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Auch ein Protest am Dienstag konnte die Schließung des Potsdamer Arbeitsgerichts nicht abwenden.

© Sebastian Gabsch

Kontroverse Debatte im Rechtsausschuss: Arbeitsrichter bald „on the road“ in Potsdam

Justizausschuss macht Weg für umstrittene Arbeitsgerichtsreform frei – im Mai soll sie im Landtag beschlossen werden.

Potsdam - Eigentlich ist es ihre Reform. Doch kein Abgeordneter hatte eine Frage an Justizministerin Susanne Hoffmann (CDU). Und auch Hoffmann selbst meldete sich nicht zu Wort, als der Rechtsausschuss des Landtages am Donnerstag die umstrittene Arbeitsgerichtsreform beriet und beschloss, mit der auch das Aus des Potsdamer Arbeitsgerichtes besiegelt werden soll. Vorher besserte die Kenia-Koalition den Hoffmann-Gesetzentwurf etwas nach. Die Entscheidung fiel mit Kenia-Mehrheit gegen die Stimmen der oppositionellen Linken, Freien Wähler und der AfD. Einer Verabschiedung im Mai-Plenum steht nichts im Wege.

Im Ausschuss gab es noch einmal eine kontroverse Debatte. So kritisierte die Opposition, dass die Kenia-Koalition alle Bedenken und Warnungen betroffener Gerichte und Gewerkschaften ignoriere. Bei den Katholiken heiße es, „Herr höre und erhöre uns!“, sagte sagte Freie Wähler-Chef Peter Vidá. Die Koalition habe die Argumente in den Wind geschlagen. Es sei „völlig absurd“, sagte Linke-Rechtspolitikerin Marlen Block, in Potsdam das gut ausgelastete Arbeitsgericht zu schließen und hier stattdessen Gerichtstage abzuhalten. Potsdam werde bundesweit die einzige Landeshauptstadt ohne Arbeitsgericht sein. In der ganzen Bundesrepublik käme niemand auf so eine Idee, so Block. Es sei sehr zweifelhaft, dass das verfassungskonform sei. 

Nur noch vier statt sieben Stammorte

Wie berichtet, soll das Potsdamer Arbeitsgericht ab 1. Januar 2023 im Arbeitsgericht Brandenburg an der Havel aufgehen, das Hauptsitz wird. Nach dem ersten Hoffmann-Entwurf sollte das Potsdamer Gericht ersatzlos wegfallen, die Kenia-Fraktionen besserten nun mit „Gerichtstagen“ anreisender Arbeitsrichter aus Brandenburg nach. Bislang gibt es im Land Brandenburg sieben Arbeitsgerichte. „Wir halten am Ziel fest, mit vier Arbeitsgerichten eine zukunftsfeste Struktur zu schaffen“, sagte CDU-Rechtspolitiker Danny Eichelbaum: „Tun Sie nicht so, als ob es um den Untergang des Abendlandes ginge!“ Es gebe auch nur vier Verwaltungsgerichte und vier Sozialgerichte im Land. Die Arbeitsgerichtsbarkeit werde darüber hinaus mit Gerichtstagen präsent sein. Die sollen in Senftenberg (bisher Außenkammer von Cottbus), Luckenwalde, Perleberg, Potsdam und wahrscheinlich Königs Wusterhausen stattfinden. Es gehe auch darum die Arbeitsgerichte als eigenständige Gerichtsbarkeit zu erhalten.

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Vergeblich hatte vorher Lore Seidel, Vizechefin des Cottbuser Arbeitsgerichtes in einem „Brandbrief“ an den Justizausschuss gewarnt. Es sei völlig unverständlich, dass das Potsdamer Arbeitsgericht „doch geschlossen und durch einen Gerichtstag ersetzt werden soll“, so Seidel. Das erfahre von keiner Seite Zustimmung. „Gerichtstage sind im Arbeitsgerichtsgesetz als Ergänzung vorgesehen, um kleine periphere Standorte zu versorgen“, warnte Seidel. Ein Gerichtstag in Potsdam werde „im Ergebnis erheblich mehr Fälle zu bearbeiten haben als der Hauptsitz in Brandenburg/Havel.

Nach Angaben des Arbeitsgerichts Potsdam, so Seidel, müssten künftig drei bis fünf Richter im Jahr 2600 externe Sitzungen in einem fremden Gericht verhandeln – ohne Anbindung an die Software, quasi „on the road“. (epd)

Yvonne Jennerjahn

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