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Vor den Mikros. Maas’ Besuch stieß auf großes Medieninteresse.

© Andreas Klaer

Justizminister Heiko Maas besucht Schule in Potsdam: Mit offenen Augen und offenem Herzen

Bundesjustizminister Heiko Maas diskutierte mit Schülern des Berta-von-Suttner-Gymnasiums in Babelsberg über Flüchtlingspolitik, Pogida und rechtes Gedankengut. Dabei gab es spannende Thesen.

Von Peer Straube

Potsdam - Paul-Hendrick hat klare Vorstellungen. „Wir müssen die EU-Außengrenzen schützen“, sagt der 15-Jährige. Deutschland könne nicht unbegrenzt Flüchtlinge aufnehmen. Sein Klassenkamerad Sidney widerspricht. Mache Europa die Grenzen dicht, staue sich der Flüchtlingsstrom in den Nachbarländern, „und dann haben wir da ganz schnell ein großes humanitäres Problem“. Noch, meint der Zehntklässler, „schaffen wir das ja mit den Flüchtlingen“. Bundesjustizminister Heiko Maas vermittelt. „Es ist nicht schlimm, wenn man fordert, dass der Zustrom von Flüchtlingen begrenzt wird“, sagt der Sozialdemokrat. „Das muss unser oberstes Ziel sein.“ Erreichen aber könne man das nur, wenn der Krieg in Syrien beendet werde und die Flüchtlinge besser auf die Länder der EU verteilt würden.

Die Schüler zeigten sich gut informiert

Maas ist an diesem Dienstag zu Gast im Babelsberger Berta-von-Suttner-Gymnasium – auf Einladung des Vereins „Gesicht zeigen!“, der für ein weltoffenes Deutschland eintritt. Der Ministerbesuch bildet den Auftakt der diesjährigen „Störungsmelder-Tour“ des Vereins, bei der seit 2008 bundesweit Prominente wie Thomas Hitzlsperger, Sebastian Krumbiegel und Klaas Heufer-Umlauf mit Schülern über kontroverse Themen diskutieren. Maas, der wie berichtet seit einigen Jahren selbst in Babelsberg wohnt, will mit den Suttner-Gymnasiasten über die Flüchtlingspolitik und die neuen rechten Strömungen in der Gesellschaft debattieren.

Dabei zeigen sich die Schüler zur Freude des Ministers ebenso gut informiert wie interessiert. Ob es denn beim Asylpaket II bleibe, will etwa der 15-jährige Nico wissen. „Wir arbeiten schon am dritten“, sagt Maas und erläutert, dass es dabei im Gegensatz zu den vorhergehenden Asylpaketen vor allem um die Integration von Flüchtlingen in Deutschland gehen soll. Im Fokus stünden etwa verpflichtende Deutschkurse, Hilfe bei der Jobsuche, aber auch eine bessere Verteilung der Asylsuchenden, nicht nur in den Ballungszentren. Lebhaft wird die Debatte, als die Rolle der sozialen Netzwerke in der Flüchtlingspolitik zur Sprache kommt. Mit Vertretern von Twitter, Google und Facebook habe er im vergangenen Jahr über die zunehmende Flut von Hasskommentaren gegen Flüchtlinge gesprochen. Die Verhandlungen seien schwierig gewesen, räumte der Minister ein. Dennoch habe man vereinbart, dass die Netzwerk-Anbieter rechte Hetze ab Mitte des Jahres künftig binnen 24 Stunden von der Seite nehmen. Hasskommentare im Internet, sagt Maas, „sind die Vorstufe von körperlicher Gewalt“. Es sei die Aufgabe aller, derlei zu melden und dagegen anzukämpfen. Auch die Justiz sei hier stärker gefordert. Maas verweist auf das Beispiel eines Facebook-Nutzers, der wegen „fortgesetzter Volksverhetzung“ zu zwei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt worden sei – ohne Bewährung.

Maas: Die Anti-Pogida-Blockade war schon cool

Der Minister freut sich, als mehrere Schüler erklären, sie hätten an Demonstrationen gegen die Aufmärsche islamfeindlicher Pogida-Anhänger teilgenommen. Vom Pogida-Aufmarsch in der vergangenen Woche durch Babelsberg war auch Maas betroffen. „Für meine Söhne fiel das Fußballtraining aus, weil der Verein nicht für die Sicherheit garantieren konnte“, erzählt er. Als Justizminister dürfe er ja die Sitzblockade, mit der die Pogida-Anhänger an ihrem Zug gehindert wurden, nicht begrüßen, „aber cool war das schon“, sagt er unter dem anerkennenden Gelächter der Schüler.

Dann sollen die Schüler erklären, was sie in der Flüchtlingspolitik anders machen würden, wenn sie die Macht dazu hätten. Der 15-jährige Quentin schlägt Krankenhäuser vor, in denen geflüchtete syrische Ärzte, die kein Deutsch können, zunächst syrische Flüchtlinge behandeln. Derlei Separierung schaffe aber keine Integration, widerspricht Nico.

Der Minister begegnete den Schülern auf Augenhöhe

Gegen Pogida und Fremdenfeindlichkeit sind alle in der Klasse, doch die anhaltende Zuwanderung wird durchaus auch als Problem gesehen. Wie man denn Kritik an der Asylpolitik äußern könne, ohne gleich in die rechte Ecke gestellt zu werden, fragt Nico. Maas räumt ein, dass das angesichts der aufgeheizten Debatten in der Frage derzeit schwierig sei. Entweder man trete für ein tolerantes und weltoffenes Deutschland ein oder man äußere Kritik und laufe Gefahr, mit Pogida-Anhängern in einen Topf geworfen zu werden.

Der Minister ist beeindruckt von den Gymnasiasten. „Ich würde mich sehr freuen, wenn ihr weiterhin mit offenen Augen und offenem Herzen durch eure Stadt geht“, sagt er. „Vor allem, wenn es um das Thema Diskriminierung geht.“ Auch die Schüler sind begeistert. Nach dem Ende der Diskussionsrunde werden Selfies mit dem Promi geknipst. Und es gibt viel Lob von den Zehntklässlern. Auf Augenhöhe sein ihnen Maas begegnet, so der allgemeine Tenor. „Er hat das Gefühl vermittelt, dass er sich auskennt“, sagt Nico. „Und man hat gemerkt, dass er an unserer Meinung sehr interessiert war.“

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