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Durchsetzung der Eindämmungsverordnung am Heiligen See in Potsdam.

© Carsten Holm

Kontrollen am Potsdamer See: Der Nackte und die Polizei

Das längere Aufhalten in der Öffentlichkeit ist derzeit nicht erlaubt. Rund 100 Picknicker und Badegäste wurden deswegen bei einer Kontrolle am Heiligen See vertrieben. Mancher ging nur unter Protest.

Von Carsten Holm

Potsdam - Polizeieinsatz an einem der schönsten Potsdamer Orte: Ein Aufgebot von vier Polizeibeamten und zwei Mitarbeitern des Ordnungsamtes ist am Mittwochnachmittag zum Heiligen See ausgerückt, um die Vorschriften der brandenburgischen Eindämmungsverordnung durchzusetzen. Um die Ausbreitung des Coronavirus zu verhindern, dürfen Parks zwar zum Spazierengehen und Radfahren betreten werden – doch ein längeres Verweilen, ein Picknick gar oder das Sonnenbaden sind verboten. Etwa 100 Ausflügler hatten sich dort niedergelassen und wurden von den Einsatzkräften verscheucht.

In der Vor-Corona-Zeit wäre es ein traumhafter April-Tag gewesen. Wolkenloser Himmel, 23 Grad, um den Heiligen See im Frühlingsgrün sprießende Bäume. Ältere Paare, die von den Bänken aus den Blick über das Schilf auf den See genossen, Familien, die nah am Wasser und auf den Wiesen Decken ausgebreitet und Thermoskannen mit Kaffee oder Tee und Säfte für den Nachwuchs ausgepackt hatten. Jogger und Radler bewegten sich flott durch das Gelände, es war eine friedfertige Gemeinde von Frischluft-Begeisterten, die sich auf den Weg gemacht hatte – und dennoch schienen allen die Gefahren dieser Zeit bewusst zu sein. Denn wer einander fremd war, hielt ausnahmslos den gebotenen Abstand zu den anderen ein.

Beamten informieren höflich

Dann, gegen 16.30 Uhr, fand die frühsommerliche Idylle ein jähes Ende. Sicherheitskräfte der Stiftung Preußischer Schlösser und Gärten, deren Aufgabe es eher ist, zu beobachten, was passiert, statt gegen Verstöße der Vorschriften konsequent durchzugreifen, löste die für solche Fälle vorgesehene Meldekette aus: Schlösserstiftung alarmiert Ordnungsamt, Ordnungsamt alarmiert Polizei – und flugs geht es los mit den Einsatzwagen, um Recht und Gesetz Wirkung zu verschaffen.

Das geschah in Zurückhaltung. Die Beamten der 1. Einsatzhundertschaft Potsdam und die Mitarbeiter des Ordnungsamts sprachen jeden einzelnen Parkbesucher an, informierten höflich darüber, dass das Eindämmungsgesetz den längeren Aufenthalt an einer Stelle des Parks nicht gestatte, worauf die Familien recht gemächlich verschwanden. Die Beamten hätten das Recht auf ihrer Seite gehabt, wenn sie Bußgelder von 50 Euro aufwärts verhängt hätten.

Badelustige haben kein Einsehen

Nur in der Nähe der beiden Badestellen am See kam es zu Auseinandersetzungen mit den Männern der Polizei, denen des Ordnungsamts und einer Frau, die zu ihnen gehörte. Es waren ein paar wenige Menschen, die nun die Freiheiten, die ihnen der Rechtsstaat ihnen bis vor den Corona-Tagen gewährte, gegen die Beamten meinten verteidigen zu müssen. „Wie 1933“, war da zu hören, im übrigen sei ja sogar das Demonstrationsrecht aufgehoben. Die Erregung stand ihm ins Gesicht geschrieben, als ein schlohweißer Herr höheren Alters sich weigerte, eine Parkbank zu verlassen, auf der er offenbar vor längerer Zeit Platz genommen hatte. „Welche Rechtsgrundlage haben Sie dafür?“, fragte er so schneidend, wie es ihm möglich war, einen der Beamten. Höflich trug der ihm die Rechtsgrundlage vor. „Zeigen Sie mir das, das will ich sehen“, forderte der Empörte, „warum soll ich hier nicht sitzen?“

30 Meter seewärts, direkt am Ufer des Heiligen Sees, eskalierte die Lage. Dort nehmen, wenn das Wasser warm genug ist, viele Potsdamer wie in alten Zeiten unbekleidet ein Bad. Splitternackt stand ein Mann, teilweise umgeben von zwei, drei und schließlich vier Ordnungskräften auf dem Grasboden, verlangte laut und wild gestikulierend nach dem Namen der Uniformierten (Antwort: „Sie kriegen nur die Dienstnummer“), fragte sie, ob sie wüssten, was sie dort täten und warum sie es täten und kündigte vehement an, sie vor Gericht zu ziehen. 

Als es allen Beteiligten zu viel wurde, entzog sich der Nackte schnellen Fußes mit einer Flucht ins Wasser, schwamm ein paar Minuten, kam wieder ans Ufer und stimmte die nächste Runde im Wortgefecht mit den Sicherheitskräften an. Die blieben ruhig, sprachen aber ein Parkverbot aus. Irgendwann zog sich der Nackte an und machte sich, vermutlich, auf den Weg nach Hause. 

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