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Der Weihnachtsmann darf auf dem Weihnachtsmarkt natürlich nicht fehlen.

© Andreas Klaer

Kolumne PYAnissimo: Hoch die Tassen!

Klimanotstand und alles ist wie immer? Unsere Kolumnistin bringt das ins Grübeln. Und sie verrät, was sie mit ihrem alten Schokoweihnachtsmann macht.

Potsdam - Wer reitet so spät durch Nacht und Wind? Es ist der Bürgermeister geschwind, er hat den Stollen wohl in dem Arm. Er fasst ihn sicher, er hält ihn warm. Im Jahr eins nach Ausrufung des Klimanotstands ist ab sofort alles wie immer, die Händler knipsen in den Buden ihre Heizstrahler, -pilze und -fußmatten an und befeuern bis Jahresende die Stratosphäre der Innenstadt. Blubbernde Fritteusen, Turbogrill und Waffeleisen lassen die Starkstromkabel surren, bis sie Funken sprühen. Blauer Lichterglanz. Licht soll ja gegen Winterdepression helfen.

Wir brauchen das Blaue auch zur Orientierung, um die ganzen Feste auseinander zu halten. Halloween und Sankt Martin, Potsdam im Licht, Oktoberfest, Rummel, Tulpenfest, Stadt für eine Nacht, Feuerwehrsinfonie und Erlebnisdings und Fetamusik und und und – immer ist was los, aber nichts geht über den Weihnachtsmarkt, so besinnlich und einzigartig. Glühwein zum Beispiel gibt’s wirklich nur hier und nach drei Bechern fällt das Denken gleich leichter oder man denkt gar nicht mehr, zum Beispiel an den ganzen Kram, der sonst nervt. Häuser, die nach 20 Jahren nur noch Sondermüll sind. Das mit der Erbpacht verstehe ich auch nicht – die Sanierung kostet einen Haufen Geld, und den hat die Bürgerinitiative auf der hohen Kante oder wo soll der herkommen?

PNN-Kolumnistin Steffi Pyanoe.
PNN-Kolumnistin Steffi Pyanoe.

© Sebastian Gabsch PNN

Dagegen ist die Sache mit dem Kanalsprint Pillepalle, also dass der jetzt doch noch einmal mit Trinkwasser – mein Gott, ist doch nur Wasser. Und der Kinderbauernhof. Es klingt immer so einfach: Die Stadtverordneten beschließen Kraft der vom Wähler auf sie übertragenen Befugnis den Erhalt des Bauernhofs, und dann soll das die Verwaltung fix umsetzen. Mit einer Ausnahmeregelung! Da kann ja jeder kommen. Müssen die Kinder unbedingt dort zurück zur Natur, Karnickel, Umweltbildung und so? Kann man nicht woanders neu bauen, mit modernen Baustoffen, Brandschutz, Dämmung? Polyurethanplatten, herrlich, ihr Kinderlein kommet. Darauf einen Glühwein – und auf die arme Verwaltung.

Die Bäume in der Heinrich-Mann-Allee erhalten, also wenn das so einfach wäre, dann hätte man das in Potsdam schon längst… wenn das Bauamt sagt, is nich, dann muss jetzt auch mal Schluss sein. Mein Vater, mein Vater, und hörest du nicht, was Erlenkönig mir leise verspricht? Sei ruhig, bleibe ruhig, mein Kind: In dürren Blättern säuselt der Wind.

Gottseidank kommt endlich Weihnachten. Das haben wir uns verdient, man muss sich auch mal was gönnen. Und aus kompostierbaren Bechern schmeckt der Glühwein noch besser – oder war es andersrum, sind die Becher aus Kompost? Egal. Hauptsache Bio. Der Pappteller und damit der Wegbereiter für alles Einweggeschirr wurde übrigens 1867 hier um die Ecke in Luckenwalde erfunden. Aus hygienischen Gründen. Da gab es noch keinen Klimanotstand. Keine Fressmeile. Was werden wir in den kommenden Wochen wieder einkaufen und wegwerfen... Ich werde meinen Schokoweihnachtsmann vom letzten Jahr zurückbringen und irgendwo ins Regal stellen, neben all die anderen. Vom Himmel hoch da komm ich her. Das wäre mal super nachhaltig.

Unsere Autorin ist freie Mitarbeiterin der PNN. Sie lebt in Babelsberg.

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