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Landeshauptstadt: Kunst trotz Kirche

Angehende Architekten entwickelten Pläne für die Zukunft von Rechenzentrum und Garnisonkirche

Es ist ein Ort der Kreativität: 250 Menschen – Künstler, Schriftsteller, Architekten, Musiker – arbeiten im Rechenzentrum an der Breiten Straße auf 5000 Quadratmetern Fläche. Mit sieben Euro pro Quadratmeter ist die Miete erschwinglich. Doch die Zukunft ist ungewiss: Das Rechenzentrum könnte dem Neubau der Garnisonkirche weichen müssen. Der jetzige Nutzungsvertrag läuft zum 31. August 2018 aus, bei einer möglichen Verlängerung hat die Garnisonkirchenstiftung Mitspracherecht. Von der Stadtspitze kam für die Künstler am Freitag unterdessen Rückendeckung – Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) sprach sich nach einem Treffen für eine Verlängerung aus (siehe Kasten).

Das Problem: Ein Teil des alten Fundaments des Kirchenschiffs der Garnisonkirche liege direkt unter dem Rechenzentrum. Der Turm der Kirche stünde direkt neben dem Gebäude. Er soll zuerst aufgebaut werden. Es wird über Zwischenlösungen nachgedacht, über ein Übergangsszenario, das zumindest ein Nebeneinander von Turm und Rechenzentrum ermöglicht – solange das Kirchenschiff noch nicht steht. Einen Schritt weiter sind nun Studierende der Fachhochschule Potsdam (FH) gegangen. Die angehenden Architekten und Bauingenieure stellten sich in einem dreitägigen Workshop unter dem Motto „RechenzenTurm“ die Frage, wie eine dauerhafte Nachbarschaft von Rechenzentrum und Garnisonkirche aussehen könnte.

„Kunstkloster“, „Reformaturm“, Stadttheater“ oder „Die Kirche pilgert“ heißen die Entwürfe der Studierenden, in denen sie ein Neben- und Miteinander von Kirche und Rechenzentrum verwirklichen. Die Ideen reichen von gemeinsam genutzten Veranstaltungsräumen und Dachterrassen, einem Dokumentationszentrum unter der Erde, das die Geschichte der Garnisonkirche aufarbeitet, einem Haus, das offen für alle Religionen ist, bis zu einem futuristischen Turm anstelle der historischen Rekonstruktion des Turms der Kirche. In den Konzepten verschmelzen beide Gebäude miteinander oder nutzen gemeinsam entstehende Zwischenräume. In einem wird gar der Turm der Kirche verschoben, direkt vor das Rechenzentrum, das zum Kirchenschiff wird und dennoch Raum auch für die Kreativen bietet. Die ursprünglichen Fundamente der Garnisonkirche werden in diesem Entwurf freigelegt, um als Ort der Erinnerung genutzt zu werden.

Als einen Beitrag zur Debatte, einen Anstoß zum Dialog möchte Initiator und FH-Dozent Michael Rosin die Pläne verstanden wissen. Neben dem politischen Aspekt geht es dem Architekten auch darum, seine Studierenden zu trainieren, verschiedene zeitliche Ebenen in ihre Entwürfe zu integrieren. „Das ist wichtiger, als eine reine historische Rekonstruktion der Gebäude, wie wir es etwa in Dresden sehen“, sagt er.

Ihre Entwürfe präsentierten die Studierenden auch der Stiftung Garnisonkirche. Dort sei man durchaus auf Interesse gestoßen, auch wenn man keine schnellen Entscheidungen treffen möchte, sagt Michael Rosin. „Es sind noch viele Fragen offen. Und es geht auch um ein realistisches Miteinander.“ Heike Kampe

Heike Kampe

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