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Der Safe Abortion Day macht auf die Hürden beim Schwangerschaftsabbruch aufmerksam.

© imago/Becker&Bredel

Kaum Informationen, zu wenig Ärzte in Brandenburg: Der „Safe Abortion Day“ thematisiert Probleme beim Zugang zu Abtreibungen

Für Frauen in Brandenburg ist es oft schwer, an Informationen über Schwangerschaftsabbrüche zu kommen. Ein Aktionstag soll auf die Hürden aufmerksam machen.

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Potsdam - 3352 Frauen in Brandenburg haben im Jahr einen Schwangerschaftsabbruch durchführen lassen. So weist es das Amt für Statistik Berlin-Brandenburg aus. Nach Ansicht von Experten ist es jedoch weiterhin ein Problem für betroffene Frauen, schnell an Beratung und Informationen über einen solchen Eingriff und zu gynäkologischen Praxen, die ihn durchführen, zu gelangen. Darauf machen anlässlich des heutigen „Safe Abortion Day“ das Autonome Frauenzentrum in Potsdam sowie die Brandenburger Grünen aufmerksam.

Selbst in der Landeshauptstadt Potsdam sei die Lage unübersichtlich, betroffene Frauen müssten „einen Spießrutenlauf hinter sich bringen“, sagt Michaela Burkard vom Autonomen Frauenzentrum Potsdam. Das hänge vor allem mit der Tabuisierung von Schwangerschaftsabbrüchen und der Gesetzeslage zusammen, die Abtreibungen grundsätzlich verbietet.

Coronakrise erschwert die Lage

Die Landesvorsitzende der Brandenburger Grünen und frauenpolitische Sprecherin Alexandra Pichl warnt davor, dass die Corona-Pandemie weitere Risiken für Frauen bringe, die abtreiben wollen. Beratungsstellen müssten ihr Angebot einschränken, parallel sei davon auszugehen, dass sich angesichts der gestiegenen Zahl von Fällen häuslicher Gewalt in der Corona-Zeit auch die Zahl ungewollter Schwangerschaften erhöhe. 

Doch besonders im Süden und Osten Brandenburgs, sowie in der Uckermark und der Prignitz klafften gewaltige Lücken bei Ärzten, die die Eingriffe durchführen. Mediziner, die die Lage durch Angebote verbessern wollten, würden zudem „durch Hass und Hetze im Netz“ abgeschreckt. „Die Kombination aus stark eingeschränkter Informationslage und langen Wegen“ in Brandenburg sei für die Frauen „besonders problematisch“, sagt Pichl.

Abtreibungen entkriminalisieren

Der heutige „Safe Abortion Day“ solle Abtreibungen entkriminalisieren, sagt Burkard vom Potsdamer Frauenzentrum: „Langfristig wünschen wir uns, dass der Schwangerschaftsabbruch aus dem Strafgesetzbuch verschwindet.“ Burkard sieht kleine Fortschritte. Im Februar 2019 stimmte der Bundestag für die Änderung des Paragrafen 219a im Strafgesetzbuch. Seitdem dürfen Ärzte, Krankenhäuser und andere medizinische Einrichtungen auf die Tatsache aufmerksam machen, dass sie Schwangerschaftsabbrüche durchführen. Weiterhin verboten bleibt es ihnen, mehr Informationen, zum Beispiel über die Methoden, die sie nutzen, zu publizieren.

Die Bundesärztekammer ist seitdem auch dazu verpflichtet, eine Liste entsprechender Fachmediziner zu führen, die auch die verwendeten Methoden enthält. Die Liste kann über die Internetseite der Bundesärztekammer heruntergeladen werden. Auf Seite 58 des Dokuments sind mehrere Potsdamer Gynäkologinnen aufgelistet, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen. Unklar bleibt, ob dies alle sind – denn die Aufnahme in die Liste ist freiwillig. Auch die Potsdamer Stadtverwaltung informiert auf ihrer Internetseite über Schwangerschaftsabbrüche und stellt eine Liste mit entsprechenden Arztpraxen zusammen, die online zugänglich sein soll. Geplant sei, das in den nächsten Wochen umzusetzen, sagt Stadtsprecherin Christine Homann.

Furcht vor Angriffen von Abtreibungsgegnern

Michaela Burkard rät betroffenen Frauen, sich bei der Suche nach Praxen an die eigene Frauenärztin oder Beratungsstellen zu wenden. „Grundsätzlich wäre es wünschenswert, wenn die Arztpraxen die Möglichkeit zum Abbruch in der jeweiligen Praxis transparent auf ihren Internetseiten kommunizieren könnten, ohne befürchten zu müssen, diesbezüglich juristisch belangt zu werden“, sagt Dörte Richter, Leiterin der Beratungsstelle von Pro Familia in Potsdam. 

Doch manche Praxen befürchteten, von Abtreibungsgegnern angegriffen zu werden und entschieden sich daher gegen die Publikation. Ein Problem sei zudem, dass es immer weniger Praxen gebe, die Schwangerschaftsabbrüche überhaupt durchführen, sagt Richter. Für Ärztinnen und Ärzte, die in Rente gingen, gebe es vielfach keine Nachfolge.

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