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Der Potsdamer Weihnachtsmarkt "Blauer Lichterglanz", hier bei der Eröffnung 2019.

© Andreas Klaer

Kolumne | PYAnissimo: Vorfreude, schönste Freude

Die Stadtpolitik macht sich mitten im Sommer viele Gedanken zum Potsdamer Weihnachtsmarkt. PNN-Autorin Steffi Pyanoe macht dabei gern mit.

Summen Sie schon heimlich Weihnachtslieder? Kuscheln sich abends in Wollpullover und planen Ihr erstes heißes Bad? Scannen Sie im Supermarkt mit vorsichtigem Blick die Regale, ob da schon Lebkuchen liegen? Wenn ja, machen Sie sich keine Sorgen, Sie sind in guter Gesellschaft. Auch wenn es erst Ende Juli ist. Ihre saisonale Verwirrung ist total verständlich, nachdem die Stadtpolitik das Thema Weihnachtsmarkt eröffnet hat. Blauer Lichterglanz. Oh Maria hilf, was soll das dieses Jahr mit Corona vor der Tür nur werden?

Adventsballermann oder Besinnlichkeit?

Nichts, schreien jubelnd die einen, die nur zu gerne auf den Adventsballermann verzichten würden. Unbedingt machen aber anders, drängen die anderen. Ruhiger, sauberer, mit schöner besinnlicher Stimmung und Parkplätzen gleich davor, also am besten sowieso an einem anderen Ort, dann auch gerne mit anderen Buden, also hochwertiges Zeug, aber eben nicht gleich so teuer, und auch mal Sachen, die man jetzt nicht so kennt, aber weihnachtlich sollte es schon sein, also zum Beispiel – äh, fällt mir grad nichts ein. Natürlich umweltfreundliches Geschirr, aber lange Anstehen an der Glühweinbude, weil die Pfandbecher retour gehen müssen, wäre jetzt auch blöd. Und Pappteller, die durchsuppen, also wirklich, Plastik wurde doch nicht ohne Grund erfunden. Wenn der Markt richtig schön ist, muss man sich auch vor Touristen nicht mehr blamieren. Andererseits nerven die sowieso ständig, wenn die alles blockieren und nicht wissen wohin und da herumlungern und nach dem Weg fragen, wenn man sich in der Mittagspause nur schnell eine fettige Krakauer holen will. Oder? Vor allem, und das sagen wir schon seit Jahren: Nicht! In! Blau!

In der Tat wäre das Ändern der Lichterfarbe die einfachste Übung. Alles andere braucht natürlich Zeit. Insofern ist es gut, jetzt schon mit der Planerei zu beginnen. Für 2025 könnte man das noch schaffen. Bis dahin nutzen wir ein Übergangsweihnachtsmarktkonzept. Ein paar herrliche Ideen habe ich schon gehört. Zum Beispiel, was den Ort betrifft: Einfach ganz Potsdam zur Zone für ein inklusives Markterlebnis erklären. Dafür Karls Erbeerbuden – schön weihnachtlich rot! - jetzt stehen lassen, Fritteuse rein für Quarkbällchen oder Bratfisch, je nachdem, welche Aromawolke die Nachbarschaft später im Schlafzimmer haben will. Die Verkehrsbetriebe könnten ihre Weihnachtstrams die ganze Saison fahren lassen, mit mobilem Ausschank und Musik statt Unfallmeldungen aus schnarrenden Retrolautsprechern. Damit auch Eltern Spaß haben, können sie die Kleinen im Treffpunkt Freizeit abgeben, von dort fährt ein X-Mas-Shuttle ins Sterncenter. 

James Bond statt Bürgermeister

Warum soll man denn ausgerechnet im Winter draußen einkaufen gehen – wer hat sich den Quatsch bloß ausgedacht? Im Grunde könnte man die Kinder gleich bei Oma lassen und dann nur noch zum nächsten Bratfischstand tippeln und ab auf die Couch, Glühwein und so, erstaunlich, wie günstig der ist, wenn man ihn in Flaschen kauft. Und statt dem Stollenmeister beim Bürgeranschnitt, ne, umgekehrt, dem Bürgermeister beim Stollenanschnitt zuzusehen, läuft zu Hause schon längst James Bond. Stirb an einem anderen Tag.
Wie viel Zeit könnte man sparen, wie viel geringer wäre das Verkehrsaufkommen, wenn man nicht ständig zum Markt muss, sondern es sich zu Hause gemütlich macht. Wer unbedingt raus will, kann sich zum Saufen ja wie in Quarantänezeiten auf den Balkon stellen. Nur nicht dem Untermieter in dessen geschmückte Baumarkttanne kotzen. Und in der Brandenburger können wir endlich wieder ganz in Ruhe unsere Weihnachtseinkäufe erledigen.
Unsere Autorin ist freie Mitarbeiterin der PNN. Sie lebt in Babelsberg

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