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Die Zahl der Maskenmuffel in Potsdam nimmt zu. Bußgelder lehnt die Landesregierung aber ab. 

© Ottmar Winter

Keine Rücksicht, keine Sanktion: Debatte über Bußgelder für Maskenmuffel

Potsdamer streiten über Bußgelder für Maskenmuffel wie in Berlin. Die Landesregierung lehnt sie ab. Auch die Opposition möchte keine Strafen verhängen.

Unter das Kinn geklemmt, am Ohr baumelnd oder nur über den Mund gezogen, nicht aber über die Nase – es gibt viele Varianten, die Masken gegen die Ausbreitung des Coronavirus zu tragen, ohne dass es hilfreich ist. Einige sind da konsequenter und lassen sie gleich ganz weg. Leser berichteten den PNN von größeren Gruppen, die sich im Park Babelsberg ohne Mindestabstände und Masken getroffen haben

Dort kam am Samstag sogar die Polizei zum Einsatz, weil sich mehr als 300 Menschen versammelt hatten. Auch zum Weinfest auf dem Luisenplatz kamen viele Besucher, einige saßen dicht an dicht und maskenlos beisammen. In den vergangenen Wochen konnte man den Eindruck gewinnen, dass es immer mehr Maskenmuffel gibt – auch wenn sich die Mehrheit noch an die Maskenpflicht in Bussen, Bahnen, Geschäften und Innenräumen hält.

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Berlin hatte deswegen wie berichtet kürzlich explizit Bußgelder für einen Verstoß gegen die Maskenpflicht in seine aktuelle Eindämmungsverordnung aufgenommen – zumal dort auch die Zahl der Neuinfektionen wieder gestiegen war. 50 bis 500 Euro können nun für notorische Textilverweigerer fällig werden. Der Haken an der Sache ist allerdings, dass Maskenpflicht kaum kontrolliert wird. Ganze fünf Doppelstreifen aus Polizei und BVG-Personal sind in den Bussen und Bahnen unterwegs. Die Deutsche Bahn, zu der auch die Berliner S-Bahn gehört, sieht sich als „nicht befugt staatliche Vorschriften zu sanktionieren“ und die auf den Bahnhöfen patrouillierende Bundespolizei will in der S-Bahn nicht kontrollieren. 

Ein Drittel der Leser gegen Maskenpflicht

Unter den PNN-Lesern sorgt das Thema für Diskussionen. Am Montag erreichten mehr als ein Dutzend Mails dazu die Redaktion. Ungefähr ein Drittel lehnt Bußgelder ab und ist ohnehin gegen die Maskenpflicht. Mehrere halten die Maßnahmen für übertrieben oder die Coronapandemie selbst für eine Verschwörung. Die anderen zwei Drittel sehen die Pandemie weiterhin als gefährlich an und wünschen sich auch Bußgelder und Kontrollen, um die Maskenpflicht auch durchzusetzen. „Ich selbst bin schwerwiegend chronisch krank und habe kein Verständnis für die Maskenmuffel“, so eine Leserin. „Wen der eigene oder der Schutz Anderer nicht interessiert, der sollte als ultima ratio zur Kasse gebeten werden“, schrieb ein anderer Leser. 

Doch für Potsdam wird es wohl vorerst keine solche Bußgeldvorschrift geben. Jedenfalls nicht, wenn es nach der Landesregierung geht. In der geltenen Umgangsverordnung heißt es zwar, dass alle Personen ab sechs Jahren eine Mund-Nasen-Abdeckung in Geschäften und im öffentlichen Nahverkehr zu tragen haben. Aber genau diese Vorschrift taucht im Kapitel zu möglichen Bußgeldern nicht auf. Das wird auch so bleiben: „Die Landesregierung setzt auf das Verantwortungsbewusstsein der Bevölkerung“, teilte das Gesundheitsministerium auf PNN-Anfrage zum Thema Maskenpflicht am Montag mit. Das Prinzip Hoffnung also. 

Theoretisch könnte die Landeshauptstadt auch einen Alleingang wagen. Die Umgangsverordnung lässt es zu, dass Kommunen über die Verordnung des Landes hinausgehende Schutzmaßnahmen treffen, wenn dies „aufgrund eines regionalen oder lokalen Infektionsgeschehens“ notwendig ist. Bisher ist das allerdings nicht zu erkennen. Das Rathaus war am Montag noch mit der Abstimmung zu dem Thema beschäftigt und kündigt für Dienstag eine Stellungnahme an. 

Breite Zustimmung für Landesregierung

In der Brandenburger Landespolitik stößt die Haltung der Landesregierung einstweilen auf breite Zustimmung. „Im Großen und Ganzen halten sich die Brandenburger an die Maskenpflicht“, meint CDU-Fraktionschef Jan Redmann. Er sehe keinen akuten Handlungsbedarf für Bußgelder. 

Jan Redmann, Vorsitzender der CDU-Fraktion im Landtag Brandenburg.
Jan Redmann, Vorsitzender der CDU-Fraktion im Landtag Brandenburg.

© ZB

Der zweite Partner aus der Kenia-Koalition setzt zwar auf Eigenverantwortung, mahnt aber zur Vorsicht: „Obwohl es in Brandenburg kein Bußgeld nach sich zieht, ohne Mund-Nasenschutz den ÖPNV zu nutzen, ist dies kein Freifahrtschein“, sagte die Grünen-Fraktionschefin Petra Budke den PNN. Die Pandemie sei leider noch nicht vorbei. „Wer keine Maske trägt, kann damit andere Menschen in Lebensgefahr bringen und sollte auf die Nutzung von Bus und Bahn verzichten“, so Budke weiter. 

Sensibilisierung statt Bußgeld

Auch in der Opposition drängt man nicht zu Bußgeldern. „Die Verhängung von Bußgeldern wegen Verstößen gegen die Maskenpflicht lehnt die Linke ab“, teilte deren rechtspolitische Sprecherin Marlen Block dem PNN mit. „Wir halten das Tragen einer Maske für sinnvoll, vor allem, um andere zu schützen.“ Bei der Fraktion BVB/Freie Wähler setzt man zunächst auf Einsicht. „Eine gründliche Ansprache und Sensibilisierung reicht oft aus“, so der innenpolitische Sprecher Matthias Stefke. 

Wenn die Maskenpflicht allerdings weniger ernst genommen werde, sei ein Bußgeld ein richtiges Signal. Für die Verkehrsunternehmen in der Region bleibt es deshalb vermutlich bei einem Doppelstandard, solange sich die Verordnungen der Länder unterscheiden: In Bussen und Bahnen, die die Landesgrenze zu Berlin überqueren, ändern sich während der Fahrt die Regeln. Für den Verkehrsverbund Berlin Brandenburg ist es eine schwierige Situation. „Den Unternehmen fehlt die rechtliche Handhabe“, so Sprecher Joachim Radünz. Auf Arbeitsebene werde nun mit den Ministerien aus beiden Ländern geprüft, wie die Maskenpflicht durchgesetzt werden könne. Einstweilen setze man gegenseitigen Respekt und Rücksichtnahme der Fahrgäste.

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