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Kai Diekmann hielt seinen Besuch im Hotel Mercure und vor allem den Ausblick mit Fotos fest. Hier ein Blick in Richtung Westen. Aber nicht wundern: Die Fotos gingen durch einen Filter, die Farben sind überzeichnet.

© Kai Diekmann

Kai Diekmann über das Hotel Mercure: „Wir wollten einen Perspektivwechsel“

Der Potsdamer und Bild-Herausgeber Kai Diekmann verbrachte am Wochenende eine Nacht im Hotel Mercure. Das hat ihn nachdenklich gemacht, schildert er im PNN-Interview.

Herr Diekmann, Sie haben auf Facebook gepostet, dass Sie am Wochenende im Hotel Mercure übernachtet haben. Was trieb Sie dorthin?

Mich beschäftigt die zukünftige Potsdamer Architektur schon eine ganze Weile. Und ich habe damals, im Jahr 2012, die Auseinandersetzung um das Mercure verfolgt – also den Versuch von Hasso Plattner, das Gebäude zu erwerben, um es abzureißen. Jetzt nimmt es wieder konkrete Formen an, dass dem Mercure keine Zukunft beschieden sein wird.

Aber wie kamen Sie auf die Idee, dort zu übernachten?

Wir haben mit der Familie gesagt, wir wollen es uns anschauen, so lange es noch da ist. Wir wollten mal einen Perspektivwechsel in der Vertikalen hinkriegen mit einem weiten Blick aus dem 14., 15., 16. Stock.

In welchen haben Sie sich eingemietet?

In den 15. Stock. Man kann von dort aus über die Treppe in den 16. und 17. und hat einen Rundumblick, zu den Stirnseiten gibt es einen Zugang.

Was hat Sie beim Blick von dort oben auf Potsdam besonders überrascht?

Auf der Rückseite Richtung Havel, wie viel Brachfläche dort noch ist. Beim Blick über das Stadtschloss, wie klemmig und eng es dort mit der Fachhochschule ist, die auch abgerissen werden soll.

Und was halten Sie jetzt vom Abriss des Mercure?

Ich bin der Meinung, dass Potsdam mehr als nur die reine Summe seiner Sichtachsen und Preußenschlösser ist. Ich bedauere deshalb auch, dass die Mauer nach ihrem Fall quasi gänzlich abgerissen wurde. Es wäre schön gewesen, wenn einiges stehen geblieben wäre, um uns daran zu erinnern – wie auch der alte Grenzturm am Jungfernsee. Ich war bislang entschieden dafür, dass das Mercure weg muss. Wenn man sich insgesamt unten die zubetonierte Fläche anschaut – grauenhaft. Doch grundsätzlich ist das Mercure auch ein markantes Dokument der Geschichte Potsdams. Sagen wir es so: Nach dem Wochenende bin ich mir meiner Haltung nicht mehr so sicher.

Wie war es sonst, die Zeit nicht in der Berliner Vorstadt, sondern in der Innenstadt zu verbringen?

Wir waren mit allen Kindern in der Nacht von Samstag zu Sonntag da, auch in der Hochzeitssuite im 15. Stock. Für die achtjährige Tochter war es aber die Prinzessinnensuite. Als erstes haben die Kinder von oben den Rummel am Lustgarten gesehen, dort sind wir rauf und runter. Und wir sind zu Fuß essen gegangen. In der Berliner Vorstadt schafft man es gerade mal noch in die Schiffbauergasse. Jetzt sind wir von der anderen Richtung gekommen. Und ich bin total begeistert. Wir waren im Restaurant Waage, einem Italiener auf dem Neuen Markt. Und einen Späti gibt es auch...

... in der Friedrich-Ebert-Straße...

Und daneben eine Cocktailbar...

... die Unscheinbar...

Dort war es herrlich, ich war begeistert. Eine Bar, die wohl bis morgens um 6 Uhr offen hat – das festzustellen, war eine wesentliche Erkenntnis. Ich bin ja kein Freund davon, aber Whiskey sour, Blaubeer-Mojito ... Die Cocktails waren prima.

Zurück ins Hotel. Wie war der Standard?

Das hat mich überrascht. Ich hatte erwartet, dass in die Zimmer mit Blick auf den Abriss seit Langem nicht mehr investiert wurde. Aber die haben einfach einen guten Standard und ein unglaubliches Preis-Leistungs-Verhältnis. Das Hochzeitszimmer war etwas rustikaler eingerichtet, die anderen Zimmer schön modern. Zum Frühstück gab es ein großartiges Buffet. Der Service ist total freundlich, das Frühstück für kleine Kinder unter zehn kostenlos.

Wie läuft das Hotel, war es voll?

Das merkt man am besten beim Frühstück. Und es war voll.

Sollte es zu einem Bürgerentscheid gegen den Abriss des Mercure kommen: Was würden Sie ankreuzen, ja oder nein?

In die Unterschriftenlisten für das Bürgerbegehren, die im Hotel auslagen, habe ich mich nicht eingetragen und werde das auch nicht tun. Dass das weg muss, da bin ich ein bisschen nachdenklicher geworden. Natürlich, es steht an einer fatal falschen Stelle. Aber: Auf jeden Fall ist es jetzt ein anderes Gefühl, wenn ich in die Stadt fahre und das Mercure von Weitem sehe. Ich habe Verständnis für diejenigen, die mit dem Hotel emotionale Erinnerungen verbinden.

Das Gespräch führte Alexander Fröhlich

ZUR PERSON: Kai Diekmann (51) ist Gesamtherausgeber der Bild-Gruppe beim Springer-Verlag und Chef der Chefredakteure. Diekmann wohnt mit seiner Familie seit einigen Jahren am Jungfernsee.

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