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„Potsdam verpasst Chancen“. Thomas Drachenberg wünscht sich einen kürzeren Draht zur Stadt.

© Manfred Thomas

Landeskonservator Thomas Drachenberg im Interview: "Oft fehlt das richtige Maß"

Landeskonservator Thomas Drachenberg über Potsdams Konflikte mit dem Denkmalschutz, das Wachstum der Stadt und die retrospektive Haltung beim Wiederaufbau der Mitte.

Von Peer Straube

Herr Drachenberg, Potsdam ist seit Jahren berühmt-berüchtigt für seine Konflikte mit dem Denkmalschutz. Warum ist die Situation so schwierig?

Potsdam ist nicht berühmt-berüchtigt für seine Konflikte. Wenn man das im weltweiten oder auch bundesdeutschen Maßstab vergleicht, hat Potsdam eine sehr gute Bilanz. Was in den letzten 25 Jahren hier passiert ist, in der Stadtentwicklung und gerade im Denkmalschutz – alle Achtung, großes Lob!

Wie bitte? Das müssen Sie erklären!

Deutschland ist im Weltmaßstab derzeit mit 70 Jahren Friedensjahren privilegiert. Wir brauchen doch nur nach Syrien zu schauen, um uns klarzumachen, dass wir derzeit nicht nur dort unersetzliche Substanzverluste erleben müssen. Beispiel Arabicum der Villa Gutmann: Niemand weiß, ob noch vergleichbare Kostbarkeiten in Syrien existieren. Auch im deutschlandweiten Maßstab ist Potsdam eine der Städte, deren originale Bausubstanz trotz vieler Verluste noch da ist. Das ist ein großer Schatz, für den die Stadt nicht nur unter Denkmalpflegern bewundert wird! Gerade die Baukultur in Potsdam erzählt uns heute viel, auch vom toleranten Umgang mit Flüchtlingen und Neuankömmlingen – eine zu recht stolze Tradition!

Und woher rühren dann die vielen Konflikte?

Oberbürgermeister Jann Jakobs betonte auf dem Neujahrsempfang: Das anhaltende Wachstum der Stadt stelle Fragen an deren weitere Gestaltung. Ich sehe das genauso: Potsdam ist nur deswegen weltberühmt, weil es diese einzigartige Einbindung der Stadt am Wasser mit den gestalteten Gärten gibt, die in den offenen Landschaftsraum übergehen. Von diesem bewusst gestalteten Dreiklang ist noch viel vorhanden. Wir müssen daran arbeiten, diese Qualität zu erhalten und genau hinsehen, wo Potsdam in welchem Maße wachsen kann, sprich: wo es Stellschrauben gibt und wo nicht.

Wozu Wohnungsnot, steigende Grundstückspreise und der damit verbundene Verwertungsdruck führen, kann man bereits in der mittleren Speicherstadt sehen. Auch auf dem nördlichen Teil sind enorme Baumassen geplant. Wird Potsdam langsam zugebaut?

An dieser Stelle zumindest – ja. Als Landesdenkmalamt haben wir versucht, wenigstens den denkmalgeschützten Persiusspeicher etwas freier von der geplanten Bebauung zu halten, aber vergeblich. Wenn man die Speicherstadt heute vom Wasser oder von Hermannswerder aus betrachtet, erkennt man ein steinernes Riesengebirge. Das ist für mich eine verpasste städtebauliche Chance. Und das gleiche Schicksal droht – so befürchte ich – auch dem Zentrum Ost. Die geplante Bebauung der Brache zwischen Wohngebiet, Havel und Nuthestraße ist in ihrer Größe allein dem Ziel geschuldet, möglichst viele Wohnungen unterzubringen. Ohne wirkliche Not werden dort bei der derzeitigen Planung Sichtbeziehungen zum Park Babelsberg und landschaftliche Qualitäten zerstört, die man bei einer Bebauung geringerer Höhe bewahren könnte. Es geht hier nicht um Bebauung oder nicht, sondern um das Wie, um das richtige Maß.

Sie selbst haben das Stichwort gegeben. Der Streit um Sichtachsen ist typisch für Potsdam. Müssten Sie angesichts der Tatsache, dass in Potsdam Tausende Wohnungen fehlen, nicht nachsichtiger sein?

Denkmalpflege ist nun einmal keine Stadtentwicklung, sondern formuliert vorhandene bauliche und städtebauliche Qualitäten und bringt sie in die Entwicklung ein. Die Stadtentwicklung wiederum versucht, dem Wachstum gerecht zu werden. Der Anspruch muss sein, zu neuen städtebaulichen Qualitäten zu kommen. Das ist ein manchmal langwieriger Findungsprozess, der aber gerade für die Qualität der Baukultur der Stadt Potsdam enorm wichtig ist.

Und dabei kommt es dann zu Reibungsverlusten?

Die Bauverwaltung hat sich in den letzten Jahren immer mehr auf die Beteiligung im laufenden Verfahren, auf das Administrative beschränkt. Es ist mir aber zu wenig, wenn wir als Landesdenkmalamt bei womöglich strittigen Bauvorhaben immer nur nach Vorschrift innerhalb der Bebauungsplanverfahren beteiligt werden. Unsere Belange und die der Schlösserstiftung werden oft im Beteiligungsverfahren weggewogen. Es wird Baurecht geschaffen und dann wird Jahre später mit Bedauern festgestellt, dass ja nun Baurecht existiert. So konnte zum Beispiel ein aus denkmalpflegerischer und auch städtebaulicher Sicht völlig unnötiges Autohaus in der Achse zum Ruinenberg entstehen. Ein anderes Beispiel: Wenn ich mir die geplante Aufstockung des Karstadt-Kaufhauses in der Innenstadt anschaue – ohnehin schon ein dominantes Gebäude inmitten einer kleinteiligen barock geprägten Umgebung –, frage ich mich: Wo ist da der Zwang, einen B-Plan zu ändern, der dies heute zu Recht versagt? Solche Aktionen müssten von der Stadt aktiver kommuniziert werden, gegenüber uns, aber auch gegenüber Icomos, den Beratern der Unesco in Welterbefragen. Ich habe den Eindruck, auch Icomos würde sich eine bessere Kommunikation mit der Stadt wünschen.

Sie spielen auf das Glienicker Horn an, wo jetzt die letzten Baurechte erteilt wurden, weil die Stadt den entscheidenden Prozess verloren hat.

Ja. Was da passiert ist, war ja im Grunde zu erwarten, weil die Fehler schon vor vielen Jahren gemacht wurden. Das Oberverwaltungsgericht hat in seinem letzten Urteil zwei Dinge festgestellt. Erstens: Die denkmalfachlichen Bedenken, an diese Stelle überhaupt etwas hinzubauen, sind völlig nachvollziehbar. Zweitens: Es existiert aber aktuell Baurecht. Wenn man diese Zwangslage Icomos sofort mitgeteilt und erklärt hätte, wäre man wahrscheinlich auf Verständnis gestoßen. Weil das aber versäumt wurde, war Icomos bei den jetzigen Baugenehmigungen nach meinem Eindruck irritiert gewesen.

Geht Potsdam zu sorglos mit seinem Welterbe um?

Sorglos ist der falsche Begriff. Aber die Bauverwaltung verpasst zunehmend die Chance, durch frühzeitigen Gedankenaustausch eine Qualitätssteigerung bei der Stadtentwicklung zu erreichen. Es gibt ja gute Lösungen, zum Beispiel beim früheren Intershop in der Schopenhauerstraße. Das war eine großartige Leistung der Stadt, dieses Gebäude, das direkt in der Sichtachse des Hauptwegs durch den Park Sanssouci stand, abzureißen, stattdessen eine öffentliche Grünfläche anzulegen und damit eine gute städtebauliche Lösung zu schaffen. Solche Lösungen muss es häufiger geben. Die Stadt lebt von ihrem kulturellen und baulichen Erbe, und das ist der Grund, warum die Potsdamer sich hier wohlfühlen und es so viele Menschen nach Potsdam zieht.

An der Spitze der Bauverwaltung steht mit Matthias Klipp ein bekanntermaßen streitbarer Mann. Auch zwischen Ihnen und Klipp soll das Verhältnis angespannt sein.

Das Verhältnis ist nicht angespannt, sondern spannend. Ich wünsche mir im Vorfeld drohender Konflikte eine Kommunikationskultur, bei der Dinge frühzeitig angesprochen werden und wir gemeinsam nach Lösungen suchen. Auf der Arbeitsebene haben wir als Landesdenkmalamt mit den Einrichtungen der Bauverwaltung, etwa der Unteren Denkmalschutz- und -bauaufsichtsbehörde und dem Planungsamt, ein sehr konstruktives Verhältnis – obwohl wir nicht immer einer Meinung sind. Ich wünschte mir aber auch auf der Chefetage einen kürzeren Draht bei den sich weit im Vorfeld anbahnenden Großkonflikten – die Landeshauptstadt, die Schlösserstiftung, das Kulturministerium und wir reden oft erst dann, wenn es zu spät ist. Herr Klipp hat dies in der Auswertung des Dissensfalls Humboldt-Gymnasium nach meinem Eindruck genauso gesehen. Auch hier hätte bei rechtzeitiger Kommunikation ein qualitätsvolleres Ergebnis beim Anbau erreicht werden können: für die Schule und für das Denkmal. Ein Beispiel, wo die Kommunikation vorab gut funktioniert hat, ist die geplante Neuordnung des Universitätsgeländes zwischen Neuem Palais und Eiche. Da haben sich alle Beteiligten – Stadt, Schlösserstiftung und Landesdenkmalamt sowie das Kulturministerium als Bauherr und die Universität Potsdam als Nutzerin – rechtzeitig zusammen an einen Tisch gesetzt und gemeinsam eine gute Lösung gefunden, um die Barackenkultur der 1950er-Jahre wegzubekommen. Der vor Kurzem durchgeführte städtebauliche Wettbewerb zeigte sehr deutlich: Dort kann es gelingen, das Historische zu bewahren und durch eine qualitativ hochwertige Neubebauung zu ergänzen. Das ist die Königsdisziplin: Die Schnittmenge zwischen den Nutzungsanforderungen der Universität und den Qualitäten im Welterbe ist professionell und unter großem Einsatz aller Beteiligten – gerade auch durch die Stadtplanungsverwaltung – herausgearbeitet worden. Architektur ist Verantwortung! Der Satz stammt nicht von mir

In Potsdam gibt es Hunderte Denkmale. Gibt es welche, die Sie für besonders gefährdet halten?

Oh ja. Das betrifft weniger die Baudenkmale in der Innenstadt als die in der ländlichen Peripherie, das Gutshaus in Kartzow etwa. Für die peripheren Gebiete gibt es wesentlich schlechter ausgestattete Fördertöpfe, da existiert zum Teil hoher finanzieller Bedarf. Hier ist auch das Land gefragt. Allein ein Fördertopf für die Sicherung gefährdeter Denkmale brächte schon enorm viel. Dann könnte man diese aus dem Verfallskreislauf und Verwertungsdruck rausnehmen und gewänne Zeit für die Suche nach guten Konzepten.  

 

Welche aktuellen Konflikte drohen in Potsdam aus Ihrer Sicht?

Wir haben Teile der Bornstedter Feldflur unter Denkmalschutz gestellt. Das heißt nicht, dass man da nichts mehr bauen darf. Aber über den dort geplanten und notwendigen Bau neuer Schulen sollte die Stadt rechtzeitig vorher mit uns reden.

Im letzten großen Potsdamer Denkmalstreit, dem Konflikt um den von Springer-Vorstand Mathias Döpfner aufgestellten Zaun am Pfingstberg, war es die Schlösserstiftung, der Mängel bei der Kommunikation vorgeworfen wurden. Wie sehen Sie die Sache?

Wenn es eine Chance gibt, die stark gefährdete Villa Schlieffen und den Park der Villa Henckel zu retten, sollte sie ergriffen werden! Auch privates Engagement muss genutzt werden, um Denkmale zu erhalten. Denkmale sind der Kern unserer Baukultur und damit ureigenste Sache der Bürgerschaft. Sie sind Teil unserer Geschichte. In Potsdam gibt es quer durch die ganze Bürgerschaft ein hohes Engagement für die Denkmalpflege. Ich bin froh, dass auch die wohlhabende Klientel sich hier stark engagiert und große Aufgaben schultert. Natürlich finden auch wir es nicht gut, wenn ein ursprünglich zusammenhängender Park in Teilen eingezäunt werden soll. Aber die Frage ist, wie man dem ganzen Areal dort eine neue Chance eröffnet.  

 

Potsdam ist nicht nur geprägt von Denkmalen, sondern auch vom Wiederaufbau historischer Stadtstrukturen. Repliken verloren gegangener Gebäude sind Konservatoren oft schon naturgemäß ein Gräuel. Was denken Sie, wenn Sie das äußerlich wiederaufgebaute Stadtschloss sehen?

Aus denkmalpflegerischer Sicht sind das ganz normale Neubauten. Ich sehe da zum Beispiel ein Landtagsgebäude, das eine ganz schmerzliche städtebauliche Brache in Potsdam endlich wieder füllt. Ich habe mit Interesse beobachtet, wie ein modernes Parlament in ein Gebäude mit einer historisierenden Fassade gezogen ist. Es ist keine Krise der Denkmalpflege, wenn verloren gegangene Bilder von Gebäuden wiedererrichtet werden, sondern Ausdruck des derzeitigen Zeitgeistes. Was ich aber gerade in Potsdam schade finde, ist, dass zu wenig darüber diskutiert wird, ob solche Lücken im Stadtbild – und die Brache am Alten Markt war eine solche – nicht auch hätten mit moderner zeitgenössischer Architektur geschlossen werden können. Es ist eher eine Krise der heutigen Architektur, wenn die Fraktion derer, die alles nach dem alten Bilde wiederhaben wollen, heute viel stärker zu sein scheint als diejenige, die in der heutigen Zeitsprache weiterbauen will. Das betrifft übrigens auch die Garnisonkirche. Der nachvollziehbare Gedanke eines Versöhnungszentrums braucht nach meiner Ansicht die rekonstruierte, barock anmutende Hülle nicht. Die Frage ist eher, wie eine unzweifelhaft wichtige, verloren gegangene Höhendominante an dieser Stelle neu geschaffen werden kann, ohne dass die vorhandenen Brüche als Teil unserer Geschichte verwischt werden – und dann noch mit einer Architektur, die einem hohen qualitativen Anspruch im Verhältnis zu ihrer geplanten Nutzung gerecht wird. Dann hätte Potsdam die Chance, Baugeschichte weiterzuschreiben und in unserer Zeit etwas städtebaulich und architektonisch Neues zu schaffen, das künftigen Generationen als erhaltenswert gilt. Wenn alles nur retrospektiv verläuft, hinterlässt die heutige Zeit keinerlei neue prägende Spuren im Stadtbild.

ZUR PERSON: Thomas Drachenberg, geboren 1962 in Berlin, hat in den 80er-Jahren an der Berliner Humboldt-Universität Kunstgeschichte studiert. Thema seiner Diplomarbeit war die Nikolaikirche in Brandenburg an der Havel, promoviert hat er zur Baugeschichte von Luckenwalde zwischen 1918 und 1933. Von 1989 bis 2003 arbeitete er als Gebietsreferent erst in der Praktischen Denkmalpflege am Institut für Denkmalpflege der DDR und nach der Wende im Brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege (BLDAM). 2003 wurde Drachenberg Abteilungsleiter für die Bau- und Kunstdenkmalpflege sowie Dezernatsleiter für die Praktische Denkmalpflege im Landesdenkmalamt. Seit dem 1. Juli 2012 ist er Landeskonservator und Vizedirektor des BLDAM.

Neben dem Landtag entsteht auch an der Alten Fahrt eine historische Bebauung neu, zum großen Teil mit originalgetreuen Fassaden. Wenn solche schönen Gebäude wiedererstehen – kann das nicht der Stadt auch Identität zurückgeben?

Für mich ist das, was da entsteht, zeitgenössische Architektur mit retrospektiver Ausrichtung. Natürlich wird auch diese Bebauung Identität schaffen, wie eine moderne Variante es täte. Es kommt darauf an, wie hoch die städtebauliche Qualität ist, wie sie genutzt, wie sie angenommen wird und was für Erlebnisse die Menschen damit verbinden. Spannend ist in diesem Zusammenhang übrigens, dass beim Landtag ja kaum ein Maß mit dem historischen Vorbild übereinstimmt.

Dass es moderne Architektur in Potsdam schwer hat, mag aber auch an den Vorgaben der Bauherren liegen. Aufwendige Fassaden sind teuer, der Verwertungsdruck groß und das mündet dann oft in ein optisch schlichtes Erscheinungsbild. Die modernen Entwürfe für den Landtag etwa sollen allesamt scheußlich ausgesehen haben.

Der Vergleich ist nicht korrekt: Qualität am Bau – ob als Rekonstruktion oder als zeitgenössische Architektur – hat immer ihren Preis. Es ist schon interessant, dass der Landtagsarchitekt Peter Kulka in Dresden etwas völlig anderes gebaut hat: ein modernes Parlament in höchster architektonischer Qualität und bestechender Leichtigkeit. Es kommt auf den Auftraggeber und die vorherige öffentliche Diskussion an. Ich beobachte in Potsdam eine ganz starke retrospektive Haltung bis hin zu dem Versuch, die Denkmalpflege für die eigenen Ziele zu instrumentalisieren. Ein Beispiel dafür ist das Haus Dietz. Um ein solches Gebäude zu retten beziehungsweise unmaßstäbliche Neubauten in unmittelbarer Umgebung zu verhindern, ist die Denkmalpflege der falsche Hebel. Dafür gibt es stadtplanerische Instrumente – die muss man nur nutzen. Das historische Haus Dietz gab es aus unserer Sicht nicht mehr, auch wenn ich damit manchem von mir sehr geachteten Abrissgegner widersprechen muss. Was dort stand, war der zu DDR-Zeiten unternommene Versuch eines Wiederaufbaus mit anderen Mitteln und Materialien. Für sich genommen hatte das auch als Wiederaufbau in der DDR-Zeit keinen Denkmalwert.

Das „Minsk“ ist auch ein Beispiel für die Grabenkämpfe um DDR-Architektur, die in Potsdam noch immer mit großer Heftigkeit geführt werden. Die vielleicht letzte große Schlacht in diesem Zusammenhang wird um das Mercure-Hotel geschlagen. Kann das Hochhaus angesichts der Wiedergewinnung der alten Stadtstruktur drumherum aus Ihrer Sicht stehen bleiben?

Das ist eine städtebauliche Frage. In Potsdam hat man sich früh nach der Wende für die Rückkehr zum alten Stadtgrundriss entschieden. Das heißt aber nicht zwangsläufig, dass die Gebäude auch alle historisch nachgebaut werden müssen. Wir haben übrigens auch aus DDR-Zeiten qualitativ hochwertige Gebäude unter Denkmalschutz gestellt, denken Sie etwa an das Café „Seerose“ von Dieter Ahting und Ulrich Müther an der Neustädter Havelbucht. Denkmalschutz bedeutet die Bewahrung des Wertvollsten aus verschiedenen Zeitepochen, und je kürzer eine Epoche zurückliegt, desto schwerer ist eine objektive Bewertung, weil die Diskussion von eigenen Erinnerungen und Emotionen geprägt ist. Ob das Mercure weg muss oder nicht, ist keine denkmalpflegerische Frage.

Wo sehen Sie Potsdam im Vergleich mit anderen deutschen Städten, was die Denkmalpflege angeht?

Ich sehe Potsdam bundesweit an der Spitze. Das heißt nicht, dass man es nicht besser machen kann. Aber die Differenzen bewegen sich in keinem ungewöhnlichen Rahmen. Das Kernproblem wird auch in Zukunft der Spagat zwischen den Erfordernissen einer wachsenden Stadt und der Bewahrung ihres einzigartigen Charakters sein. Potsdam ist weltberühmt wegen der landschaftlichen Einbindung seiner von Parks und gestalteten Gärten eingerahmten historischen Stadtstruktur. Um diese Einzigartigkeit zu erhalten, bedarf es einer exzellenten Kommunikation und besonderer Anstrengungen.

Das Interview führte Peer Straube

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