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Komödie von Potsdamer Regisseurin: Der doppelte Honecker

Über die DDR sollte mehr gelacht werden findet die Potsdamer Regisseurin Franziska Meletzky. Mit „Vorwärts immer!“ hat sie nun eine komisch-absurde Verwechslungskomödie gedreht, in der Honecker von sich selbst verwirrt ist.

Von Sarah Kugler

Potsdam - Erich Honecker ist verwirrt. Er steht nämlich gerade sich selbst gegenüber. Da hilft kein Blinzeln, kein Kneifen. Der Doppelgänger bleibt – und versucht ihm auch noch philosophisch etwas über das Ich-Sein zu erklären. Da hilft nur sich wieder hinzulegen und das gerade Erlebte als Traum abzuhaken. Diese Szene aus „Vorwärts immer!“ von der Potsdamer Regisseurin Franziska Meletzky ist eine der absurdesten und komischsten des Films. Eine DDR-Verwechslungskomödie, die am Donnerstag in den deutschen Kinos startet.

Jörg Schüttauf mimt darin Erich Honecker gleich in einer Doppelrolle. Einmal den echten, der im Film eher eine Nebenrolle spielt und einmal den verkleideten DDR-Schauspieler Otto Wolf. Der soll Honecker eigentlich nur in einem Theaterstück verkörpern, doch um seine Tochter Anne zu retten, wagt er sich in seiner Verkleidung bis in das Zentralkomitee. Anne (Josefine Preuß) will nämlich in den Westen rübermachen und fährt auf dem Weg dahin mit dem jungen Bürgerrechtler August zur Montagsdemonstration nach Leipzig. Gerüchteweise sollen Panzer gegen die Demonstranten eingesetzt werden. Da nur Honecker den Befehl stoppen kann, stürzt sich Wolf in seine nicht ungefährliche Verkleidungsmission.

„Natürlich ist das alles nicht glaubwürdig“

Dass die nicht immer ganz logisch ist, weiß Regisseurin Franziska Meletzky sehr wohl. „Natürlich ist das alles nicht glaubwürdig“, sagt die 44-jährige Babelsbergerin den PNN. „Gerade dadurch wird es aber komisch und das war mir wichtig.“ Denn über die DDR und besonders über Honecker würde in Deutschland noch viel zu wenig gelacht, sagt sie. „Wir betrachten den Teil unserer Geschichte mit zu wenig Selbstironie, sondern eher noch mit Scham.“ Trotzdem ist „Vorwärts immer!“ kein reiner Slapstickfilm geworden. Im Gegenteil: Die Geschichte um Anna, ihre ungewollte Schwangerschaft und der Fluchtversuch böte genug Stoff um ein ganzes Drama zu füllen. Es scheint, als habe sich der Film zwischen ernst und komisch nicht ganz entscheiden können. „Für mich gehören Tragik und Komik zusammen“, erklärt Meletzky, die an der Filmuniversität Babelsberg studiert hat. Für sie müssten Komödien auch schlimm sein und es sollte um etwas gehen. Das Genre der Verwechslungskomödie habe sie als Spielwiese dennoch gereizt – und böte außerdem einen humoristischen Erklärungsversuch, weshalb am 9. Oktober in Leipzig nicht geschossen wurde. Tatsächlich ist bis heute unklar, aus welchem Grund sich die Sicherheitskräfte bei der Montagsdemonstration vor Ort zurückgezogen haben.

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Letztendlich sei der Film aber auch eine Familiengeschichte. „Es geht auch darum, was ein Vater für sein Kind alles tun würde und wie er selbst daran wächst“, so Meletzky. Tatsächlich spielt der in Caputh lebende Jörg Schüttauf die Entwicklung vom angepassten Schauspieler bis hin zum mutigen Revolutionär überzeugend und emotional facettenreich. Den markanten Dialekt des DDR-Generalsekretärs habe Schüttauf extra mit einem Sprachcoach geübt. Dass er den „echten“ Honecker – dem Schüttauf dank einer hervorragenden Maske im Film zum Verwechseln ähnlich sieht – dabei noch mehr parodiert, als den falschen, gibt seinem Spiel die besondere Komik. „Honecker kann man eigentlich nur absurd spielen, er ist ja quasi schon eine Parodie an sich“, so Meletzky. Das filmisch darzustellen, sei ein großer Spaß gewesen.

Spaß hatte auch Hauptdarstellerin Josefine Preuß – besonders während einer Szene, in der sie sich mit zwei Kollegen in einen alten Trabbi quetschen muss. Wegen einer Polizeikontrolle erfindet ihre Figur Anna eine dramatisch inszenierte Ausrede für die nicht vorhandenen Papiere. „Wir mussten dabei sehr viel lachen und es ist eine Wahnsinnsszene geworden“, so Preuß, die als Schülerin das Helmholtz-Gymnasium Potsdam besuchte. Überhaupt sei sie von dem Drehbuch zu „Vorwärts immer!“ sofort begeistert gewesen. „Es ist eines der besten, das ich seit langem gelesen habe“, schwärmt sie. Nicht nur, weil sie die komödiantische Sicht auf die DDR toll finde, sondern auch weil jede Figur mit sehr viel Respekt beleuchtet werde. „Jeder Beweggrund ist irgendwie nachvollziehbar“, sagt sie. „Man merkt, dass da ganz viel Herzblut drin steckt.“

Josefine Preuß steht am Scheideweg

Definitiv sind die Figuren eine Stärke des Films, oft kommt der Wunsch auf, ihre individuellen Geschichten noch etwas tiefer beleuchtet zu sehen. Josefine Preuß hat für Anna deswegen auch eine eigene kleine Hintergrundstory erdacht. „Für mich ist Anna zum Beispiel als Sternzeichen ein Zwilling“, verrät sie lachend. „Es zieht sie hierhin und dorthin, sie steht an einem Scheideweg, das passt gut.“ Mit ihrem Charakter könnten sich wahrscheinlich auch heute noch viele junge Frauen identifizieren, so Preuß. Vor allem sei er aber auch eine Chance für junge Leute ein Stück Geschichte kennenzulernen. „Viele Jugendliche wissen garantiert nicht mehr, wer Honecker war“, sagt sie. „Meiner Meinung nach ist der Film eine gute Motivation selbst mehr zu recherchieren.“

„Vorwärts immer!“ ab Donnerstag im Kino

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