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Die Zahl der Kinder in Potsdamer Kitas ist laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung weiterhin viel zu hoch.

© G. Wendt/dpa

Kitas in Potsdam: Potsdams Kita-Betreuung bleibt schlecht

Zu viele Kinder für zu wenige Erzieher: Kitas in Potsdam haben einen deutlich schlechteren Betreuungsschlüssel als andere Einrichtungen in Brandenburg. Doch daran soll sich etwas ändern.

Potsdam - Zu Beginn des Kita-Jahres am 1. September wird sich die Betreuung von Kindern in den Potsdamer Einrichtungen kaum verbessern. Wie aus einer aktuellen Bertelsmann-Studie hervorgeht, ist in der Landeshauptstadt bei Krippenkindern rein rechnerisch eine Erzieherin für 7,1 Kinder zuständig, bei den Überdreijährigen für 12,2 Kinder. Gesetzlich gefordert ist ein Betreuungsschlüssel von eins zu sechs bei den Krippen- und eins zu zwölf bei den Kitakindern. Damit stehe Potsdam weiterhin schlechter da als der Landesdurchschnitt, sagte Kathrin Bock-Famulla von der Bertelsmann-Stiftung den PNN.

Eltern in Potsdam arbeiten lange und müssen oft pendeln

Bock-Famulla führte dies auf die besondere Situation der Eltern in Potsdam zurück. So gebe es viele Väter und Mütter, die beispielsweise nach Berlin zur Arbeit pendelten und sich daher sehr lange nicht um die Kinder kümmern könnten. Dies sei bei der Finanzierung der Kitas aber nicht berücksichtigt. Demnach gibt es derzeit Zuschüsse vom Land für zwei festgesetzte Betreuungszeiten. Dies sind entweder sechs Stunden oder mehr, wobei aber nicht mehr die tatsächlich geleistete Betreuungszeit berücksichtigt wird. Sind Eltern zehn Stunden am Arbeitsplatz, müssen die Kitas entsprechend mehr Personal einsetzen, bekommen aber nur den Satz für mehr als sechs Stunden erstattet. Der Rest wird nicht berücksichtigt. Hier müsse sich etwas ändern, sagte Bock-Famulla. Sie schlug vor, eine weitere Stufe ab acht Stunden Abwesenheit einzubauen. „Das ist aber eine politische Entscheidung.“ Die Stadtverwaltung erklärte, dass dies für Potsdam allein „nicht zu schultern“ sei. Dies könne nur mit dem Land Brandenburg gemeinsam umgesetzt werden, teilte der Fachbereichsleiter Kinder, Jugend und Familie, Reinhold Tölke, mit.

Qualitätsproblem an den Kitas

Wie berichtet hat Potsdam bei der Kitabetreuung schon länger ein Qualitätsproblem. Rechnerisch muss nach Abzug etwa von Krankheitszeiten oder für die Vor- und Nachbereitung der pädagogischen Arbeit jeder Krippenerzieher in der Landeshauptstadt zehn Kinder betreuen. Bei den ab dreijährigen Kitakindern sei de facto jede Erzieherin sogar für knapp 17 statt wie gesetzlich erlaubt für zwölf Kinder zuständig, so der Bertelsmann-Befund.

Eine leichtere Besserung gibt es immerhin: Ohne die Ausfallzeiten kommen auf einen Erzieher aktuell 7,1 Kinder unter drei Jahren, wie aus Daten der Bertelsmann-Stiftung unter Berufung auf Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe hervorgeht. Bislang waren es 7,2 Kinder. Bei den Älteren zwischen drei und sechs Jahren liegt die Quote bei eins zu 12,2. Ohnehin fordert die Bertelsmann-Stiftung wesentlich bessere Betreuung als gesetzlich vorgegeben. So müsste demnach Schlüssel bei eins zu drei Kleinkindern und 7,5 Kindern ab drei Jahren liegen.

Es gibt noch freie Kita-Plätze

Derzeit gibt es in den Potsdamer Kitas 15 801 Plätze. Nicht alle sind zu Beginn des Kita-Jahres schon besetzt. So zeigte das entsprechende Infoportal der Landeshauptstadt unter www.potsdam.de am Montag 45 Kitas auf, die noch ein Kind aufnehmen würden. Tipps und Beratung für Eltern gibt es auch unter dem städtischen Angebot Kita-Tipp. Im kommenden Jahr soll die Zahl der Plätze weiter erhöht werden, teilte Stadtsprecher Jan Brunzlow mit. Er wollte mit Verweis auf eine geplante Pressekonferenz am 3. September keine weiteren Details nennen. Aktuell gibt es 116 Einrichtungen bei 48 Trägern in der Landeshauptstadt.

Auch die Träger fordern dringend Verbesserungen bei der Betreuung. Zwar sei hier das Land in erster Linie zuständig, sagte Bettina Stobbe von der Paritätischen Kindertagesstätten gGmbH, die etwa die Kita Sonnenschein im Zentrum Ost betreut. Dennoch könne auch die Stadt „darüber durchaus nachdenken, ob sie eigenen Ansprüchen gerecht wird.“

Personal in Brandenburg wird aufgestockt

Die rot-rote Landesregierung will zwar den Personalschlüssel landesweit erhöhen: 420 Erzieherstellen im Krippenbereich sollen noch in diesem Jahr zusätzlich geschaffen werden, 500 kommen 2016 für die Drei- bis Sechsjährigen hinzu. Davon wird auch Potsdam profitieren. Dem Brandenburger Bildungsministerium zufolge wird die Stadt in diesem Jahr rund 853 000 Euro erhalten. Ministeriumssprecher Florian Engels zufolge sind diese Zahlen noch nicht im aktuellen Bertelsmann-Monitor berücksichtigt.

Bildungsminister Günter Baaske (SPD) betonte, dass die Qualität in den Kitas jedenfalls weiter verbessert werden müsse. „Das ist mir wichtiger als ein Versprechen an die Eltern auf Beitragsfreiheit“, sagte er mit Blick auf einen entsprechenden Vorschlag von Linke-Finanzminister Christian Görke. Hintergrund ist das Urteil des Bundesverfassungsgerichts von Mitte Juli, wonach das Betreuungsgeld verfassungswidrig ist. Das eingeplante Geld kann nun anders verteilt werden.

Und auch bei dem kostenlosen KitaJahr ist Potsdam allein überfordert. 2,1 Millionen Euro würde laut Fachbereichsleiter für Kinder, Jugend und Familie Tölke, ein beitragsfreies Kita-Jahr kosten. Zuviel für die Stadt.

Stefan Engelbrecht

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