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"Peter, Marie und die verlorenen Kinder" heißt das Tanztheater, das sich der AWO Bezirksverband Potsdam e.V. zum diesjährigen 100. Geburtstag der Arbeiterwohlfahrt schenkt.

© Ottmar Winter

Kostenlos in der Waschhaus-Arena: Awo-Tanztheater zum 100. Geburtstag

Potsdamer Kinder und Jugendliche spielen und tanzen ihre eigene Geschichte.

Potsdam - In der dritten Klasse war sie in einer Trommelgruppe, sagt die neunjährige Imana, und jetzt macht sie in der Singegruppe des Horts mit. Beim Tanztheater der Potsdamer Awo, das am Mittwoch und Donnerstag in der Waschhaus-Arena aufgeführt wird, steht sie an der großen Trommel. Im Piratenkostüm – wie alle Mitglieder der „Knochenrocker“-Band. Imana ist aufgeregt. Mit dem Musikmachen hat sie ja Erfahrung, aber vor so viel Publikum hat sie noch nie gespielt.

Das Theaterstück „Peter, Marie und die verlorenen Kinder“ wird anlässlich des 100. Geburtstags des Wohlfahrtverbands aufgeführt. Es will unterhalten, aber vor allem die Gründungsgeschichte der Awo mit dem Potsdam von heute verbinden. Da gibt es einiges zu erzählen: Die Frauenrechtlerin und Politikerin Marie Juchacz, nach der in Potsdam eine Straße benannt ist, gründete 1919 die Awo. Als alleinerziehende Mutter wusste sie um die Probleme von Familien im Arbeitermilieu, vor allem von Frauen und Kindern.

Das Stück wird am 4. und 5. Dezember 2019 jeweils um 10 und 17 Uhr aufgeführt. Der Eintritt ist frei.
Das Stück wird am 4. und 5. Dezember 2019 jeweils um 10 und 17 Uhr aufgeführt. Der Eintritt ist frei.

© Ottmar Winter PNN

Bis heute kümmert sich die Awo vornehmlich um Menschen, die an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden. Die Potsdamer Awo unterhält neben mehreren Kindertagesstätten auch Wohngruppen für Kinder und Jugendliche, die zeitweise ohne Familie sind, sowie das Drewitzer Familienhaus, in dem wohnungslose Familien, auch die von Imana, leben.

Aus diesen Einrichtungen stammen viele Mitwirkende des Theaterstücks, die jetzt zusammen mit Tänzern des Ballettstudios und der Tanzakademie Erxleben auf der Bühne stehen. Regie führt Marita Erxleben. Das Theaterstück „Peter, Marie und die verlorenen Kinder“ verwebt die märchenhafte Geschichte von Peter Pan, der sich in seiner Traumwelt unter anderem gegen Captain Hook verteidigen muss, mit politischen Zitaten von Marie Juchacz und dem Alltag einer heutigen Potsdamer Schulklasse. „Wir wollen die Probleme der Kinder zeigen, die sich in unserer Gesellschaft verloren fühlen und in Traumwelten flüchten – weil sie nicht mitkommen“, sagt Awo-Sprecherin Nicola Klusemann. „Manchen Kindern aus Drewitz ist die Teilhabe an der Welt da draußen nicht ohne weiteres möglich.“

Getanzt und gespielt von jungen Menschen aus Potsdam.
Getanzt und gespielt von jungen Menschen aus Potsdam.

© Ottmar Winter

Das gemeinsame Projekt von semi-professionellem Tanztheater und benachteiligten Kindern soll zeigen, was möglich ist, wenn man aufeinander zu geht. Die Kinder erzählen dabei ihre eigenen, realen Geschichten und spielen sich selbst – eine bewusste Entscheidung, sagt Erxleben. „Sie sind ihre eigene Crew, das war ihnen wichtig.“ Auch die verletzenden Zitate aus dem Schulalltag, von Mobbing bis Ausgrenzung, sind authentisch und werden in den Tanzszenen von Ballett bis Hiphop berührend erzählt.

Das Setting: Der Junge Peter wird von Mitschülern gemobbt und sogar vom Lehrer, der sich aufregt, dass er immer noch nicht das Geld für die Klassenfahrt überwiesen hat. „Wir machen ein Wettrennen“, sagt der Lehrer. Was kein Problem wäre, wenn alle an der selben Startlinie beginnen. Aber wer gut verdienende Eltern hat, sich ein teures Hobby leisten kann und sich nie über die nächste Mahlzeit Gedanken machen musste, der bekommt bei dem Wettrennen auf der Bühne einen Vorsprung eingeräumt. Zurück bleiben die „verlorenen Kinder“, obwohl sie doch genau so gut rennen können wie alle anderen, heißt es im Stück.

Unter der Regie von Marita Erxleben erzählen die Sujets aus dem Klassiker "Peter Pan" Alltagssituationen von Kindern und Jugendlichen heute. Diese werden untersetzt mit Zitaten der AWO-Gründerin Marie Juchacz.
Unter der Regie von Marita Erxleben erzählen die Sujets aus dem Klassiker "Peter Pan" Alltagssituationen von Kindern und Jugendlichen heute. Diese werden untersetzt mit Zitaten der AWO-Gründerin Marie Juchacz.

© Ottmar Winter

Marita Erxleben kennt das Phänomen. Sie kritisiert, dass das Beantragen von Unterstützung aus dem städtischen Teilhabefonds zu kompliziert sei und stigmatisiert. „Wir selbst müssen deshalb dahin gehen, wo diese Kinder sind“, sagt Erxleben. Sie bietet in Drewitz kostenlose Tanzkurse an. Als zweiten Schritt müssten die Kinder dann ermutigt werden, an Projekten außerhalb ihres Kiezes teilzunehmen, sich Neues zuzutrauen und sich zu öffnen.

So wie Imana an der großen Trommel. An der Glocke sitzt ihre Schwester, an weiteren Instrumenten Jungs aus Albanien und Russland und am Klavier der Potsdamer Musiker Matthias Opitz, der die Kommandos gibt. Die Knochenrocker sind bereit.

Am MIttwoch und Donnerstag um 10 und 17 Uhr in der Waschhaus-Arena, der Eintritt ist frei. Platzreservierung unter E-Mail: PeterundMarie@awo-potsdam.de oder Tel.: 0331 730 41 770.

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