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Gründerteam. Claudia Steinwegs (v.) und zwei ihrer Mitstreiterinnen.

©  M. Thomas

Landeshauptstadt: Kostenlos ins Konzert

Die neue Initiative Kulturloge Potsdam vermittelt unverkaufte Tickets an Bedürftige

Potsdamer, die sich monatlich darum sorgen müssen, dass der Kühlschrank voll und die Miete überwiesen ist, haben für den Besuch eines Konzerts oder Theaters im wahrsten Sinne des Wortes oft nichts übrig. Gleichzeitig bleiben bei fast allen Veranstaltungen einige Plätze leer, die eigentlich kostenlos an eben diese Bedürftigen vergeben werden können. Dort setzt eine neue Potsdamer Initiative an, die am gestrigen Montag erstmals in der Tropenhalle Biosphäre öffentlich vorgestellt wurde. Die sogenannte Kulturloge will zwischen einkommensschwachen Bürgern und Kulturschaffenden vermitteln.

Jeder, der monatlich weniger als 900 Euro netto verdient, kann sich bei der Kulturloge direkt oder bei drei sozialen Einrichtungen anmelden: bei der Potsdamer Tafel, der Awo oder bei der regionalen Volkssolidarität. Registrierte können dann unter www.kulturloge-potsdam.de aus mehreren Veranstaltungen in Potsdam wählen – 26 Einrichtungen beteiligen sich bislang. Dazu gehören kulturelle Veranstalter wie der Filmpark Babelsberg, das Potsdam Museum oder das Sinfonieorchester Collegium musicum, aber auch etwa die Biosphäre oder der SV Babelsberg. Sind Karten übrig, bekommt der Bewerber eine gratis und kann zudem eine Begleitung mitnehmen.

Ins Leben gerufen wurde die Kulturloge von vier Studentinnen der Fachhochschule Potsdam. „Aus unserer Sicht bedeutet gesellschaftliche Zugehörigkeit auch kulturelle Teilhabe“, sagte eine der Gründerinnen, Claudia Steinwegs. Da es oft schwer sei, an „Nicht-Kulturnutzer“ heranzukommen, werde mit jedem, der sich für eine bestimmte Veranstaltung interessiert, vorher ein persönliches Gespräch geführt. Langfristig sollen Ehrenamtliche diese Aufgabe übernehmen.

Erfunden haben die Studentinnen das Konzept nicht, bereits vor einigen Jahren entstand die erste Kulturloge in Marburg. Dort ist man wenig erfreut über die jungen Nachahmerinnen. Die Kulturloge Potsdam sei nicht durch den Bundesverband Deutsche Kulturloge e.V. lizensiert, teilte die Vorsitzende Hilde Rektorschek mit. Weder die Grundsätze noch das Logo seien übernommen worden, kritisierte sie. Steinwegs hielt sich bedeckt, räumte aber ein, dass es noch Unklarheiten gebe. Wie die Berliner oder die Hamburger Kulturloge sei die Potsdamer Initiative deshalb in der Arbeitsgemeinschaft der Kulturlogen und nicht im Bundesverband organisiert.

Als Botschafter konnten die Initiatorinnen den Dirigenten Ud Joffe gewinnen. „Futter für den Kopf“ sei wichtig für alle, sagte er. Nur wenn auch Menschen, die finanziell schlechter dastünden, Zugang zur Kultur hätten, könne von echter Chancengleichheit gesprochen werden. wik

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