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Nicht von Dauer. Quartier der Jüdischen Gemeinde an der alten Feuerwache.

© M. Thomas

Jüdische Gemeinde in Potsdam: Von einem Provisorium ins nächste

Die Jüdische Gemeinde muss erneut umziehen. Ihr Mietvertrag an der Feuerwache läuft Ende 2015 aus.

Potsdam - Während der Baubeginn für die neue Potsdamer Synagoge weiter in der Schwebe ist, muss sich die Jüdische Gemeinde Potsdam auf einen neuen Umzug einstellen: Der Mietvertrag für das derzeitige Domizil auf dem Areal der alten Feuerwache läuft zum Jahresende aus, wie Pro-Potsdam-Sprecherin Anna Winkler auf PNN-Anfrage sagte. Man sei momentan mit der Gemeinde, dem Land und der Stadt Potsdam im Gespräch, um einen Alternativstandort zu finden, so die Sprecherin. „Wir können nur ausziehen, wenn wir einen neuen Ort haben“, betonte Mykhaylo Tkach, der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, auf PNN-Anfrage.

Hintergrund sind die Pläne für die Entwicklung des Areals. Wie berichtet soll die alte Feuerwache an der Werner-Seelenbinder-Straße abgerissen und das Gelände danach für Wohnungsbau genutzt werden. Rechtliche Grundlage ist der jahrzehntelang diskutierte Bebauungsplan Nummer 1. Der Abriss der Feuerwache soll noch in diesem Jahr beginnen, sagte Stadtsprecher Jan Brunzlow auf PNN-Anfrage. Überraschend seien die Pläne nicht, betonte auch Stephan Breiding, Sprecher des brandenburgischen Bildungsministeriums. Dass ein weiterer Umzug nötig werden würde, habe sich abgezeichnet.

Die Gemeinde, die nach eigenen Angaben knapp 400 Mitglieder zählt, war erst Anfang 2011 aus der Schlossstraße in die Räume in der Werner-Seelenbinder-Straße, einen Anbau der eigentlichen Feuerwache, gezogen. Damals war der DDR-Bürobau in der Schlossstraße abgerissen worden. Vorgesehen ist dort die Errichtung einer neuen Synagoge, bezahlt vom Land Brandenburg. Für das Gotteshaus, das ursprünglich bereits 2012 stehen sollte, ist bislang aber trotz gültiger Baugenehmigung noch nicht einmal der Grundstein gelegt. Denn am Aussehen und Raumkonzept des Gebäudes hat sich unter den Juden in Potsdam ein erbitterter Streit entzündet, auf den das Land schließlich mit einem Baustopp reagierte. Nach mehrjährigen vergeblichen Vermittlungsversuchen unter Federführung des Kultusministeriums hat das Land im Juni dieses Jahres überraschend die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland e.V. (ZWST) als Partner und künftigen Betreiber des geplanten jüdischen Zentrums mit Synagoge vorgestellt. Derzeit führt der Wohlfahrtsverband noch Verhandlungen mit beiden Gemeinden, wie Ministeriumssprecher Breiding sagte.

Die Jüdische Gemeinde Potsdam muss unterdessen von einem ins nächste Provisorium ziehen. Im Gespräch seien mehrere Alternativen, bestätigten die Sprecher von Stadt, Land und Pro Potsdam. Mit Blick auf die laufenden Verhandlungen halten sich alle Parteien zu den Details bedeckt. Das nahe liegende Rechenzentrum fällt als Alternative aber aus, wie Pro-Potsdam-Sprecherin Anna Winkler auf PNN-Anfrage sagte. Die Räume seien im Rahmen des im Sommer geschlossenen Konzessionsvertrages für die Kreativbranche vorgesehen, die Nachfrage sei auch groß.

Wichtig sei, dass auch an einer neuen Adresse Platz sei für einen Synagogenraum, die Gemeindearbeit und die Arbeit mit Jugendlichen, sagte der Gemeindevorsitzende Tkach den PNN. Glücklich wirkt er nicht über den notwendigen erneuten Umzug.

Bis zu 300 Wohnungen sollen auf dem Areal der Feuerwache laut Bebauungsplan entstehen. Bevor es mit dem Bau losgehen kann, muss noch ein Investorenauswahlverfahren abgeschlossen werden. Es soll im Sommer kommenden Jahres starten und voraussichtlich 2017 abgeschlossen werden (PNN berichteten).

Einem in diesem Sommer ins Spiel gebrachten Erhalt der Feuerwache und Neunutzung als Bürohaus für Kreative oder Flüchtlingsunterkunft hatte die Pro Potsdam eine Absage erteilt. Diese Variante sei geprüft und als zu teuer verworfen worden, hieß es. Durch den langen Leerstand seien Fenster defekt, auch die Abwasser- und Elektroanlagen hätten saniert werden müssen. Die 1962 errichtete ehemalige Feuerwache steht seit 2010 leer. Auf dem Hof waren bis in den Mai Container für rund 50 Flüchtlinge aufgestellt. Die Feuerwehr nutzt mittlerweile einen Neubau in der Holzmarktstraße an der Humboldtbrücke.

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