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Städtisch? Die Stadt will wieder selbst einige Kindergärten betreiben – und prüft, ob sie dafür das nötige Know-how hat.

© Andreas Klaer

Kitas in Potsdam: Rathaus will wieder selbst Kitas betreiben

Nach Privatisierungswelle vor mehr als 15 Jahren will die Stadt wieder Kindergärten managen.

Bei der Kita-Betreuung steht Potsdam vor einem Paradigmenwechsel: Nach der Privatisierung aller Kitas um die Jahrtausendwende überlegt die Stadtverwaltung nun, wie sie wieder selbst als Betreiberin von Kitas aktiv werden kann. Das teilte Sozialdezernent Mike Schubert (SPD) am Freitag in einer Presseerklärung mit.

Kurz zuvor hatte Schubert die Pläne auch im Jugendhilfeausschuss skizziert. Er sei sich mit Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) einig, dass bis Jahresende untersucht werden soll, ob zunächst eine der noch zu errichtenden Kitas in Potsdam vom Rathaus betrieben werden kann. „Dazu werden wir einen Vorschlag für die Stadtverordnetenversammlung vorlegen“, so Schubert. Das Vorgehen berge Chancen, aber auch Risiken.

Allerdings machte Schubert in der Mitteilung deutlich, dass für ihn die Vorteile offensichtlich überwiegen: „Wenn wir eine eigene Kita betreiben, haben wir laut Gesetz auch Satzungsrecht – und die Kitaträger können sich diese Satzung zu eigen machen und als Grundlage für die Betreuungsverträge mit den Eltern nehmen. Das macht vieles einfacher“, so Schubert.

Stadt will Verantworung für flexible und schnelle Kitaschaffung mit übernehmen

Damit steuert die Stadt im Kita-Bereich um, wenn auch zunächst in begrenztem Umfang. Um die Jahrtausendwende herum und noch einige Jahre länger hatte die Stadt Potsdam unter Jakobs als damaligen Chef des Sozialbereichs ihre einst fast ausnahmslos kommunalen Einrichtungen privatisiert und an freie Sozialträger vergeben. Hintergrund waren unter anderem finanzielle Erwägungen, weil einigen Einrichtungen mangels ausreichender Belegung die Schließung drohte. Das Personal wurde in der Folge an die Träger überführt, musste teils auch später entlassen werden. Ebenso konnte die Stadt in dem Prozess zahlreiche Grundstücke verkaufen. Zudem wollte man mehr Vielfalt und Expertise in der Betreiberlandschaft, was auch jetzt noch als Ziel ausgegeben ist.

Die Lage ist nun anders als vor knapp 20 Jahren: Die Einwohner- und Kinderzahlen in Potsdam steigen rasant, allein in den nächsten Jahren sind acht neue Kitas geplant, vor allem im Norden. Schubert erklärte, in der Situation müsse sich das Rathaus der Verantwortung stellen, in einer wachsenden Stadt „schnell und flexibel neue Kitas zu schaffen“ – „das können wir nicht allein von freien Trägern verlangen“, so Schubert, der auch Oberbürgermeisterkandidat seiner Partei ist. Erwogen wird nach PNN-Informationen unter anderem, ob zum Beispiel städtische Kitas für kommunale Unternehmen wie die Immobilienholding Pro Potsdam sinnvoll sein können. Ebenso ein Aspekt ist, ob die Stadt das Know-how für den Betrieb einer Kita hat – etwa bei der Personalsuche.

Mit dem Vorstoß übernimmt Schubert auch Forderungen der Linken-Opposition im Rathaus, die sich schon seit Jahren dafür stark machen, dass Potsdam wieder eigene Kitas betreibt. Eine Debatte zu dem Thema gab es in der Ausschusssitzung allerdings nicht – dort wurde vor allem die geplante Senkung der Kita-Gebühren in Potsdam debattiert und letztlich ohne Gegenstimmen angenommen. Damit scheint die Abstimmung darüber in der Sondersitzung der Stadtverordneten am kommenden Mittwoch nur noch eine Formsache, nachdem auch der Finanzausschuss schon grünes Licht gegeben hatte.

Nach dem finalen Beschluss will die Stadt alle 120 Kitas und ihre Träger anschreiben – und hofft, dass diese alle die Empfehlungen der Stadt übernehmen. „Wir wollen dies so“, machte Sabine Frenkler von der Arbeiterwohlfahrt als größtem Kita-Träger der Stadt im Ausschuss deutlich. Es dürfe nicht so sein, dass sich nur Besserverdienende neue oder frisch sanierte Kitas leisten könnten.

Politische Unklarheit über Rückerstattung von Gebühren

Mit der Senkung werden ab dem August wesentliche Elemente der Kitabeitragserhöhung aus dem Jahr 2016 zurückgenommen. Dass diese Beiträge zu hoch kalkuliert waren, hatten Elternvertreter vor mehr als einem halben Jahr mittels Akteneinsicht herausgefunden. Damals wurde festgelegt, dass der höchste Beitragssatz ab einem Familienbrutto-Einkommen von 150 000 Euro zu zahlen ist. Diese Deckelung sinkt nun auf ein Familienbrutto von 92 000 Euro. Dadurch profitieren vor allem Familien mit höheren Einkommen. Der bisherige Höchstbetrag von 584 Euro im Monat sinkt auf 298 Euro. Weniger deutlich sinken die Beiträge beispielsweise für Eltern, die auf 60 000 Euro Jahresverdienst kommen – bei zehn Stunden Kindergartenbetreuung werden künftig pro Monat 68 Euro weniger fällig. Politisch strittig ist noch, ob und wie die Rückerstattung zu hoch kalkulierter Beiträge vonstatten gehen soll. Frenkler von der Awo sagte, man könnte aus den neuen Beiträgen auch die Rückerstattung für die zu hoch angesetzten Gebühren ableiten.

Die Stadt kostet die Senkung 4,5 Millionen Euro mehr pro Jahr – weswegen auf SPD-Initiative auch eine Klage gegen das von der rot-roten Landesregierung geänderte Kita-Gesetz erwogen wird, um eine insgesamt stärkere finanzielle Beteiligung des Landes für die Kinderbetreuung zu erreichen. In dem Gesetz ist auch die ab August landesweit geltende Beitragsfreiheit für das letzte Kitajahr geregelt.

CDU/ANW-Fraktionschef Matthias Finken betonte, die Stadtverordneten müssten bei der Festlegung der Elternbeiträge in Zukunft mehr Ermessensspielraum erhalten. Schubert zeigte sich offen, für mehrere Parameter wie die soziale Staffelung der Beiträge im Vorfeld einen Grundsatzbeschluss zu fassen. Auch ein CDU-Antrag für mehr Mitwirkungsrechte des Stadtparlaments wurde beschlossen.

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