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Kolumne PYAnissimo: Motor aus und faulenzen

Gerade jetzt im Sommer sind unserer Kollegin einige Dinge aufgefallen, die ihr gehörig auf den Keks gehen. PNN-Autorin Steffi Pyanoe hätte da einen Vorschlag.

Gestern früh bin ich nicht vom üblichen Spatzenkrawall vor dem Fenster wach geworden. Stattdessen dröhnte ein Straßenreinigungskommando durch die Nachbarschaft. Ein Mann mit Laubbläser trottete vorneweg, ein Kollege mit Besen folgte. Keine Ahnung, was der auffegen wollte, es gab ja nichts mehr. Aller Straßendreck, Laubfitzel, Sand und sommertrockene Hundekacke, allergene Pollen und was sonst noch am Randstreifen und zwischen Pflastersteinen beheimatet ist, Insekten und Kleinstlebewesen, wurde mal eben meterweit durch die Luft gewirbelt und legte sich dann als homogene Schicht auf Autos, Straße, Vorgärten und ganz sicher auch auf die Haut und in die Lungen der Menschen.

Wenn das Ausrufen des Klimanotstandes ein Sofortverbot dieser hirnverbrannten Höllenmaschinen beinhaltet, dann bin ich sofort dafür. Man kann die Dinger natürlich auch ohne einen amtlich bestätigten Klimanotstand verbieten. Oder aufgrund des gesunden Menschenverstandes nicht benutzen, beziehungsweise nur Firmen beauftragen, die ohne diese pathologische Aufrüstung ihren Job machen.

Es ist ja so: Wir müssen in Potsdam gar nicht das große Weltklima retten. Wir können mit dem kleinen städtischen Klima anfangen. Da haben wir sofort was davon. Warum müssen im Sommer die Türen der runtergekühlten Geschäfte weit offen stehen, und im Winter heizen wir die Straße mit, nur weil keiner mehr Türklinken bedienen will. Ich verstehe auch nicht, warum bei Baumaschinen und Lkw, die an einer Baustelle ohne Funktion rumstehen und gerade nichts halten, kühlen oder mischen, wo also der Fahrer nur mal eben zehn Meter daneben steht und was Wichtiges mit anderen Lkw- oder Baggerfahrern ausbaldowert oder Pause macht – warum bei denen in dieser halben Stunde der fette Dieselmotor laufen muss. Will nicht in meinen Kopf rein. Passiert aber genauso. Gesehen zum Beispiel in der Friedrich-Ebert-Straße, und der Fahrer hatte wirklich Glück, dass ich ihm nicht wutentbrannt mit meinem Flipflopfuß an den meterhohen Reifen getreten hab.

Denn man soll sich ja nicht aufregen. Das verbrennt nur zusätzlich Energie. Mal eine Stunde nichts tun wäre die schnellste Maßnahme gegen Klimawandel, sagte in einer Talkshow ein berühmter Klimaforscher. Das finde ich gut. Gerade jetzt im Sommer. Mal nicht von einem zum nächsten Festival hetzen. Mal nicht noch dies und das erledigen, kaufen, verbrauchen und große oder kleine Motoren laufen lassen. Sondern: Faulenzen. Dem Gras beim Wachsen zusehen, Zeitung lesen. Kaffee in Ruhe zu Hause trinken. Kein Becher der Welt ist CO2-neutral. Man kann das auch ganz modern Achtsamkeit nennen, also auf sein echtes Durstgefühl und die Welt im Ganzen hören und wieder ein Gespür für sich selbst und einander entwickeln.

Die Katzen können das schon gut. Die sind nachts unterwegs, wenn es kühl ist, und schlafen am Tag. Ist ihnen zu heiß, legen sie sich flach wie eine Flunder auf den kalten Fliesenboden. Sie fressen und jagen weniger und begnügen sich damit, aus dem Gebüsch im Vorgarten die Straße zu beobachten. Bis wieder eine Laubbläserkompanie anmarschiert.

Unsere Autorin ist freie Mitarbeiterin der PNN. Sie lebt in Babelsberg

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