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Krebsvorsorge in Potsdam: Die Angst nehmen

Brustkrebs ist nach wie vor die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Jede zweite Potsdamerin nutzt die Brustkrebsfrüherkennung per Mammografie. Sie kann Leben retten.

Potsdam - Angst ist bei jedem Termin dabei. „Die Angst davor, dass man diese Botschaft kriegt“, sagt Frauke Hildebrandt. Sie spricht von der Brustkrebsvorsorgeuntersuchung per Mammografie. Viele Frauen dürften sich wiedererkennen in ihren Worten. Frauke Hildebrandt ist nicht nur Professorin für Pädagogik der Kindheit an der Fachhochschule Potsdam, sondern auch Tochter der ehemaligen brandenburgischen Sozialministerin Regine Hildebrandt. Die beliebte SPD-Politikerin hat den Kampf gegen den Krebs im Jahr 2001 verloren. Das habe die Familie damals schwer traumatisiert, sagt Frauke Hildebrandt. Die Wissenschaftlerin, 48 Jahre alt, geht seit einiger Zeit nun selbst zur Vorsorge – mit durchaus gemischten Gefühlen, wie sie am Montag im Brustzentrum des städtischen Bergmann-Klinikums sagte. Dort informierte sich Hildebrandt gemeinsam mit der SPD-Bundestagsabgeordneten Manja Schüle über das Mammografie-Programm sowie neue Behandlungsmethoden für Brustkrebs-Patientinnen.

Den Frauen die Angst vor der Untersuchung zu nehmen und Vorurteile abzubauen, das ist Ziel von Dorothea Fischer, Professorin und seit 2015 leitende Chefärztin der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, und ihren Mitarbeitern am Brustzentrum. „Je früher der Krebs erkannt wird, desto besser“, fasst es die Chefärztin zusammen.

„Je früher der Krebs erkannt wird, desto besser“

Eine frühe Erkennung des Krebses verbessere die Überlebenschancen deutlich. Langzeitdaten seien zwar noch nicht vorhanden, aber im Fünfjahreszeitraum überleben rund 95 Prozent der Patientinnen, bei denen der Tumor entdeckt wurde, noch ehe er einen Durchmesser von zwei Zentimetern erreichte, so Fischer. Bei Tumoren mit einem Durchmesser von zwei bis fünf Zentimetern sinke die Überlebenschance auf 75 Prozent, bei einem Durchmesser von mehr als fünf Zentimetern auf 50 Prozent. Am Potsdamer Brustzentrum werden pro Jahr rund 280 Frauen mit Erstdiagnose Brustkrebs behandelt. Das Zentrum stehe auch Frauen offen, die Unregelmäßigkeiten an ihrer Brust feststellen, aber keinen Gynäkologen haben, betonte Fischer. Leider kämen immer noch Fälle vor, in denen Frauen erst dann Hilfe suchen, wenn der Krebs schon im fortgeschrittenen Stadium ist.

Die Therapien bei Brustkrebs seien heute „nicht mehr so dramatisch“ wie noch vor einigen Jahrzehnten, erklärte Fischer. Früher bedeutete die Diagnose für viele Frauen nicht nur den Verlust der Brust, sondern auch schwere Nebenwirkungen durch die Chemotherapie. Heute könne man dagegen in mehr als 70 Prozent der Fälle „die Körperkontur erhalten“, wie Fischer es ausdrückt. Durch verbesserte Methoden müsse einerseits nicht mehr so viel Gewebe entfernt werden. Frauen erhielten zudem auf Wunsch eine Prothese, auch andere kosmetisch-chirurgische Eingriffe sind möglich – alles Leistungen, die die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen, wie Fischer betonte. Die Nebenwirkungen von Chemotherapien wie Erbrechen und schwere Erschöpfung könnten mittlerweile mit Medikamenten besser in den Griff bekommen werden.

Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Frauen

Auch die Bestrahlung geschehe dank neuer Technik gezielter und besser dosiert. Rechnete man früher noch mit 42 bis 52 Tagen Bestrahlung, seien heute nur 22 Tage nötig. Das Bergmann-Klinikum verfügt seit März über ein neues Gerät für die Strahlentherapie, einen sogenannten Linearbeschleuniger. Für jeden Patienten berechnen Ärzte und Physiker im Vorfeld genau, welche Stellen jeweils wie bestrahlt werden. Eine Bestrahlung dauert dann rund sieben Minuten.

Brustkrebs bleibt aber trotz aller Fortschritte die häufigste Krebserkrankung bei Frauen und auch eine häufige Todesursache. Rund 17 000 Frauen sterben daran in Deutschland jährlich, wie Chefärztin Fischer berichtete. Bei Frauen zwischen 35 und 55 Jahren sei Brustkrebs sogar die häufigste Todesursache. Umso wichtiger sei die Vorsorge.

Bei sechs von 1000 Frauen werde tatsächlich ein Brustkrebs entdeckt 

Am freiwilligen Mammografie-Screening für Frauen zwischen 50 und 69 Jahren, das in Potsdam seit 2008 angeboten wird, nehmen derzeit gut 50 Prozent der Frauen teil, berichtete Christiane Pietrkiewicz, die ärztliche Leiterin des Screening-Programms. Das sei zwar deutlich mehr als im benachbarten Berlin, wo die Zahl bei nur gut 30 Prozent liege – aber immer noch zu wenig. „Wir können nicht verhindern, dass Frauen erkranken, aber wir können verhindern, dass es für sie schlimm wird“, sagt Pietrkiewicz.

Rund 500 Patientinnen werden derzeit pro Woche beim Screening untersucht. Bei den allermeisten liegt kein Grund zur Beunruhigung vor. Etwa 30 Frauen pro Woche werden zu einer Nachuntersuchung eingeladen, so Pietrkiewicz. Bei etwa sechs von 1000 Frauen werde tatsächlich ein Brustkrebs im frühen Stadium entdeckt – also dann, wenn die Heilungschancen noch sehr gut sind. Die SPD-Bundestagsabgeordnete Manja Schüle verabredete mit dem Brustzentrum, über eine Kampagne für die Vorsorgeuntersuchung nachzudenken.

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HINTERGRUND: Mammografie

Die Mammografie ist eine Röntgenuntersuchung der weiblichen Brust. Sie eignet sich zur Brustkrebsfrüherkennung, weil schon sehr kleine, nicht tastbare Tumore in einem frühen Stadium erkannt werden können. In Potsdam und für die Region Westbrandenburg wird das Mammografie-Screening seit 2008 angeboten. Die entsprechenden Räume befinden sich im Hauptbahnhof, zudem ist ein „Mammografie-Mobil“ in den ländlichen Regionen unterwegs. Das Programm richtet sich an Frauen zwischen 50 und 69 Jahren, die keine Symptome oder Beschwerden haben. Sie haben alle zwei Jahre Anspruch auf eine Untersuchung, zu der sie per Post eingeladen werden. Derzeit nehmen in Brandenburg gut 50 Prozent das Angebot wahr. Unabhängig davon können sich Frauen jeden Alters mit Symptomen an einen Gynäkologen oder das Brustzentrum des städtischen Bergmann-Klinikums wenden. Wird Brustkrebs früh entdeckt, sind die Überlebenschancen deutlich höher. 

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