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Kolumne zum Fußballwahn und der Biosphäre: Im Konzept-Karussell

Bald beginnt die Fußball-WM, ein guter Zeitpunkt für alle Nicht-Fußballfans, um über eine sinnvolle Nutzung der Potsdamer Biosphäre nachzudenken. Eine Kolumne.

Zwei Sachen können ein Land schachmatt setzen: Hitze und Fußball. Die Hitze legt sich auf den Kreislauf und man konzentriert sich voll auf das vegetative Überleben. Schatten, Trinken, Beine hochlegen. Wenn man nicht im Garten gießen muss.

Der Fußball geht auf’s Gemüt. Er legt alle Gedankengänge lahm, die rational nicht mit ihm zu tun haben. Das Wabenmuster des Fußballs brennt sich in die Netzhaut und überhaupt auf alles – endlich gibt es wieder Brötchen mit einem Fünfeck auf der Kruste, juhu.

Aber ich will nicht meckern. Auch die weniger Fußball-Affinen können diese Zeit gut nutzen. Während der WM lässt sich hervorragend unbeobachtet der Keller ausräumen, Urlaub buchen, Kunst aufstellen oder Konzepte in Auftrag geben. Zum Beispiel an eine Agentur, die ihre Experten in unsere Tropenhalle schickt. Damit die dann genau das rausbekommen, was wir jetzt schon wissen: Nämlich dass man mit ein paar Tuben Silikon und einer Handvoll Dachlatten die Ritzen flicken müsste, die Isolierung erneuern, vielleicht sogar ein paar Exponate, und dann, ganz übermütig, könnte man sogar einen Eisstand und ein paar Strandliegen aufbauen.

Chillen im Orchideenbeet

Oder wie in Tropical Islands drei Ferienhütten. Wer hier übernachtet, darf nachts zu den fetten Kois in den Teich steigen und sich von ihnen die Schuppenflechte wegknabbern lassen. Hier könnte Axl Rose sein nächstes Konzert geben und Band und Publikum dabei ihre rheumatischen Knochen aufwärmen. Die Biosphäre ist ja hoffentlich barrierefrei. Dann kann sich dort auch prima die örtliche Stillgruppe mit den ganzen Kinderwagen treffen. Und für Präventionskurse, Rückentraining am Wasserfall und so, gibt’s bestimmt Zuschuss von der Krankenkasse.

Ich würde zudem die Öffnungszeiten in die Nacht hinein ausweiten. Denn wenn die Biosphäre kein Jugendklub wird, so können trotzdem die Jugendlichen in die Biosphäre kommen. Den Umgang mit tropischen Pflanzen lernen, Kakao, Lemongras und so. Anschließend chillen im Orchideenbeet, bis um fünf die ersten Yogi zum Bornstedter Sonnengruß erscheinen – jede Menge neue Zielgruppen. Dann klappt’s auch mit den Besucherzahlen.

Dschungelcamp in Potsdam?

Aber bis die externen Experten ihren Erkenntnisbericht fertig haben, das dauert. Zur Überbrückung sollte sich Potsdam endlich als Austragungsort des Dschungelcamps bewerben. Klimaneutral, weil eben keine Langstreckenflüge ins Outback – wir hätten Chancen. Dann würden die Potsdamer auf der Restaurantterrasse sitzen und bei Kir Royal und Boulettchen den Irren zuschauen. Dazu alle paar Jahre WM-Public-Viewing unter Palmen, 2022 ist Katar dran, da ist es im November so warm wie in der Biosphäre – das passt.

Wenn alles nichts hilft, melden wir uns einfach wieder für eine Buga an. Die nächste ist 2025. Und dann wird alles ordentlich durchsaniert. Es heißt zwar, „Grundlage einer jeden Buga-Planung und Realisierung ist ein realistisches Finanzierungskonzept“. Aber das kriegen wir schon hin. Konzepte können wir gut.

Unsere Autorin ist freie Mitarbeiterin der PNN. Sie lebt in Babelsberg

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