun die Pressemitteilung unterzeichnet haben. So hatte die Initiative Potsdamer Mitte neu denken zunächst von einem „Erfolg“ gesprochen. In dem Schreiben klingt das nun anders. „Bei näherer Betrachtung“ könne die Begeisterung über die Werkstattergebnisse nicht geteilt werden, heißt es.
Die Aufstockung um bis zu zwei Vollgeschosse würde grundlegend in das Konzept des Baukörpers eingreifen und seine Erscheinung wesentlich verändern. Der zusätzliche Bau an der Straße greife außerdem – zusammen mit den anderen geplanten mehrgeschossigen Gebäuden – „gravierend“ in das stadträumliche und architektonische Konzept ein. „Insgesamt würde das Minsk soweit baulich verändert und eingebaut werden, dass von einem Erhalt des Gebäudes nicht mehr gesprochen werden kann“, heißt es.
„Der Aufrichtigkeit halber“ dürfe dann keiner mehr vom einstigen Terrassenrestaurant Minsk sprechen, so die Unterzeichner. „Das Minsk gibt es dann nicht mehr.“ Der Entwurf stelle einen Eingriff dar, der für das Gebäude und die Landschaft Potsdams „unverträglich“ sei. „Er entstellt beide, er zerstört beide unwiederbringlich, er löscht etwas durch menschliches Hinzutun Gewachsenes für immer aus. Das ist von großen Teilen der Stadtgesellschaft nicht gewollt.“

Kritiker für Planungswettbewerb

Die mit Stadtpolitikern und Bauexperten besetzte Werkstatt sei für eine konkrete Lösung nicht das richtige Verfahren, so das Fazit der Verfasser. Daher fordere man Stadtverwaltung und Stadtverordnete auf, einen Planungswettbewerb auszuloben, bei dem zwar eine Bruttogrundfläche vorgegeben werde, „jedoch nicht eine konkrete bauliche Lösung“.

Auf die Frage an das Rathaus, was man dort von der Forderung hält, kam am Dienstag lediglich ein Hinweis auf die aktuelle Beschlusslage. Die Stadtverwaltung habe von der Stadtverordnetenversammlung den Auftrag erhalten, eine „auf die Erhaltung des Minsk ausgerichtete städtebauliche Anpassung des Siegerentwurfs im Rahmen eines Werkstattverfahrens“ durchzuführen. Das Ergebnis desselben werde nun wie geplant am 3. April in einer Beschlussvorlage dargestellt.

Linke-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg appellierte unterdessen an die Autoren des Schreibens, sich nun zusammenzusetzen. „Die Befürworter des Minsk sollten sich nicht auseinanderdividieren lassen“, sagte er den PNN. Er werbe dafür, dass sich die, die für einen Erhalt sind, nun an einen Tisch setzten und miteinander redeten. Das Ergebnis des Werkstattverfahrens sei ein riesiger Fortschritt wenn man bedenke, dass bis vor Kurzem noch nicht einmal klar gewesen sei, ob das Minsk überhaupt erhalten werden könne. Das Ergebnis des Verfahrens müsse geachtet werden, forderte Scharfenberg. Gleichzeitig zeigte er sich aber optimistisch: „Ich glaube, dass eine gute Lösung gefunden werden kann.“

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