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Jugendweihe in Potsdam: Ein Schritt ins Erwachsensein

Die Konkurrenz zwischen den Anbietern ist groß, trotzdem wird die Jugendweihe in Potsdam immer beliebter. An der Feier auf dem Weg ins Erwachsensein nehmen auch zunehmend Jugendliche mit Migrationshintergrund teil.

Von Valerie Barsig

Potsdam - Immer häufiger ist die Jugendweihe ein wichtiger Schritt der Integration in die Gesellschaft. „Es ist ein Moment, den alle gemeinsam haben und teilen, egal, woher sie kommen“, sagt Anja Gladkich, Geschäftsführerin des Vereins Jugendweihe Berlin Brandenburg. Denn sie hat festgestellt: An der Feier auf dem Weg ins Erwachsensein nehmen auch zunehmend Jugendliche mit Migrationshintergrund teil, elf sind es in diesem Jahr.

Insgesamt habe sich bei dem Verein, der brandenburgweit Jugendweihen organisiert, 3500 Jugendliche zu den Feiern angemeldet, 368 von ihnen kommen aus Potsdam. Dass die Anmeldezahlen bei dem Verein in den vergangenen Jahren gestiegen sind, erklärt sich Gladkich mit gut funktionierender Mundpropaganda. Bei den Feiern, die im UCI-Kino in Potsdam und im Nikolaisaal stattfinden, haben im vergangenen Jahr 284 Jugendliche teilgenommen, 2016 waren es noch 185.

Jugendweihe Berlin Brandenburg ist einer von vier großen Anbietern, die Jugendweihefeiern in Potsdam anbieten. Auch der Regionalverband des Humanistischen Verbands Deutschland gehört dazu, ebenso die Arbeiterwohlfahrt (Awo) und das Jugendbildungswerk Berlin-Brandenburg e. V. Auch dort steigen die Zahlen: 119 Jugendliche werden in diesem Jahr feiern, im vergangenen Jahr waren es 52, im Jahr davor 83 Jugendliche.

„Die Bindung an die Kirche geht zurück. Die Jugendweihe ist eine Familientradition, auf die Wert gelegt wird“ 

Dass die Jugendweihe nach wie vor eine beliebte Familienfeier ist, ist für Gladkich vor allem im Vergleich zu Firmung und Konfirmation nur logisch. „Die Bindung an die Kirche geht zurück. Die Jugendweihe dagegen ist eine Familientradition, auf die Wert gelegt wird.“ Die Weihe sei offener. Trotzdem sei sie keine Alternative zu Firmung oder Konfirmation. „Die Feiern widersprechen sich nicht.“ Die kirchlichen Zeremonien seien die Aufnahme in die Gemeinde und glaubensorientiert, bei der Jugendweihe dagegen stehe der gemeinschaftlich-gesellschaftliche Aspekt im Vordergrund. „Es ist der Schritt zum Erwachsenwerden, den man gemeinsam im Klassenverband begeht.“

Im Mittelpunkt stehe die große Feier. Zusätzlich können die Jugendlichen freiwillig an Fahrten, Workshops und Kursen zu verschiedenen Themen teilnehmen. Das sei allerdings in den vergangenen Jahren rückläufig. „Die Jugendlichen sind oft ausgelastet“, sagt Gladkich. Denn lange Tage in der Schule, Nachhilfe und Hobbys ließen nur wenig Zeit, um an den Kursen teilzunehmen.

Laut Gladkich seien bei der Entscheidung für oder gegen die Jugendweihe vor allem die Eltern ausschlaggebend. Das bestätigt auch Martina Winkler vom Humanistischen Verband. Dort heißt das Fest allerdings nicht Jugendweihe, sondern Jugendfeier. Eine Weihe sei eine religiöse Handlung, die Jugendfeier grenze sich davon ab. „Gerade die Eltern wünschen sich für ihre Kinder oft eine Übergangsfeier“, sagt Winkler. Das Fest würdige den Schritt zum Erwachsenwerden.

Verantwortung und Erwachsenwerden

Beim Humanistischen Verband haben sich für dieses Jahr 615 Jugendliche zur Feier angemeldet, im vergangenen Jahr waren es 700 Jugendliche, im Jahr 2016 750. Seit 20 Jahren bietet der Humanistische Verband Feiern an, in den vergangenen Jahren habe die Konkurrenz zwischen den Anbietern zugenommen, berichtet Winkler. Zudem gibt es in Potsdam nur wenige große Festsäle, in denen es sich feiern lässt – und so konkurrieren die Anbieter auch um die Termine. Rund 100 Anmeldungen seien dem Humanistischen Verband weggebrochen, berichtet Winkler, weil die Koordination mit dem Nikolaisaal nicht sofort geklappt hätte.

Dass Jugendliche sich oftmals auch wegen der Geldgeschenke für eine Jugendfeier entscheiden, kann Winkler indes nicht verneinen. „Bei dem Fest geht es natürlich darum, Verantwortung zu übernehmen und erwachsen zu werden“, betont sie aber. „In unseren Vorbereitungsstunden geht es uns deshalb auch darum, diese Werte auch zu vermitteln.“

Konfirmation: Manchmal spielt auch Geld eine Rolle

Geld spiele sicher bei einigen Jugendlichen eine Rolle, sei in der Regel aber gerade nicht die Motivation, sich konfirmieren zu lassen, berichtet dagegen der Kreisjugendpfarrer der Evangelischen Kirche Potsdam, Jochen Reinke. 260 Konfirmanden hat es 2016 in Potsdam gegeben, die Zahlen von 2017 werden gerade ausgewertet. „Sie steigen leicht“, sagt Reinke. Dass mehr Jugendliche zur Weihe gehen als in den Konfirmandenunterricht, störe ihn nicht. „Ich würde mir eher Sorgen machen, wenn unsere Zahlen zurückgehen.“ Er beobachte, dass Jugendliche sich sehr bewusst für den Konfirmandenunterricht entschieden. „Sie kommen nicht, weil sie müssen.“ Im Verlauf der Konfirmandenzeit entwickle sich eine bewusste Einstellung zum Glauben, auch Zweifel würden in den Gruppen besprochen.

Dass die Jugendlichen offen auf die Kirche zugehen, hänge mit einer guten Arbeit mit Kindern in den Gemeinden zusammen. „Sie machen schon früh gute Erfahrungen mit der Kirche und dem Gemeindeleben.“ Der Schritt zur Konfirmation und der Bestätigung der Taufe sei so ein natürlicher. Wichtig sei es, sich an der Lebenswelt der Jugendlichen zu orientieren.

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