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Kunst im Landtag: Klara Geywitz findet Hitler unpassend

Die Potsdamer Abgeordnete und SPD-Generalsekretärin Klara Geywitz sieht in der Ausstellung keinen Debattenbeitrag, sondern eine gezielte Provokation, die für viele eine emotionale Zumutung sei.

Meine Meinung ist unwichtig. Glücklicherweise ist es heute für Künstler vollkommen egal, ob ihre Werke den örtlichen Generalsekretären, Parteifunktionären oder Ministern gefallen. Die Zeit politischer Kunstkarrieren ist glücklicherweise vorbei. Ein Streit zwischen Kunst und Politik führt heute maximal zur Bekanntheitssteigerung des Künstlers. Aus dessen Sicht ist dies nicht von Nachteil, ist doch Popularität heute die eigentliche Währung des Kunstbetriebes. Kunstkritik von Politikern ist heute eine Seltenheit. Kommt der Kritiker doch schnell in den Ruf, ihm mangele es an Kunstverständnis, Tiefsinn und Abstraktionsvermögen. Mir ist diese Gefahr bewusst. Kunst im Parlament tritt jedoch aus der Galerie heraus und muss sich dem Diskurs außerhalb des Feuilletons stellen. Ich möchte daher darlegen, warum ich Hitler im Landtag unpassend findet.

1. Der inszenierte Skandal Hitler im Parlament ist kein Debattenbeitrag sondern eine gezielte Provokation. Wer den Führer ins Stadtschloss hängt, hat eine 100-prozentige Skandalgarantie. Das Konzept ist so übersichtlich, wie blanke Brüste auf der Weihnachtsmesse.

2. Hitler als Chiffre Ich bin 1976 geboren und für mich ist Hitler ein Symbol des Bösen. Ein Bild von ihm kann mich zu Gedanken anregen, wie verführbar der Mensch ist, was die Menschen böse macht und ob das mit jedem von uns passieren kann. Für mich kann Hitler eine abstrakte Chiffre sein. Für viele Menschen ist er das nicht. Hitlers Bild in einem deutschen Parlament ist für viele eine emotionale Zumutung.

3. Ein Parlament, keine Galerie Dieses Parlament ist kein Schloss, es ist aber auch keine Kunstgalerie. Hier wird gestritten, beschlossen, um Gesetze gerungen. Kurzum Politik gemacht. Kunst kann hier helfen. Sie kann anregen, die Gedanken entführen oder die Sinne beleben. Die aktuelle Ausstellung verdreht das Verhältnis von Politik und Kunst. Sie lässt die Bilder dominieren. Schwer vorstellbar, dass ich mit einer Schülergruppe ohne Erklärung an einem Goebbelsbild vorbei in den Plenarsaal gehe. Nicht denkbar, dass ich meinem polnischen Gesprächspartner nicht erläutere, warum das Hitlerbild in meinem Landtag hängt. Wahlweise kann ich noch einen nazifreien Weg von der Tiefgarage in mein Büro erkunden. Kunst belastet hier die Abläufe im Landtag anstatt sie zu beflügeln. Und das in einem Haus mit Tausenden in- und ausländischen Besuchern.

4. Das ist ein Haus der Abgeordneten Die Abgeordneten haben die Entscheidung zum Landtagsneubau gefällt. Sie mussten sich in ihren Wahlkreisen heftig dafür kritisieren lassen. Dieses Haus soll ihre würdige Arbeitsstätte sein. Das Haus soll die parlamentarische Demokratie in Brandenburg repräsentieren. Allein die Repräsentanten dieser Demokratie kommen hinter all den Geschmacksgrössen zu kurz. Kutschauffahrten, Skulpturen, weiße Adler, Holzköpfe und Nazibilder - das alles lässt fast übersehen, dass hier ein neues Parlament eröffnet wird.

Was nun? Das Gute an der Kunstdebatte um Friedels Bilder dürfte sein, dass diese an Wert gewinnen. Eine gute Nachricht für alle, die schon eines haben. Wird der Landtag mit ihnen leben können? Auch das wird sich zeigen. Und falls nicht, bin ich sicher, dass der Künstler einen Rat weiß. Denn auch die Zeit politischer Bilderstürmerei ist glücklicherweise vorbei.

Klara Geywitz

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