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Knödel in Potsdam: Schmarrn und Schmankerl

Zwei Österreicher wollen den Potsdamern zeigen, was ein guter Knödel ist – auf dem Markt am Bassinplatz und bald in Bornstedt.

Potsdam - Gedrückt, nicht gerührt – so wird ein guter Knödel gemacht. Karl-Heinz Kloss, Inhaber des Marktwagens „Alpenschmankerl“, der zurzeit immer wochentags auf dem Bassinplatz steht, macht zur Erklärung die typische Handbewegung. Er legt die Hände wie Halbkugeln aneinander und drückt die imaginäre Teigmasse zu einer Kugel. Vorsichtig. „Man muss später die einzelnen Brotstücke noch erkennen können“, sagt Kloss. „Mit einer Maschine würde alles pampig und beim Kochen viel zu fest.“

Kloss, dessen Name mit einem kurzen O gesprochen wird, hat schon viele Knödel geformt. Der Österreicher ist nach Potsdam gekommen, um den Norden zu missionieren. Zu sensibilisieren für diese Alpenschmankerl. Es scheint zu gelingen. Jedenfalls ist das Fazit, das der Unternehmer nach einem knappen Jahr Potsdam zieht, sehr positiv. „Die Potsdamer haben toll reagiert“ sagt Kloss, sein Knödel-Wagen ist mittlerweile Anlaufpunkt für viele Stammkunden, regelmäßige Mittagsgäste und Laufkundschaft. Kloss und sein Kompagnon Rolf Sterning haben sich jetzt entschieden, länger in Potsdam zu bleiben und sich sogar zu vergrößern. Die etwas ruhigere Wintersaison hat Kloss intensiv fürs Netzwerken genutzt und weiß jetzt, was er will: Wenn der neue Markt auf dem Bornstedter Feld im Frühjahr beginnt, will er dabei sein und zudem die Gastronomie im Volkspark aufmischen – mit seinen Knödeln.

Für den 69-jährigen Hotelbetriebswirt ist das die Zugabe nach einem aufregenden Jetset-Leben. Der Österreicher aus Gmunden im Salzkammergut arbeitete jahrelang für eine große internationale Hotelkette, auf fast allen Kontinenten war er unterwegs. Dann wechselte er ins Kreuzfahrtgeschäft, mehrere Jahre war er auf großen Schiffen unterwegs. Eines Tages hatte er genug vom familienunfreundlichen Reisen und gründete in München eine Veranstaltungsagentur für exklusive Kunden, sattelte später um ins Immobiliengeschäft. Seit 2015 ist er Ruheständler. Arbeiten müsste er nicht mehr. Doch dann traf er auf einem Klassentreffen einen ebenso ruhelosen Freund, seinen jetzigen Partner. „Wir saßen beim Bier und dann kam diese Idee“, sagt Kloss: „Machen wir was zusammen und machen wir was mit Knödeln.“

Dazu sollte es nach Norddeutschland gehen. Den ersten Versuch starteten sie 2016 auf Berliner Weihnachtsmärkten, aber das rechnete sich nicht. Sie probierten den Wochenmarkt in Spandau – auch Fehlanzeige. „Spandau ist eben nicht der gastronomische Nabel der Welt“, habe er sich gedacht. Und: „Das kann’s aber nicht gewesen sein!“

Die Idee, nach Potsdam zu gehen, kam zufällig, beim Blick auf die Karte. Die Stadt kannten sie nicht, er selbst sei einmal hier gewesen, sagt Kloss, kurz nach der Wende, und nur im Park Sanssouci. Nun stellten sie sich mutig auf den Bassinplatz – und die Potsdamer kamen und kommen. Sie kaufen Knödel mit Spinat oder Bergkäse und Sauerkraut, Speckknödel, Knödel mit Rahm-Schwammerl, zwei Stück für fünf Euro. Kloss denkt gar nicht dran, solche landestypischen Begriffe ins Norddeutsche zu übersetzen. „Wer nicht weiß, was das ist, der muss halt fragen, so kommt man ins Gespräch“, sagt der Unternehmer. Zum Nachtisch gibt es süße Varianten oder einen frischen Kaiserschmarrn – noch so ein exotisches Gericht, das Zeit braucht. „Original wird er im Rohr zubereitet“, erklärt der Koch, im Wagen tut es eine Pfanne mit Deckel. Aber schnell geht es nicht, das Gericht, das angeblich der Kaiserin Sissi nicht schmeckte. Doch der Kaiser soll von dem verschmähten Schmarrn begeistert gewesen sein – so lautet eine von vielen Geschichten zur Namensgebung.

Jetzt also geht es noch weiter in den Norden. Kloss ist in der Planungsgruppe für den neuen Wochenmarkt auf dem Boumannplatz. Nach den Osterferien könnte es losgehen, an drei Wochentagen, mindestens. Außerdem möchte er den Bauwagen, der im Volkspark am Wallkreuz steht, übernehmen, mit einem Biergarten und einer kleinen Markthütte ergänzen. Hier soll im Sommer gegrillt werden, auch eine Genusswerkstatt für Kinder, die gerne selber Knödel herstellen wollen, ist denkbar. Vom Wirtschaftsförderungsamt und dem Entwicklungsträger sowie dem Volkspark fühlt er sich bei seinen Plänen gut unterstützt. Er selbst ist gut informiert über das, was in Potsdam passiert: „Ich lese viel Zeitung.“ So erfuhr er auch von der Suche nach einer neuen Nutzung für die Biosphäre. Das wäre eine prima Markthalle, dachte er sofort. Potsdam könnte das vertragen. Aber Parkchefin Dietlind Kornhardt habe ihn gebremst: Die Biosphäre sei ein Politikum, das dauere noch.

Wenn die Potsdamer weiterhin Knödel essen, dann werden er und sein Geschäftspartner hierbleiben. „Die Stadt gefällt mir irrsinnig gut, hier gibt’s viel Wasser und viel Grün.“ Auf Berge könne er mittlerweile verzichten. Nur das Knödelbrot bezieht er weiterhin aus Österreich, palettenweise und schon vorgeschnitten. Gerne hätte er den Potsdamer Bäckern ihr altbackenes abgenommen. Aber das geht meistens zur Tafel oder wird einen Tag später zum halben Preis verkauft. Und so steckt in den Alpenschmankerln tatsächlich stückchenweise viel originales Österreich.

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