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Kinderbetreuung in Potsdam: Mehr Geld für mehr Erzieher

Mit viereinhalb Millionen Euro will die Stadt Potsdam ab Januar für eine „spürbare Verbesserung“ in den Kitas sorgen - die Zuschüsse reichen laut Experten bei Weitem nicht aus.

Potsdam - Ab Januar 2018 soll es eine „spürbare Verbesserung“ des Betreuungsschlüssels in den unterbesetzten Potsdamer Kitas geben. Das kündigte die Stadtverwaltung am gestrigen Freitag in einer Mitteilung an. „Wir wollen jetzt zügig eine Lösung für Kinder, Eltern sowie Personal“, sagte Jugenddezernent Mike Schubert (SPD). Bereits vergangene Woche hatte Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) für das kommende Jahr drei Millionen Euro zusätzliche Mittel für die Kitabetreuung zugesagt.

Schubert kündigte an, er wolle in der Stadtverordnetenversammlung Anfang November eine Richtlinie vorlegen, „damit die bessere Betreuung in den Tagesrandzeiten ab Januar 2018 umgesetzt werden kann“. Eben diese Zeiten sind es, die schon seit Jahren für Streit sorgen. Bisher zahlt das Land Brandenburg eine Mindestpauschale für sechs Stunden Betreuung am Tag – doch werden 40 Prozent der Potsdamer Kinder acht bis zehn Stunden täglich betreut. Um zu klären, wer für das zusätzlich nötige Personal zahlen muss, Stadt oder Land, hatte die Stadt Anfang des Jahres auf Initiative der Linken ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben.

Gutachter: Zuschüsse des Landes reichen „bei Weitem" nicht aus

Das liegt der Stadt nun nach einiger Verzögerung vor. Jakobs sagte Mitte vergangener Woche vor den Stadtverordneten, laut den Gutachtern reichten die vom Land gewährten Zuschüsse an die Stadt „bei Weitem“ nicht aus. Kritisiert werde in dem Gutachten auch die „ungerechtfertigte Pauschalierung“ der Landeszuschüsse. Jakobs kündigte daraufhin, zusätzlich zu den bereits beschlossenen eineinhalb Millionen Euro für die Kitas, weitere Mittel in Höhe von drei Millionen Euro an. Diese werden im Etat des Schubert-Geschäftsbereichs für Soziales eingeplant. Die Stadt geht damit in Vorleistung. Gespräche mit Brandenburg sollen klären, ob das Land diese Kosten zurückerstatten kann. Jakobs hatte vor den Stadtverordneten gesagt, auch eine Klage sei möglich. In der Pressemitteilung vom gestrigen Freitag wird nun betont, die Landeshauptstadt werde „unabhängig vom Ergebnis mit dem Land mit dem Doppelhaushalt 2018/19 Vorkehrungen treffen, um den hohen Betreuungsumfang sicherstellen zu können“. So werde die rechtliche und politische Bewertung des Kita-Gutachtens von der schnellen Verbesserung der Situation in den Kitas abgekoppelt.

Mit den zusätzlichen Mitteln sollen nun jene Erzieherstellen geschaffen werden, die bisher fehlten, um die Betreuungssituation in den Potsdamer Kitas zu verbessern. Erst im August hatte wieder eine Bertelsmann-Studie, das „Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme“, gezeigt, dass in der Stadt die Zahl der betreuten Kinder pro Erzieher nach wie vor überdurchschnittlich hoch ist. In den Krippen kümmert sich demnach jeder Erzieher um sechseinhalb Kinder unter drei Jahren. Im Land Brandenburg waren es durchschnittlich 6,1, der Bundesschnitt liegt bei 4,3. Bei drei bis sechs Jahre alten Kindern lag der Schlüssel in Potsdam bei 11,1, der Bundesschnitt bei 9,2.

„Die Kinder bekommen so endlich, was ihnen zusteht“

Insgesamt gibt es in Potsdam 119 privat betriebene Kitas sowie 13 weitere Betreuungsangebote. Die Gesamtkosten betragen in diesem Jahr 105 Millionen Euro. 57 Millionen davon trägt die Stadt, 30 Millionen das Land, weitere 18 Millionen Euro kommen durch die Elternbeiträge zustande. Durch die viereinhalb Millionen Euro zusätzlich könnten rechnerisch 120 Erzieherstellen geschaffen werden.

Sowohl die Kitaträger als auch die Eltern begrüßen die zusätzlichen Mittel ausdrücklich. „Die Kinder bekommen so endlich, was ihnen zusteht“, sagte Angela Schweers, Vorstandsvorsitzende der Arbeiterwohlfahrt (Awo), die 24 Kitas in Potsdam betreibt. Ein jahrelanger Kampf sei es gewesen, so Schweers, jetzt würden die richtigen Konsequenzen gezogen. Sie sei optimistisch, dass sie trotz der angespannten Lage auf dem Erziehermarkt – Stichwort Fachkräftemangel – rechtzeitig genug qualifiziertes Personal finden werde. Ihr Argument: Durch die verbesserte Betreuungsrelation sei der Job nicht mehr ganz so stressig, machbarer und damit auch attraktiver für Bewerber. Zudem bildet die Awo auch selbst Erzieher aus.

Auch Stefan Spieker, Chef der Fröbel-Gruppe, hatte die städtischen Pläne gelobt und als „Zeichen für eine familienfreundliche Politik“ gewertet. Wiebke Kahl vom Kita-Elternbeirat kommentierte das zusätzliche Geld mit den Worten: „Das finde ich gut.“ Sie habe lang genug dafür gekämpft – unter anderem durch das Sammeln von 8000 Unterschriften für eine bessere Betreuung. Nur beim Thema Personalbeschaffung sähen sie und die anderen Elternvertreter „ein großes Fragezeichen“. Denn: „Erzieher kann man schließlich nicht backen.“

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