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Kritik an Potsdams Baubehörde: „Mit einer gewissen Heimtücke“

Ein Bewohner des Bertiniwegs kämpft gegen Potsdams Baubehörde. Vor acht Jahren kaufte er eine Steg-Anlage vom Bund, nun soll er sie abreißen. Der Betroffene spricht von Willkür.

Potsdam – Joachim Werner schüttelt den Kopf. „Eigentlich soll eine Stadtverwaltung doch für die Bürger da sein, statt gegen sie vorzugehen.“ Er meint eine aktuelle Abrissverfügung des Rathauses gegen die von ihm und fünf Nachbarn seit Jahren genutzte Steganlage am Jungfernsee, gelegen unterhalb der Villa Jacobs am Bertiniweg. Demnach soll er den rund 20 Meter langen Steg innerhalb eines Monats „vollständig zurückbauen“, sonst droht ihm ein Zwangsgeld von 1500 Euro. Für den Bescheid selbst soll der pensionierte Lehrer 250 Euro bezahlen. Werner will das nicht hinnehmen: „Notfalls ziehe ich vor das Verwaltungsgericht.“

Der Streit mit der Potsdamer Stadtverwaltung begann 2013. Damals erhielt Werner ein erstes Schreiben des Stadtamts für Verkehrsflächen. Das teilte ihm mit, „im Rahmen einer Begehung“ sei die Steganlage „festgestellt“ worden, die sich auf einer städtischen Fläche befinde. Er solle alle Genehmigungen dafür vorlegen. Dann werde über die Weiternutzung entschieden, so die Behörde. Werner war irritiert. Denn den Steg, 1970 für DDR-Zollboote errichtet, hatte Werner 2008 vom Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Brandenburg (WSA) für 1500 Euro erworben. „Das haben wir damals der Stadt auch mitgeteilt.“

Warum ist die Anlage nach 23 Jahren Betrieb jetzt nicht mehr genehmigungsfrei?

Werner jedenfalls wandte sich an das WSA. Von der Bundesbehörde bekam er schriftlich die Auskunft, es sei „nicht nachvollziehbar, warum diese Anlage nach mehr als 23 Jahren im Betrieb jetzt nicht mehr genehmigungsfrei sein sollte“. Gemäß Einigungsvertrag genieße die Anlage Bestandsschutz und sei der Stadt ohnehin bekannt, so das WSA. Werner jedenfalls schrieb einen verwunderten Brief an die Stadtverwaltung zurück.

Doch das städtische Baudezernat beharrte, auch nach Terminen vor Ort, auf seiner Auffassung. Es müssten alle Genehmigungen erbracht werden, andernfalls wäre der Abriss fällig. Für Werner agiert das Amt dabei „mit einer gewissen Heimtücke“. Denn manche der geforderten Dokumente könne er gar nicht besitzen – weil es die dafür zuständigen Behörden zum Zeitpunkt des Steg-Baus gar nicht gab, wie Werner anmerkt. Auch das Wasseramt stellte fest, dass bei einer kleinen Erweiterung des Stegs 1993 lediglich eine schifffahrtspolizeiliche Genehmigung erteilt wurde. Eine von der Stadt jetzt geforderte umweltrechtliche Genehmigung habe damals nicht erteilt werden können – weil es erst ab 1994 Umweltämter in Brandenburgs Kommunen gab.

Stadtverwaltung: Von der Steganlage gehe "erhebliche Beeinträchtigungen" für die Umwelt aus

Inzwischen füllt der Schriftwechsel mit der Stadt einen Aktenordner. Schließlich folgte vor einigen Wochen die 13-seitige Abrissverfügung, gegen die Werner mit Hilfe eines Anwalts nun Widerspruch eingelegt hat. In dem Papier führt die Stadt weitere Argumente ins Feld. Neben der fehlenden wasserrechtlichen Genehmigung – die laut Stadt auch zu DDR-Zeiten nicht nachweisbar erteilt wurde – sei die mit einem Tor gesicherte Privatanlage auch aus heutiger Sicht wegen Natur- und Denkmalschutzgründen nicht genehmigungsfähig. So wolle man eine „renaturierte Uferstrecke“ schaffen – ein Uferweg ist dort freilich schon vorhanden. Auch hätte die geänderte Nutzung der Anlage einer neuen Genehmigung bedurft, wie es in dem Bescheid heißt, zumal Werner auch noch 20 000 Euro in die Sanierung des Stegs investiert habe. Den Bootseigner ärgert besonders, dass die Stadt in ihrer Verfügung anführt, von der Anlage gingen auch „erhebliche Beeinträchtigungen“ für die Umwelt im Uferbereich aus. Dagegen verweist Werner darauf, dass bei anderen neu genehmigten Stegen in der Umgebung diese Einwände offenbar nicht zur Sprache kamen – was die Stadt in ihrem Bescheid bestreitet. Am Ufer des neuen Plattner-Campus in der Nähe sei sogar ein 65 Meter langer Steg in den Jungfernsee geplant, sagte dagegen Werner.

Die Stadt selbst wollte zu solchen Widersprüchen und Fragen, warum erst ab 2013 gegen die Anlage vorgegangen wurde, nicht näher antworten. Ein Sprecher verwies auf das laufende Verfahren. In den vergangenen Monaten war insbesondere die Baubehörde mehrfach auch bundesweit in die Schlagzeilen geraten – etwa mit dem Streit um einen Brennholzstapel am Inselhotel Hermannswerder, für den die Stadt eine Baugenehmigung verlangt. Die Berichte kennt auch Werner – und hat sich mit Bezug auf seinen Fall einen eigenen Reim gemacht. Denn offenbar gehe die Stadt insbesondere gegen Einwohner vor, die mit anderen Verwaltungsentscheidungen nicht zufrieden seien. So war Werner nach 2010 erfolglos vor Gericht gegen die damals erfolgte Sperrung der Bertinistraße für Durchgangsverkehr vorgegangen. Er vermute daher eine Art Retourkutsche der Verwaltung, so Werner: „Wenn man bedenkt, was hier für ein behördlicher Aufwand betrieben wird, kann es einem als Steuerzahler, für den die Behörden eigentlich tätig sein sollen, nur grausen.“

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