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Zu neu? Das Holz der Fassade dunkelt ja noch nach, meint Yvo Bermann.

© Andreas Klaer

Kultklub „Casino" feiert Wiedereröffnung: Der Punk kehrt zurück auf den Campus

Der studentische Kultklub „Casino“ wird nach über einem Jahr Sanierung wiedereröffnet - als Kneipe, Kino und Konzertsaal. Das Motto zur Wiedereröffnung: „Punk ist tot“.

Potsdam/Bornstedter Feld - Kneipe, Kino, Konzertsaal: Am Freitag erhält Potsdams alternative studentische Szene eines ihrer wichtigsten Quartiere wieder zurück – das Casino auf dem Campus der Fachhochschule (FH) an der Pappelallee. Nach eineinhalbjähriger Sanierung wird der runderneuerte Klub seine Wiedereröffnung mit fünf Bands unter dem Motto „Punk ist tot“ feiern; Totgesagte leben eben länger, so die Botschaft der Studierenden.

„Es sieht schon schick aus“, gibt Yvo Bermann vom Casino-Team zu, als er vor dem langen Gebäude steht, das nun keine bröckelnde, graue Fassade mehr aufweist, sondern eine saubere, holzverkleidete Außenhülle mit ordentlichen Rasenflächen und Fahrradständern davor. „Aber das Holz dunkelt ja noch nach, und wir werden die Wände zum Teil noch selber gestalten können“, sagt Bermann. Geplant ist unter anderem, Fassaden-Elemente des alten FH-Gebäudes am Alten Markt für die Außenwand zu verwenden.

Wehmut nach dem DDR-Charme des ehemaligen Offiziers-Casinos - doch der war der Grund für die Sanierung

Ein bisschen Wehmut nach dem alten, etwas verfallenen DDR-Charme des ehemaligen Offiziers-Casinos schwingt da schon mit, aber genau der war letztlich auch der Grund für die dringend nötige Grundsanierung gewesen. 2,7 Millionen Euro hatte der Eigentümer des Gebäudes, das Land Brandenburg, in die Erneuerung des maroden Casinos gesteckt, unter anderem mit Blick auf die Zusammenlegung der FH-Standorte Alter Markt und Pappelallee. Weitere 40 000 Euro gab es vom Studentenwerk Potsdam. Bereits 2012 hatte die Feuerwehr den Mittelteil des Gebäudes aus Brandschutzbedenken gesperrt. „Da musste man dann immer ums Haus rumlaufen, um zu den Toiletten zu kommen“, erinnert sich Bermann.

Das ist nun nicht mehr nötig: Das Casino ist komplett barrierefrei, verfügt über ein Blindenleitsystem, ausreichend Fluchttüren und energetische Dämmung. „War ja früher immer saukalt hier drin“, weiß Bermann. Zu den spektakulärsten Neuerungen zählen der Tresen und das DJ-Pult in der Kneipe: Sie wurden von außen mit Kupferplatten beschlagen wie ein Flickenkessel, dazwischen leuchten LED-Lampen durch vereinzelte Milchglasscheiben. Aber auch hier gibt es einen Wermutstropfen: Der alte, aus Backsteinen gemauerte Tresen ließ sich nicht wiederaufbauen, dabei war gerade dies eines der Dinge, auf die die Studierenden besonders stolz waren. „Der Tresen ist erst ein Jahr vor der Sanierung fertig geworden, dann musste er wieder rausgerissen werden“, sagt Bermann.

Fliesen, auf denen sowjetische Offiziere gefeiert haben

Ähnliches Thema beim Boden: „Da waren früher noch die roten Fliesen drauf, auf denen schon die sowjetischen Offiziere gefeiert haben“, sagt Bermann. Auch die mussten leider raus. Immerhin wurden nach einem Veto der Studierenden die offenen Backsteinwände in der Kneipe erhalten, auch die sollten ursprünglich weichen.

Ohnehin ist es dem langjährigen und beharrlichen Engagement der Studierenden zu verdanken, dass das Casino bis heute besteht: Anfang der 1990er-Jahre sollte das marode Gebäude eigentlich abgerissen werden, Studierende verhinderten dies jedoch durch die Besetzung des Hauses, das in Folge zum Café und Veranstaltungsort gemacht wurde. Aufgrund des baulichen Zustandes musste nahezu ununterbrochen an dem Gebäude gearbeitet werden alles komplett ehrenamtlich. „Die Studierenden haben hier selber die Klos und die Internetleitungen reingebaut“, sagt Bermann.

Nostalgie und Vorfreude

Doch trotz der nostalgischen Erinnerungen überwiegt nun die Freude darüber, dass es endlich in neuen Räumen weitergehen kann: Der neue, 140 Quadratmeter große Veranstaltungssaal ist etwas kleiner als früher und verfügt über eine mobile Bühne für Konzerte. Hier werden künftig Partys, zwei Tanzkurse und kostenloses Kino stattfinden, jeden Mittwoch ab dem 23. Oktober. Für maximal 600 Gäste ist das gesamte Gebäude zugelassen. Das hintere Drittel des Casinos beherbergt nun die Büros des Allgemeinen Studierenden Ausschusses (AStA) und der Studierendenräte (StuRas) der Fachbereiche der FH, früher befanden sich hier ein weiterer Veranstaltungsraum mit Biertresen, zwei Bandproberäume sowie eine Werkstatt.

Auch der Außenbereich ist kaum wiederzuerkennen: Mancher wird sich wundern, wie lang das Gebäude eigentlich ist, denn die rechte Hälfte wurde früher zum einen von der davor stehenden Panzerhalle verdeckt, zum anderen von einer kleinen Mauer, einem Holzschuppen und viel Gestrüpp. All das (bis auf die Panzerhalle) ist nun weg. Auch hinter dem Casino hat sich etwas getan: Der Garten mit Erdbeeren, Tomaten, Obstbäumen und steinernem Fischteich wurde durch die Aufräumarbeiten erheblich vergrößert und lädt zum Verweilen ein.

Abschied vom liebgewonnenen Provisorium

Es gibt nach wie vor viel zu tun: Vor allem bei der Innen- und Außengestaltung wird noch einiges passieren. Derzeit kümmert sich ein rund 40-köpfiges Team um das Casino, Verstärkung ist immer gern gesehen, immerhin soll das Casino montags bis freitags von 10 Uhr vormittags bis Open End geöffnet sein.

Doch was wird eigentlich aus dem CasinOtopia? Als im März 2016 die Bauarbeiten begannen, schufen sich die Studierenden in Eigenregie direkt neben der Baustelle einen großen Holzcontainer mit Bar und Café, wo das Casino-Programm in abgespeckter Form fortgeführt wurde. Nun muss von dem liebgewonnenen Provisorium Abschied genommen werden. Es gibt bereits mehrere Interessenten für eine Nachnutzung, sagt Bermann, will aber noch keine Namen nennen: Wer den Zuschlag erhält, soll im November bei der Vollversammlung der Studierendenschaft der FH entschieden werden.

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