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Landeshauptstadt: Kampfkunst mit Musik

Nicht nur Körperbeherrschung ist im Capoeira gefragt, auch soziales Verhalten in der Gruppe ist wichtig

Potsdam bewegt sich! Bei der großen Sommeraktion der Potsdamer Neuesten Nachrichten unter Schirmherrschaft von Oberbürgermeister Jann Jakobs können Kinder und Jugendliche zwischen sechs und 14 Jahren 15 verschiedene Sportarten in kostenlosen Schnupperkursen kennenlernen. Mit den mehr als 100 Veranstaltungen soll eine gesunde Lebensweise unterstützt und der sportliche Ehrgeiz der Kinder gefördert werden. Die PNN berichten in loser Folge über alle 15 vorgestellten Sportarten.

Heute: Capoeira

Aus einem kleinen Kassettenrecorder erklingt brasilianische Musik, die den Sportraum auf dem Uni-Campus erfüllt und die weichen, fließenden Bewegungen der Tänzer untermalt. Ob auf allen Vieren, im Handstand, mit Radschlag oder im Ginga-Schritt – Capoeira hält viele Möglichkeiten der Fortbewegung bereit.

„Capoeira ist ein Spiel“, sagt Sebastian Schulz, der gemeinsam mit Katja Zschipke die Capoeira-Kindergruppe des Universitätssportvereins leitet und den kleinen Capoeiristas die Grundlagen, Bewegungsfolgen und Angriffs- und Ausweichmöglichkeiten des brasilianischen Kampftanzes vermittelt. Das Ziel des Capoeira-Tanzes sei es, sich mit dem Partner und sich selbst auseinanderzusetzen, so Schulz. Ein klassischer Kampf, der etwa eine Minute lang dauert, findet in einem von den Gruppenmitgliedern gebildeten Kreis, der „Roda“, statt. Musik gehört immer dazu und sorgt für eine familiäre, entspannte Atmosphäre. Die zwei Gegenspieler umkreisen sich, greifen an, weichen aus und kontern. Dabei bleiben sie immer anmutig und immer in Bewegung. Es gibt kein Wertesystem und kein striktes Regelwerk, den Kampf wertet jeder für sich selbst oder gemeinsam mit den Gruppenmitgliedern aus.

Die siebenjährige Jolanda, die schon seit einem Jahr Capoeirista ist, hat heute ihre Freundin Helena mitgebracht. Radschlag, sogar einhändig, ist für beide Mädchen kein Problem. Doch gelingt das Rad auch rückwärts, aus der Hocke? Nach ein paar Versuchen gehört auch diese Variante zum Bewegungsrepertoire der Kinder. Akrobatische Übungen nehmen einen wichtigen Platz im Capoeira-Training ein, wobei Basisbewegungen vielfältig abgewandelt und miteinander kombiniert werden. So wird durchaus auch einmal ein Kopfstand in den Radschlag eingebaut oder aus dem Handstand eine Brücke gemacht. Capoeira spreche verschiedene Entwicklungsbereiche der Kinder an und trainiere Koordination, Kraft und Flexibilität, erklärt Katja Zschipke. Zudem würde auch ein Gefühl für soziale Regeln in der Gruppe vermittelt.

Doch nicht nur körperlicher Einsatz ist gefragt, auch musikalisches Verständnis gehört zum Capoeira dazu. Auf dem Boden sitzend singen die Tänzer nun das unter Capoeiristas bekannte Lied „Paranae“ - natürlich auf Portugiesisch. Sebastian Schulz übernimmt die Rolle des Vorsängers, die Gruppe antwortet im Refrain. Katja Zschipke spielt dazu auf dem Pandero, einem dem Tamburin ähnelnden Instrument, die Kinder klatschen im Rhythmus.

Dank ihres schönen Gesangs hat Jolanda den Capoeira-Namen „Pasarinha“ erhalten. Ins Deutsche übersetzt bedeutet er „Vögelchen“. Die Vergabe von Namen an Capoeiristas, die einen gewissen Grad an Kenntnissen und Können erreicht haben, ist eines der zahlreichen Rituale des Capoeira, die den Zusammenhalt in der Gruppe festigen. Im Training werden die Gruppenmitglieder ausschließlich mit ihren Capoeira-Namen angesprochen, die vom Trainer vergeben werden. So ist Sebastian Schulz, für den Capoeira nicht nur ein Sport, sondern eine „gelebte Kulturform“ ist, im Übungsraum „Tarzan“. „Vermutlich wegen der langen, blonden Haare“, sagt er lachend.

USV Potsdam, Capoeira Gerais, Kindertraining dienstags und donnerstags 16 bis 17 Uhr, Am Neuen Palais 10, Haus 12, Halle 1; www.capoeira-potsdam.de

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