zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Koffer für Flüchtlinge

Potsdam-Konvoi kauft Asylbewerbern Taschen und will ihnen künftig helfen, Angehörige nachzuholen

Manchmal sind es Kleinigkeiten, an die man spontan gar nicht denkt, die aber helfen können. „Viele Flüchtlinge, die derzeit in Athen und Thessaloniki sind und ausreisen dürfen, haben keine Koffer, um ihre Sachen zu packen“, erzählt Sven Weiss, der sich derzeit ein Jahr lang in Griechenland in der Flüchtlingshilfe engagiert. Also tat der Düsseldorfer Medienkaufmann sich mit zwei Potsdamerinnen zusammen, die gerade für einige Wochen vor Ort halfen.

Mit Spenden, die die Initiative Potsdam-Konvoi gesammelt hatte, konnten sie innerhalb von wenigen Wochen 60 Koffer in griechischen Geschäften kaufen und an Flüchtlingsfamilien übergeben. Das Projekt soll noch weitergehen, jede Woche werden Koffer an einige Familien ausgehändigt.

„Solche Aktionen funktionieren nur, wenn Hilfe vor Ort und Unterstützung aus Deutschland ineinander greifen“, erklärt Sven Weiss, der momentan einige Tage in Deutschland verbringt und am Donnerstag auch nach Potsdam kam, um sich hier mit Freiwilligen von Potsdam-Konvoi zu treffen.

Die Initiative hatten etwa zehn Potsdamerinnen im vergangenen Jahr gegründet. Nachdem sie sich zuvor schon ehrenamtlich in der Erstaufnahmestelle in der Heinrich-Mann-Allee engagiert hatten, wollten sie vor Ort helfen. Drei von ihnen fuhren wie berichtet für mehrere Monate nach Griechenland.

Seither sind immer wieder Potsdamer in unterschiedliche Teile des Landes gefahren, um dort mit anzupacken. „Gerade sind zwei zurückgekommen, sie haben in Hausprojekten in Athen geholfen. Auf Lesbos ist noch eine weitere Potsdamerin“, erzählt Angela Rößler, eine der Initiatorinnen von Potsdam-Konvoi.

Neben dieser Hilfe vor Ort werden auch von Potsdam aus immer wieder Projekte durchgeführt. Vor Weihnachten wurden beispielsweise bei „Liebe im Karton“ fast 100 Päckchen mit Spielsachen, Lebensmitteln und warmer Kleidung an Flüchtlingsfamilien in Griechenland geschickt. Für Aktionen wie diese oder die aktuell noch laufende mit den Koffern werden Spenden gesammelt. Auch Potsdamer, die sich engagieren wollen, sind willkommen. Denn, so berichtet Angela Rößler, das Interesse an dem Thema sei seit dem vergangenen Jahr leider abgeflaut. „Am Anfang hatten wir viele Helfer, jetzt ist nur noch ein harter Kern von fünf bis zehn Leuten geblieben“, erzählt die junge Sozialpädagogin, die sich neben der Arbeit für die Initiative engagiert.

In den nächsten Monaten steht ein weiteres Projekt im Fokus der Initiative, das auch der Grünen-Stadtverordnete Uwe Fröhlich unterstützt. Hinter dem etwas missverständlichen Begriff „Angehörigensuche“ verbirgt sich die Idee, in Potsdam lebenden Flüchtlingen zu helfen, ihre Verwandten zweiten und dritten Grades, also beispielsweise Geschwister, Großeltern oder Onkel und Tanten, die in Griechenland sind, nach Deutschland zu holen. Über den klassischen Familiennachzug können diese Verwandten nicht kommen, denn der gilt nur für nächste Angehörige. Außerdem, so berichtet Sven Weiss, dauere die Prozedur oft sehr lange.

Stattdessen setzt Potsdam-Konvoi auf das sogenannte Relocation-Programm. Über diese EU-weite Aktion sollen die Länder mit besonders vielen Asylsuchenden, insbesondere Griechenland und Italien, entlastet werden, indem die Flüchtlinge umverteilt werden. Deutschland hatte sich 2015 verpflichtet, darüber 27 500 Flüchtlinge aufzunehmen. Doch bisher sind nur etwas mehr als 7000 wirklich in die Bundesrepublik umverteilt worden.

Diese Lücke wollen die Potsdamer Freiwilligen nutzen. „Wenn wir Flüchtlinge mit Angehörigen in Griechenland gefunden haben, planen wir, bei der griechischen Botschaft darum zu bitten, die Familienmitglieder freizugeben, damit sie hierher kommen können“, beschreibt der Stadtverordnete Uwe Fröhlich. Bisher hätten sie nur zwei bis drei Fälle gefunden, doch er ist optimistisch, bis Jahresende noch eine Handvoll mehr aufzutreiben und sie nach Potsdam holen zu können. Im Herbst plant Fröhlich auch Gespräche auf Landesebene, um brandenburgweit betroffenen Familien helfen zu können. Sandra Calvez

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false