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Rund 200 Eltern und Kinder demonstrierten vor dem Stadthaus für eine Rückerstattung der zuviel kassierten Kita-Elternbeiträge.

© Andreas Klaer

Kitas in Potsdam: Potsdam senkt die Kitabeiträge ab August

Potsdams Stadtverordnete beschließen eine neue Beitragsordnung. Über Form und Höhe der Rückzahlung bisher zu viel kassierter Elternbeiträge wird unterdessen erst später entschieden.

Potsdam - Die Kitagebühren für tausende Familien in Potsdam werden ab August gesenkt. Das haben die Stadtverordneten am Mittwochabend beschlossen. Dafür stimmten SPD, CDU/ANW und zahlreiche Linke. Der Rest der Stadtverordneten enthielt sich der Stimme, unter anderem wegen rechtlichen und prinzipiellen Zweifeln. Damit gebe es nun einen Orientierungsrahmen für deutlich geringere Beiträge, sagte Sozialdezernent Mike Schubert (SPD). Die meisten der in Potsdam tätigen Träger von mehr als 120 Kitas hätten zugesagt, dass sie diese Beitragsordnung anerkennen würden. Das neue Regelwerk ist nötig, weil die Stadt über Jahre hinweg von Eltern zu hohe Beiträge kassiert hat. Demnach werden nun vor allem Besserverdienende entlastet.  Mit dem Planwerk werden jetzt wesentliche Elemente der Kita-Beitragserhöhung aus dem Jahr 2016 zurückgenommen. Damals wurde festgelegt, dass der höchste Beitragssatz ab einem Familien-Bruttoeinkommen von 150 000 Euro zu zahlen ist. Diese Beitragsdeckelung sinkt nun auf ein Familienbrutto von 92.000 Euro. 

Familien, die weniger als 22000 Euro im Jahr verdienen, zahlen weiter nicht für die Kita

Dadurch profitieren vor allem Familien mit höheren Einkommen. Der bisherige Höchstbetrag von 584 Euro im Monat bei zehn Stunden Krippenbetreuung sinkt auf 298 Euro. Das ist ein Minus von 286 Euro, für ein Jahr wären das 3400 Euro. Weniger Entlastung soll es bei geringeren Familieneinkommen geben. So waren bei 60000 Euro Bruttoeinkommen für zehn Stunden Betreuung im Kindergarten bisher 211 Euro pro Monat fällig. Künftig sind es 143 Euro, also 68 Euro weniger – was über das Jahr gerechnet 800 Euro mehr in der Haushaltskasse bedeutet. Wenn Familien weniger als 22 000 Euro pro Jahr verdienen, zahlen sie weiterhin nichts für die Kitabetreuung.

Die Stadt zahlt 4,5 Millionen Euro mehr jährlich für die Kitabetreuung

Die Entlastung der Eltern kostet die Stadt Potsdam rund 4,5 Millionen Euro pro Jahr. Sie zahlt diesem Jahr 111,8 Millionen Euro für die Betreuung von rund 17000 Kindern in 120 Krippen, Kindergärten und Horten, im nächsten Jahr wegen des anhaltenden Wachstums der Stadt sogar 116 Millionen.
Seit Monaten wird in Potsdam, aber auch anderen Kommunen in Brandenburg wegen zu hoch angesetzter Kitagebühren debattiert. Mehrere Gemeinden haben bereits gerichtliche Niederlagen einstecken müsssen.
Um die Rückzahlung gibt es weiter Streit - auch nach der Ankündigung der Stadtspitze für eine freiwillige Rückzahlung zu hoch angesetzter Kitabeiträge. Der Linke-Fraktionvize Stefan Wollenberg sprach am Mittwoch von einer überfälligen Ankündigung: „Zu viel gezahlte Beiträge müssen zurückgezahlt werden, schon allein um das verlorengegangene Vertrauen in die Rechtskonformität von Satzungen, in politisches und in Verwaltungshandeln wenigstens in Ansätzen zurück zu gewinnen.“ 

Wie berichtet hatte die Stadt für die Rückzahlung fünf unterschiedlich teure Alternativen angekündigt, deren genaue Ausgestaltung bis Herbst feststehen soll. Die Linke plädiere für die Variante, „nach der die seit Anfang 2016 unrechtmäßig einbezogenen Personalkostenzuschüsse herausgerechnet und die Differenz an die Eltern zurückgezahlt wird“. Eine nachträgliche Veränderung der Staffelung und der Einkommensgrenzen sei nicht vermittelbar, sagte Wollenberg und forderte eine Entscheidung spätestens im September.

Das Rathaus muss jetzt darlegen, was die Rückerstattung zu hoher Elternbeiträge kostet

Hingegen kritisierte die CDU den Vorschlag aus dem Rathaus. So habe die Stadt ein „Bündel undurchsichtiger und unvollendeter Vorschläge“ vorgelegt, erklärte Kreischef Steeven Bretz. Es handele sich um den offensichtlichen Versuch der amtierenden Stadtspitze, den Sozialbeigeordneten und Oberbürgermeisterkandidaten Mike Schubert (SPD) „als Schlichter zu inszenieren“, so Bretz. Allerdings hatte die CDU selbst einen fraktionsübergreifenden Antrag mitgetragen, wonach das Rathaus darstellen soll, ob ein Rechtsanspruch auf Rückerstattungen besteht und welche finanziellen Auswirkungen durch verschiedene Varianten entstehen könnten. Diese Forderung werde nun umgesetzt, sagte Stadtsprecher Jan Brunzlow. Zudem beschlossen die Stadtverordneten diesen Antrag mit großer Mehrheit. Zudem kritisierte Breetz unter Verweis auf einen rbb-Beitrag vom März, dass Schubert bereits damals Rückzahlungen bis zum Sommer in Aussicht gestellt habe. Wollenberg sagte dagegen, einige Stadtverordnete und Fraktionen – gerade die CDU – hätten leider zwischenzeitlich den Grundkonsens zur Notwendigkeit einer Rückzahlung verlassen– sonst hätte man die politische Entscheidung dazu schon jetzt treffen können.

200 Eltern demonstrierten zur Sondersitzung vor dem Stadthaus

Unterdessen demonstrierten am Mittwoch ab 17.45 Uhr rund 200 Eltern und Kinder vor dem Stadthaus und forderten eine Rückzahlung aller „unrechtmäßig zu viel gezahlten Elternbeiträge“ – und zwar ohne jedes Antragsverfahren. Zudem müsse das Rathaus aufklären, wer für die Fehler der Vergangenheit in der Verwaltung verantwortlich sei. Hier müsse es Konsequenzen geben.
Die Senkung der Elternbeiträge letztlich ausgelöst hat der Kita-Elternbeirat, der im vergangenen Herbst bei einer Akteneinsicht auf die zu hoch angesetzten Beiträge gestoßen waren. Die unter der früheren Sozialdezernentin Elona Müller-Preinesberger (parteilos) kalkulierte Satzung hatten die Stadtverordneten 2015 genehmigt, auch der heutige Dezernent Schubert hatte damals als SPD-Fraktionschef zugestimmt – mit dem Zusatz, dass die Gebühren bis 2020 nicht mehr erhöht werden sollen.

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