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Kommentar zum Potsdamer Nachtleben: Hartnäckig

Potsdam ist in der Nacht tot. Ein Vorurteil, das sich eisern hält - und im Winter stimmen mag. Im Sommer jedoch tummeln sich überall in der Stadt Nachtschwärmer, wie PNN-Redakteurin Sarah Kugler beobachtet.

Von Sarah Kugler

Potsdam - In Potsdam werden 20 Uhr die Bürgersteige hochgeklappt. So das allgemeine Vorurteil. Sogar von theoretisch möglichen Nachtpicknicken auf der vollkommen leeren Zeppelinstraße wird gesprochen – und im Winter mag das auch zutreffen. Doch wer jetzt im Sommer noch von einer abendlich unbelebten Stadt spricht, guckt einfach nicht richtig hin. Allein die Charlottenstraße ist an den warmen, regenfreien Sommerabenden regelrecht übersät mit Menschengruppen. Wer nicht in oder vor dem 11-Line und der Olga sitzt, lässt sich auf den vielen Eingangsstufen in der Straße nieder. Das Konzept zieht sich bis hinüber nach Potsdam-West. Überall klimpern Bierflaschen, an Potsdams Wasser sowieso. Ein romantisches Zweierdate mit der Havel ist aktuell kaum möglich, jetzt zum Ferienbeginn schon gar nicht.

Jung und Alt trifft sich hier, nicht nur in der Arcona Strandbar und der Seerose, sondern überall am Potsdamer Ufer – nicht selten mit lautem Bass in der Hosentasche. Der sonst so beschauliche Flusslauf wird zur Außendisco. Wie auch die Freundschaftsinsel – bis sie ihre Tore schließt. In der als Geisterort verschrienen Schiffbauergasse sieht es ähnlich aus und auch am Heiligen See im Neuen Garten versuchen sich Nachtbader Abend für Abend vor dem Rausschmiss der Schlösserstiftung zu drücken. Meist mit mäßigem Erfolg. Die mit Taschenlampen ausgerüsteten Nachtwächter übersehen nur die wirklich gut Versteckten – denn sie sind hartnäckig. Die Potsdamer Nachtschwärmer allerdings auch. Anschließen lohnt sich.

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