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Zebra oder Flamingo? Im Rahmen der ArtNight in der Potsdamer Bar Gelb bringt die Künstlerin Katharina Korth (r.o.) seit Februar Potsdamer Hobbykünstlerinnen das Malen mit Acrylfarben bei. Korth fordert die 15 Frauen auf, sich frei zu fühlen – viele verlassen sich dennoch lieber auf die Vorlagen. Das können Tiermotive sein, aber auch Bilder von Künstlern wie Banksy oder Frida Kahlo.

© Andreas Klaer

Landeshauptstadt: Keine Angst vor Fehlern!

Wie Katharina Korth bei den ArtNights Potsdamer Hobbykünstlern Acrylmalerei beibringt

In dicken Streifen läuft die wässrige Farbe die Leinwand hinunter. Konzentriert sitzen 15 Hobbymalerinnen vor knallpinken Flamingos oder in Blau gehaltenen Zebras mit wilder Mähne. Mit Pinseln tragen sie Acryltöne auf ihre Bilder auf und nippen dabei an Fruchtlimonaden und Cocktails.

Seit Februar finden in der Bar Gelb etwa einmal die Woche sogenannte ArtNights statt. Die Künstlerin Katharina Korth zeigt dort Hobbykünstlern in der gemütlichen Location, wie sie bestimmte Motive auf die Leinwand bringen können. Solche Events gibt es in 35 Städten in ganz Deutschland, auch in der Schweiz und in Wien. Bald wird es sie auch in Polen und Amsterdam geben. Gegründet haben die ArtNight die Startup-Unternehmer David Neisinger und Aimie-Sarah Carstensen-Henze im Herbst 2016 in Berlin. ArtNight-Pressesprecherin Dana Ratschke erklärt den Impuls so: „Die Idee ist, Leute zusammenzubringen, die alle miteinander einen schönen Abend haben und den Tag in Ruhe ausklingen lassen können.“ Rund 96 hauptberufliche Künstler machen bei den Events mit, für die die Teilnehmer etwa 34 Euro zahlen müssen. Die Motive für die Abende suchen die Künstler aus. Manche davon haben sie selbst gestaltet, andere sind von weltbekannten Künstlern, von Frida Kahlo oder Banksy.

Neben den Events in festen Locations können auch private Malstunden gebucht werden, etwa für Geburtstage, Hochzeiten oder Firmenfeiern. Dann können auch die Motive von den Kunden ausgesucht werden. In Potsdam machen 15 Teilnehmerinnen mit. Alles Frauen. Korth, die noch fleißig die Farben und Materialien vorbereitet, fragt jede, ob sie lieber den Flamingo oder das Zebra malen möchte und gibt ihnen ein kleines Bild mit dem entsprechenden Motiv in die Hand. Auf den Tischen stehen kleine Staffeleien bereit, sowie Pappteller mit Acrylfarben, Pinsel, ein Becher mit Wasser, Papiertücher und ein Bleistift. Wer will, kann sich Farbe und frisches Wasser nachholen und auch mal andere Töne ausprobieren. Korth, die an der Universität der Künste in Berlin Bühnenbild studiert hat und seit vielen Jahren an Theatern, Opern und Filmdreharbeiten für die Bühnen- und Kostümdesigns zuständig ist, hatte sich nach ihrem letzten Engagement an der Oper in Graz bei ArtNight beworben. „Ich wollte selbst auch öfter mal wieder malen“, sagt sie. Da in Berlin bereits recht viele Künstler die ArtNights veranstalten, hat sie sich gedacht, das Event in Potsdam anzubieten.

Korth spricht den Teilnehmerinnen gleich zu Beginn Mut zu. „Fühlt euch frei und macht euch locker. Und habt keine Angst davor, Fehler zu machen.“ Für die weniger versierten Malerinnen und diejenigen, die sich nicht trauen, freihändig zu zeichnen, gibt es Vorlagen, die hinten an die Leinwand geklebt werden. So kann man das Motiv einfach abpausen.

Wie fast alle benutzt auch Andrea Rohleder eine Vorlage. Sie hat sich für das Zebra entschieden. „Komm bloß nicht damit nach Hause, hat mein Mann gesagt“, sagt sie lachend mit Blick auf den pinken Flamingo. Sie ist da, um Leute kennenzulernen, die etwas Kreatives machen. „Die sind häufig sehr inspirierend und interessant.“ Die 53-Jährige ist vor sechs Jahren aus Düsseldorf nach Potsdam gezogen. Malen würde sie schon ab und an, aber nichts Eigenes. Ihre große Leidenschaft ist aber die Kalligraphie. „Das mache ich, seitdem ich schreiben kann. Damals habe ich die Buchstaben aus der alten Bibel meiner Großmutter abgemalt“, erzählt sie. Für sie sei das der Ausgleich, den sie zu ihrem Alltag brauche. Rohleder arbeitet im Johanniter-Quartier in Potsdam-West in der Veranstaltungsplanung. Bei den ArtNights ist sie zum ersten Mal. „Das ist eine tolle Sache, um runterzukommen und kreativ zu sein.“

Nach dem Zeichnen der Umrisse zeigt Korth Schritt für Schritt, wie die bunten Tiere auf die Leinwand gemalt werden können. Zunächst die Nass-in-Nass-Technik, bei der auf die Leinwand viel Wasser und darüber sehr verdünnte Farbe aufgetragen wird. So entstehen harmonische Farbverläufe und die Bilder sehen eher nach einem Aquarell aus. Später geht es weiter mit dem sogenanten pastosen, also dem unverdünnten Farbauftrag. Einige malen schon recht mutig ihre Motive auf die Leindwand, andere sind zögerlicher und schielen zu ihren Nachbarinnen herüber. „Jeder hat sein eigenes Tempo beim Malen. Lasst euch nicht hetzen“, sagt Korth. Denjenigen, die unzufrieden sind, rät Korth, auch mal aufzustehen und ihr Werk aus der Distanz zu begutachten. „So bekommt ihr einen ganz anderen Blick.“ Susanne Müller malt gerade die Mähne ihres Zebras. Sie ist mit ihren Freundinnen hier. „Ich male ab und zu. Aber ich bin immer etwas unzufrieden mit meinen Bildern und froh, hier ein wenig Anleitung zu bekommen“, sagt die 30-jährige Potsdamerin. „Jetzt kann ich viele Tipps mit nach Hause nehmen.“

Die Farben auf dem Pappteller sind inzwischen wild durcheinandergemischt und Einiges davon auch auf den Händen gelandet. Jetzt geht es noch ans Feintuning der Bilder. Die letzten Highlights werden mit weißer Farbe gesetzt, Schatten herausgearbeitet. Und mit dem Pinsel und einem Bleistift verteilen die Frauen bunte Farbspritzer auf dem Bild. Zum Schluss strahlen von allen Leinwänden die blauen und pinken Tiere mit ihrem hübschen Gefieder und wehenden Mähnen um die Wette. Ein Gruppenbild rundet die ArtNight in der Bar Gelb ab. Es zeigt 15 Frauen, die alle stolz ihr Werk hochhalten.

Die nächste ArtNight findet am 24. Juli um 19 Uhr statt. Das Motiv soll von der mexikanischen Künstlerin Frida Kahlo inspiriert sein. Am 25. Juli heißt es dann: Paint like Monet. Informationen und Reservierungen unter www.artnight.com

Sarah Stoffers

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