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Landgericht Potsdam: Educon-Skandal: Warten auf einen Gerichtsprozess

Ein Jahr nach der Anklage im Educon-Skandal ist unklar, ob und wann das Landgericht Potsdam den Fall behandelt.

Hunderte geprellte Schüler und Dozenten, dazu ein mutmaßlicher Millionenbetrug gegen das Land Brandenburg: Die 2010 publik gewordene Betrugsaffäre um den damals noch bundesweit aktiven Potsdamer Bildungsdienstler Educon zog weite Kreise. Nach fünf Jahren Ermittlungen gibt es seit mehr als einem Jahr eine Anklage der Staatsanwaltschaft Potsdam, wonach die Spitze des längst abgetauchten Unternehmens mutmaßlich Millionenzuschüsse für fiktive Schüler erschlichen haben soll. Doch ob und wann das nun zuständige Landgericht Potsdam das Mammutverfahren eröffnen kann, ist immer noch völlig offen.

Die Anklage sei noch nicht zugelassen, sagte eine Gerichtssprecherin jetzt auf PNN-Anfrage. Daher könne keinerlei Aussage darüber getroffen werden, wann mit dem Beginn der Hauptverhandlung zu rechnen sei. Tatsächlich sollen die Ermittlungsakten des Verfahrens laut Justizkreisen einen kleinen Kellerraum füllen. Das Problem ist dabei nicht nur die Papiermasse, die der zuständige Richter für die Vorbereitung des Prozesses mindestens einige Wochen, wenn nicht gar Monate lesen müsste. Aus Justizkreisen hieß es auch, die zuständige Strafkammer am Landgericht sei gehalten, andere Verfahren schneller zu behandeln – nämlich jene, in denen es darum geht, ob Angeklagte aus der Untersuchungshaft entlassen werden können oder ob sie eine reguläre Haftstrafe antreten müssen. Über U-Haft-Sachen muss spätestens sechs Monate nach Beginn entschieden werden – diese haben im Gegensatz zu einem komplexen Wirtschaftsverfahren wie Educon dann Priorität, hieß es aus Gerichtskreisen gegenüber den PNN.

Die erhobene Anklage war bereits vergangenes Jahr im Frühsommer bekannt geworden. Angeschuldigt sind demnach die frühere Firmeninhaberin und ihr früherer Geschäftsführer wegen mehrfachen gemeinschaftlichen Betrugs im besonders schweren Fall. Ebenso wird dem Duo – und einer weiteren früheren Prokuristin des Unternehmens – mehrfacher versuchter Betrug im schweren Fall vorgeworfen.

Der mutmaßliche Millionenbetrug mit erfundenen Schülerzahlen hatte vor fünf Jahren auch bundesweit Schlagzeilen gemacht. Die Affäre begann Ende April 2010 mit einer Hausdurchsuchung im Hauptgebäude des Bildungsträgers in der Berliner Straße. Mittels falscher Angaben sollen Gesellschaften der Educon mehr staatliche Zuschüsse als berechtigt erhalten haben, so schon damals der Vorwurf. Die Folge: Das Landesbildungsministerium entzog drei Berufsfachschulen in Potsdam und Cottbus die Genehmigung, stoppte die Zahlungen von damals rund 4500 Euro pro Schüler und Jahr – von 871 gemeldeten Schülern konnte Educon laut Ministerium damals nur 313 nachweisen. Zwei Staatsanwälte hatten über Jahre hinweg diese Vorwürfe untersucht und versucht, daraus die jetzt vorliegende Anklage gerichtsfest zu formulieren.

Seitdem versuchte das Land Brandenburg für laut den Ermittlungen nicht vorhandene Schüler gezahlte Millionen-Beträge wieder einzutreiben. Denn nach den verfügten Schulschließungen war das gesamte Unternehmen in Schieflage geraten. Auch staatlich nicht geförderte Educon-Schulen im gesamten Bundesgebiet stellten ihren Lehrbetrieb zum Teil über Nacht ein, das Unternehmen verschwand von der Bildfläche, auch die Internetpräsenz wurde gelöscht. Noch Jahre später meldeten sich Schüler und Ex-Dozenten bei den PNN, die von Educon bereits gezahltes Schulgeld, Zeugnisse, Löhne oder Schadensersatz verlangten, ihre Forderungen aber nicht mehr zustellen oder vollstrecken konnten.

Die frühere Educon-Firmeninhaberin bestreitet die Vorwürfe. Ihre Anwälte hatten gar mit Schadensersatzklagen gegen das Land gedroht, weil ein florierendes Unternehmen wie Educon durch die Vorwürfe in den Ruin getrieben worden sei. Aktuelle Anfragen an den Anwalt der früheren Educon-Chefin blieben unbeantwortet. Wie berichtet hatte sie nach eigenen Angaben 2012 eine Privatinsolvenz in Großbritannien über Schulden von mehr als 30 Millionen Euro abgeschlossen – durchgeführt nach dem einfacheren britischen Insolvenzrecht. Die Ex-Chefin gab dabei auch die Millionen-Schulden beim Land an. Das hatte die damals 50-Jährige den PNN im Herbst 2012 auf Anfrage erklärt: „Sollte die Forderung gegen mich vollstreckt werden, dann läuft das ins Leere.“

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