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Bagger in Sicht. Anwohner dokumentierten die Arbeiten am Angergrund.

© Privat

Kleingartensparte Angergrund in Babelsberg: An Kleingärten wird gearbeitet - trotz Veränderungssperre

Seit dieser Woche gilt eine Veränderungssperre für die Kleingartensparte Angergrund. Doch Tamax ist trotzdem dort aktiv. Offenbar ist das aber legal.

Potsdam - Bagger, die Teile von Lauben auf Lastwagen laden, Arbeiter, die Pflanzen entfernen: Das beobachteten Anwohner in den letzten Tagen in der Kleingartensparte Angergrund. „Die Männer haben am Mittwoch mindestens zwei große Lkw voll Türen, Fenster und Hinterlassenschaften abtransportiert“, erzählt Sybille, die ihren Nachnamen nicht in der Zeitung lesen will.

Seit Montag gilt für die Kleingartenanlage an der Dieselstraße wie berichtet eine von den Stadtverordneten beschlossene Veränderungssperre – doch die Arbeiten ruhen nicht vollständig. Zudem sei ihr Mann bedroht worden, als er die Arbeiten mit Fotos dokumentierte, berichtet Sybille. Ein Arbeiter habe seinen Ausweis sehen wollen und ihn aufgefordert, Fotos zu löschen. „Er hat meinen Mann verfolgt, immer wieder die Fotos gefordert, das war Nötigung“, sagt die 74-Jährige.

Tamax: Alle Arbeiten erfolgen unter Beachtung der Veränderungssperre

Die Eigentümerin des Geländes, die Berliner Immobilienfirma Tamax lässt über ihren Anwalt Detlef Schulz ausrichten, „alle Arbeiten auf dem Flurstück erfolgen unter Beachtung der Veränderungssperre“. Die Firma hat das Gelände 2014 gekauft und will dort hunderte Wohnungen bauen. Die mutmaßliche Bedrohung lässt Schulz unkommentiert.

In der Tat scheint es, als würde die Firma lediglich den Rechtsrahmen ausreizen: Laut Stadtsprecherin Christine Homann ist die Änderung oder der Abriss von Gebäuden oder Zäunen während der Änderungssperre untersagt. Das bloße Beräumen des Grundstücks, etwa von Türen und Fenstern, sei es dagegen nicht. Pflanzen seien keine bauliche Anlage, so Homann. Am Mittwoch waren zuletzt Mitarbeiter der Bauaufsicht nach Bürgerhinweisen vor Ort. Bei Nichteinhalten der Sperre könne die Stadt einen Abrissstopp und ein Zwangsgeld verhängen. „Verstöße gegen die Veränderungssperre wurden dabei bislang nicht festgestellt“, so Homann.

"Die Stimmung ist ganz schlimm"

Die Gärtner bestätigen das. Es werde abgeholzt, beräumt, aber weitere Abrissarbeiten hätten sie nicht beobachtet. Aber: „Die Stimmung ist ganz schlimm. Wenn die Kleingärtner sehen, wie ihr Hab und Gut kurz und klein geschlagen wird, dann herrschen Trauer, Wut und Enttäuschung“, sagt Andreas Fischer, Vorsitzender des Kleingartenvereins. „Es ist so schlimm, wenn unsere Gärten von Grün befreit werden“, erklärt Marek Morgenstern, ebenfalls im Vorstand des Vereins. „Das ist Schikane hoch zehn.“

Bei einem Vororttermin am Donnerstag sei deutlich geworden, dass es weitere Abrissarbeiten gegeben habe – er habe das nun auch der Bauaufsicht angezeigt. Zudem berichtet Morgenstern von Plünderungen. „Fremde sind in meinen Garten eingedrungen und haben zwei große Rhododendren geklaut“, sagt er. „Manche sehen die Sparte als Freiwild.“

Anzeige gegen Tamax läuft

Indes wurde anonym Anzeige bei der Staatsanwaltschaft gegen die Tamax erhoben. Diese liegt den PNN vor. Der Vorwurf: Beim Abriss der Lauben vor der Veränderungssperre habe die Firma in Kauf genommen, dass verbauter Asbest und damit „möglicherweise hoch gefährliche und gesundheitsgefährdende Stoffe“ freigesetzt werden. Die Staatsanwaltschaft hat den Eingang bisher nicht bestätigt.

Ein kleiner Teil der Sparte mit sechs Parzellen liegt außerhalb des Tamax-Flurstücks, das wollen die Gärtner halten und den Verein weiterführen. Doch sie hegen nicht mehr viele Hoffnungen. Baubeigeordneter Bernd Rubelt (parteilos) sagte den PNN, er hoffe weiter auf Verhandlungen mit der Eigentümerin und einen Kompromiss. „Wir haben den klaren politischen Auftrag, die Fläche der Sparte Angergrund als Kleingarten zu sichern“, so Rubelt. „Dazu werden wir alle Instrumente einsetzen, die das Baugesetzbuch ermöglicht.“

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