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Landeshauptstadt: Katjuschas Wohnzimmer

Katja Dietrich-Kröck, Mitgründerin des Waschhaus-Vereins, blickt zurück

„Irgendwie hat fast alles in meinem Leben mit dem Waschhaus zu tun.“ Katja Dietrich-Kröck staunt selbst. So uncharmant es für eine 38-Jährige klingt, aber sie ist eine Institution des Hauses. Als 21-jährige kam Katja Dietrich im Sommer 1992 als Radioreporterin auf das Ex-Militärgelände, um die Besetzertruppe zu porträtieren, die die einstige Militärwäscherei okkupiert hatte, um Kunst und Kultur Raum zu geben. „Der morbide Charme passte in das Gefühl der damaligen Zeit“, erinnert sie sich. Aus dem Thema ihres Radioberichts wurde Lebensinhalt. „Ich war begeistert, es war unglaublich, welches Potenzial im Haus, im Gelände, in den Menschen steckte.“ Die Treffen zur Vereinsgründung des gemeinnützigen Waschhaus e.V. fanden zwischen riesigen Plättmaschinen der Wäscherei statt: Basisdemokratie an Bügeltischen.

Dass sie zu den bekanntesten Waschhaus-Gesichtern zählt, liegt auch daran, dass Katja Dietrich-Kröck als DJ Katjuscha mehr als eine Jugendgeneration beschallt hat. 1993 stand sie erstmals an den Decks, um Independent und 80er-Jahre Musik aufzulegen. Mit DJ-Partner Jupp lud sie allmonatlich zur „Brennstoff“-Party. Zwischen den Partygästen auch immer wieder bekannte Gesichter aus der Szene. „Einmal gab die amerikanische Band Muse in Berlin ein Konzert. Danach sind sie ins Waschhaus gefahren, um zu feiern. Und ausgerechnet ich stand an den Decks“, erinnert sie sich. „Viele Musiker kannten das Haus von Auftritten und kamen immer wieder gern.“ Das besondere Flair, die Backsteinräume, auch der gewollte Verfall gefiel vielen Künstlern.

Dieses Flair ist seit der Sanierung ein anderes. Noch einschneidender war allerdings der Tiefpunkt, der das Waschhaus in die Krise brachte. Finanzielle Ungereimtheiten führten Anfang 2008 zur Insolvenz. „Es war die bisher schlimmste Zeit meines Lebens“, sagt Dietrich-Kröck ernst. Alle aber hätten für den Erhalt gekämpft. Deshalb nahm man an der Vergabe des Hauses teil, mit neuen Partnern, Gesellschaftern, auch mit neuem Konzept, das allerdings von den alteingesessenen Waschhaus-Mitgliedern erstellt wurde. „Damals hat keiner von uns mehr als drei Stunden am Tag geschlafen. Auch die Auszubildenden haben enorme Energie gezeigt“, erinnert sie sich. Und wenn das Haus jetzt in einigen Bereichen mit Akzeptanz-Problemen zu kämpfen hat, werden andere, neue Angebote gut angenommen. Wie die Konzertreihe „Rubys Tuesday“ – von einem Azubi entwickelt. „Die jungen Mitarbeiter sind eine wichtige Säule in unserem Haus“, betont sie. Dass der Lehrling mit seiner Erfindung damit der Waschhaus-Institution Katja Dietrich-Kröck eine persönliche Freude gemacht hat, ist Zufall. „Bei Rubys Tuesday fühlt man sich so ein bisschen wie vor zehn Jahren im Waschhaus.“ Das soziokulturelle Zentrum ist auch nach der Sanierung ihr Wohnzimmer, ist es seit siebzehn Jahren, das gibt sie unumwunden zu. Es bleibt einer ihrer Lebensinhalte – nicht zuletzt, weil auch ihre junge Familie mit dem Waschhaus verbandelt ist – dort lernte sie ihren Mann kennen. Irgendwie hat fast alles in ihrem Leben mit dem Waschhaus zu tun. Kay Grimmer

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