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Kinderbetreuung in Potsdam: Brandbrief wegen zu hoher Kita-Gebühren

Mit bohrenden Fragen hat sich nun die wohl bekannteste Elternvertreterin der Stadt, Wiebke Kahl, persönlich an die Stadtverordneten gewandt – und erhebt schwere Vorwürfe. Ihr Schreiben an die Fraktionen im Stadtparlament liegt den PNN vor.

Potsdam - Im Skandal um die vom Rathaus zu hoch angesetzten Kita-Beiträge verschärft sich der Ton. Mit bohrenden Fragen hat sich nun die wohl bekannteste Elternvertreterin der Stadt, Wiebke Kahl, persönlich an die Stadtverordneten gewandt – und erhebt schwere Vorwürfe. Ihr Schreiben an die Fraktionen im Stadtparlament liegt den PNN vor.

Kahl hatte mit dem Kita-Elternbeirat nach einer Akteneinsicht im vergangenen Jahr überhaupt erst die falsch berechneten Kitabeiträge ans Licht gebracht. Dies habe sie nur gegen Widerstände im Rathaus durchsetzen können, macht sie nun deutlich. Zudem fragt sie: „Wer in der Stadtverwaltung trägt die Verantwortung für die vorsätzliche Entscheidung, höhere Elternbeiträge als gesetzlich zulässig zu ermitteln?“ Wie berichtet hatte die Stadt über Jahre hinweg sogenannte Personalkostenzuschüsse, die sie laut Kita-Gesetz selbst übernehmen muss, auf die Eltern umgelegt – was die Beiträge verteuerte. In der Akteneinsicht habe sich gezeigt, dass damals auch die für Eltern billigere Variante kalkuliert worden sei, schreibt Kahl unter Verweis auf Seitenzahlen der Akte. Daher müsse „von einer bewussten Entscheidung der Verwaltung zuungunsten der Eltern und zugunsten des Potsdamer Haushaltes“ ausgegangen werden. „Wer hat dieses Vorgehen verwaltungsintern genehmigt?“, fragt Kahl. Bis heute habe es von niemandem eine Geste der Entschuldigung an die Potsdamer Eltern gegeben.

Keine Kalkulation zur Beitragserhöhung 2016

Gleichwohl hatte Sozialdezernent Mike Schubert (SPD) die prinzipiellen Fehler schon vor einem halben Jahr eingeräumt. Zudem wies das Rathaus am Donnerstag auf PNN-Anfrage den Vorwurf zurück, man habe die Akteneinsicht verzögert – allerdings habe man dafür das Einvernehmen mit den Kita-Trägern herstellen müssen. Zugleich sagte Stadtsprecher Jan Brunzlow, oberste Priorität habe eine gesetzeskonforme Elternbeitragssatzung, woran man „mit Hochdruck“ arbeite. Anschließend erfolge die Aufarbeitung, also das Klären der Schuldfrage.

Klar ist aber schon: Die Bemessung der Kitabeiträge fiel in die Amtszeit von Schuberts Vorgängerin Elona Müller-Preinesberger (parteilos). Alle Entscheidungen wurden aber auch von Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) mitgetragen und von den Stadtverordneten genehmigt – obwohl ihnen bei der vergangenen Kita-Beitragserhöhung 2016 nicht einmal eine Kalkulation vorlag, wie Kahl in dem Schreiben ernüchtert feststellt.

Für besserverdienende Eltern könnten sich vierstellige Beträge summieren

Wie berichtet hatte sich diese Woche auch der Kita-Elternbeirat mit einer Forderungsliste zu Wort gemeldet und notfalls mit juristischen Auseinandersetzungen gedroht. Unter anderem fordern die Elternvertreter, dass die Stadt zu viel gezahlte Elternbeiträge rückwirkend seit 2014 erstatten müsse. Außerdem dürften die Kosten für die Kita-Gebäude nicht auf die Eltern umgelegt werden – diese müsse nach dem Gesetz die Gemeinde tragen. Der städtische Haushalt könne kein Maßstab dafür sein, ob Gesetze einzuhalten seien.

Zudem müssten die Eltern aktiv über ihre Ansprüche informiert werden. Bisher sei vorgesehen, dass Betroffene einen Antrag über eine noch nicht eingerichtete Service-Stelle im Rathaus stellen müssen. Unklar ist auch, ab wann die Anträge gestellt werden können und um wie viel Geld es genau pro Kind geht. Allerdings könnten sich gerade bei besserverdienenden Eltern vierstellige Beträge summieren, hatten Simulationen ergeben.

Linke OB-Kandidatin Trauth unterstützt Anliegen der Eltern

Unterstützung für die Eltern aus der Politik kommt von den Linken. Deren parteilose Oberbürgermeisterkandidatin Martina Trauth teilte mit, die Eltern hätten ein Recht auf Klarheit – die Stadt habe jahrelang einen rechtswidrigen Zustand geduldet. Der CDU-Kreischef und Landtagsabgeordnete Steeven Bretz griff wiederum Schubert direkt an. Es gelinge Schubert offenbar nicht, die Eltern einzubinden und notwendige Antworten zu geben, kritisiert Bretz. Zudem stellte Bretz eine Anfrage an die Landesregierung, ob Kommunen nun tatsächlich die strittigen Immobilienkosten auf die Eltern umlegen dürfen.

Die nächste Krisensitzung zum Thema, auch mit den Eltern, findet am kommenden Dienstag statt. Die Zeit drängt: So muss noch vor dem Beginn des neuen Kitajahres im August eine neue Beitragssatzung vorliegen, damit es für das neue Kitajahr eine Berechnungsgrundlage der Elternbeiträge gibt. Das müssen die Stadtverordneten aber noch beschließen. Doch deren letzte Sitzung ist bereits am 6. Juni – womöglich muss es also eine Sondersitzung des Stadtparlaments geben. Als zusätzliche Schwierigkeit kommt das kurzfristig aufgelegte neue Kita-Gesetz des Landes hinzu, das kostenlose Beiträge für jedes letzte Kita-Jahr vorsieht – wobei die Kommunen zu stark in Vorleistung gehen müssten, wie sie bereits kritisiert hatten.

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