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Kolumne über die Enge in Potsdam: Nur mit Anmeldung

Potsdam wächst, der Wohnraum ist knapp. Aber kann man dagegen etwas tun? PNN-Kolumnistin Steffi Pyanoe hat sich dazu Gedanken gemacht.

Die fünf Abstufungen Potsdamer Willkommenskultur:

Die Teilnehmerzahl ist begrenzt.

Um Anmeldung wird gebeten.

Anmeldung wird empfohlen.

Anmeldung erforderlich.

Nur mit Anmeldung bis ...

Es gibt Angebote, da hat man es als spontanbegeisterter Teilnehmer schwer. Ob mir Samstagvormittag nach Malerei, Stadtgeschichte oder einem Kräutersammelkurs ist, hängt von so vielen last-minute-Befindlichkeiten ab, nicht zuletzt vom Wetter oder von Freunden, die kurz vorher anrufen. „Was macht ihr denn heute so?“ „Moment, ich glaube, irgendwas mit Anmeldung.“ Diese Formalie soll den Gast vermutlich beruhigen, aber ich fühle mich von so einem Hinweis eher abgeschreckt und eingeengt. Und manchmal schleicht sich sogar dieses unangenehme Gefühl ein, als sollte ich mich gar nicht ernsthaft anmelden und womöglich den Feierabend der Kulturbrigade gefährden, weil doch noch jemand zum Orchideenmalkurs gekommen ist.

Klappen wir Potsdams Zugbrücken hoch?

Aber das passt ja zu Potsdam, hier meldet man sich am besten überall an, auch beim Busfahren mit Kinderwagengruppe, und am besten schnell, denn bald ist die Stadt voll, dann geht gar nichts mehr. Dass das Stadtwerkefest jetzt eingezäunt wird und nur noch 30 000 Besucher (Stufe eins: „Die Teilnehmerzahl ist begrenzt“) simultan zu Anastacia dürfen, ist auch der Hammer. Könnte eng werden.

Deshalb reden jetzt alle davon, das Wachstum zu beschränken oder wenigstens zu steuern. Klingt charmant: endlich wieder Platz im Bus und verfügbare Augenarzttermine. Juhu. Aber wie soll man sich das in der Praxis vorstellen – ist das wie Tomatenpflanzen ausgeizen? Bonsaibäumchen ziehen? Klappen wir Potsdams Zugbrücken hoch, bauen die Stadtmauer wieder auf und stellen Lange Kerls an die Zugangstore, die die Einhaltung einer Obergrenze kontrollieren? Bekommt Potsdam die chinesische Ein-Kind-Familie verordnet?

Irgendwas fehlt

Die Meisen in unserem Garten kamen ohne Anordnung und ohne Anmeldung. Frechheit. Einmal nicht aufgepasst, zack, war das Nest schon gebaut. Dann begann die ganze Brüterei. Durchaus ein eher stiller Vorgang, da will ich gar nicht meckern. Aber eines Tages schlüpften die doch tatsächlich. Wer das mal erlebt hat, drei Meter über der Terrasse, der weiß, was Lärmbelästigung ist. Zwei Wochen Geschrei ohne Ende, von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang, und das ist Ende Mai eine lange Zeitspanne. Konnten nicht genug kriegen, die nimmersatten Biester, und die Eltern rackerten sich ab, zuletzt sahen die ganz abgemagert und zerrupft aus.

Das will man ja auch nicht. Tja, und dann sind die Kleinen eines Tages rausgekommen, einer nach dem anderen, so flauschige Dinger, und wir haben zu zweit den gefräßigen Eichelhäher weggebrüllt und der Katze das schwächste Küken unverletzt wieder abgenommen und vorsichtig aufs Dach gesetzt, denn von dort konnte es, ohne Katzenverfolgung, hinüber auf den sicheren Baum hüpfen, mein Gott, man macht sich halt schon seine Gedanken. Und nun das, Wachstum beschränken. Ich weiß nicht, wie das gehen soll. Ich weiß nur, dass die Meisen zuletzt kiloweise Insekten im Garten aufgepickt haben. War ja gar nicht so schlecht. Und jetzt, wo das Zwitschern nicht mehr ist, ach ja, irgendwas fehlt.

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Unsere Autorin ist freie Mitarbeiterin der PNN. Sie lebt in Babelsberg.

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