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Krankenkasse muss Blutwäsche bezahlen: Sozialgericht gibt Patientin aus Potsdam vorläufig Recht

Zumindest die nächste Blutwäsche für Jennifer Kärgel ist sichergestellt. Das Sozialgericht in Potsdam traf eine Zwischenentscheidung und gab der Patientin vorläufig Recht. Wie sie in Zukunft behandelt wird, ist allerdings ungewiss.

Potsdam - Vorläufige Entscheidung im Fall der Potsdamerin Jennifer Kärgel: Am Montag traf das Sozialgericht Potsdam eine Zwischenentscheidung, laut der die Krankenkasse Barmer GEK vorläufig die Blutwäsche- Behandlung für die Potsdamerin erstatten muss, die an einer schweren Form von Multiple Chemical Sensitivity (Multiple Chemikalienunverträglichkeit, MCS) leidet. Eigentlich sollte zuvor noch ein medizinisches Gutachten ausgewertet werden, das Aufschluss darüber geben sollte, ob die Behandlung, die für den 17. Januar angesetzt war, medizinisch überhaupt notwendig ist (PNN berichteten). Da dies in der Kürze der Zeit nicht mehr möglich war und laut dem behandelnden Arzt bereits Lebensgefahr bestehe, wurde eine Abwägung zugunsten von Kärgel getroffen: „Dem grundsätzlich verbürgten Schutz von Leben, Gesundheit und körperlicher Unversehrtheit der Antragstellerin war bei der Abwägung der Vorrang zu geben“, so Gerichtssprecher Moritz Bröder.

Die Blutwäsche hätte schon im Dezember stattfinden sollen, das Gericht hatte jedoch vor dem ursprünglichen Behandlungstermin keine Entscheidung getroffen, da das Gutachten noch fehlte. Vor einer Woche hatte Kärgels Anwalt Volker Gerloff dem Gericht vorgeworfen, das Verfahren zu verschleppen und damit das Leben seiner Mandantin aufs Spiel zu setzen. Deren Gesundheitszustand hat sich seitdem weiter verschlechtert.

Barmer GEK will eine andere Therapie als der behandelnde Arzt - und will nicht für die Blutwäschen der Potsdamerin zahlen

Kärgel befindet sich seit 2014 mit der Barmer im Rechtsstreit: Die Krankenkasse weigert sich, die rund 2000 Euro teuren Blutwäsche-Behandlungen zu erstatten, die laut dem behandelnden Arzt Richard Straube alle zwei bis drei Monate nötig sind, um Kärgel ein normales Leben zu ermöglichen. Laut Barmer sei das nach aktuellem Wissensstand der Medizin nicht nötig, Barmer-Sprecher Markus Heckmann zog auch die Empfehlungen von Straube in Zweifel: Es sei „völlig ungeklärt“, ob sich der Gesundheitszustand der Patientin „wegen oder trotz oder völlig unabhängig von“ den Behandlungen nicht weiter verschlechtert habe.

Auch der Beschluss des Sozialgerichts, der sich auf ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung von 2013 stützt, befindet: „Die medizinische Notwendigkeit dieser Maßnahmen können weder aus nephrologischer noch aus umweltmedizinischer Sicht gutachterlich aus den genannten Diagnosen abgeleitet werden.“ Außerdem, so heißt es weiter, stünden für die Behandlung einzelner Symptome genügend geeignete Arzneimittel zur Verfügung. Die Zwischenentscheidung sei deshalb noch keine Entscheidung über die medizinische Notwendigkeit, betonte Bröder.

Es ist nicht das erste Mal, dass Sozialgerichte zu Kärgels Gunsten entschieden haben: Da die Barmer sich weigert, die Kosten für die Blutwäsche zu übernehmen, hatte die Potsdamerin, die früher in Berlin wohnte, sich ihre bisherigen Behandlungen erfolgreich vor dem Sozialgericht Berlin und dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingeklagt.

Ob das neue Gutachten Klarheit bringen wird, bleibt offen, denn über das MCS-Syndrom herrscht in Fachkreisen Uneinigkeit: Bislang ist medizinisch nicht eindeutig geklärt, was die genauen Ursachen für MCS sind. 

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