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Joseph Goebbels und Brandenburg: NS-Propagandaminister steht auf Potsdams Ehrenbürger-Liste

Unangenehme Überraschung aus Babelsberg: Bei Recherchen für die Ehrenbürgerliste entdeckten Mitarbeiter der Stadt Potsdam, dass darauf auch Joseph Goebbels aufgeführt ist. Grüne fordern Distanzierung.

Potsdam - Die Stadt Potsdam hat bei Recherchen eine unangenehme Entdeckung gemacht: Hitlers Propagandaminister Joseph Goebbels wurde einst vom heutigen Stadtteil Babelsberg 1938 zum Ehrenbürger ernannt, ohne dass ihm diese Würde bis heute aberkannt wurde. Das bestätigte die Stadtverwaltung am Dienstag auf Nachfrage. Zunächst hatte die „Märkische Allgemeine“ berichtet. Die Ernennung erfolgte am 1. April 1938, ein Jahr später wurde Babelsberg in Potsdam eingemeindet.

Zwar erlischt die Ernennung mit dem Tod der ernannten Person, im Fall von Goebbels also am 1. Mai 1945. Auf der Liste der Ehrenbürger, die die Stadt auf potsdam.de veröffentlicht hat, sind aber auch die Aberkennungen der Ehrenbürgerschaften für Adolf Hitler und Reichsinnenminister Wilhelm Frick genannt.

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Zur Ernennung von Goebbels steht auf der Seite zu Potsdams Ehrenbürgern seit dem 19. Jahrhundert, das von der Stadt Babelsberg an Goebbels verliehene Ehrenbürgerrecht wurde „posthum nicht aberkannt, vermutlich aufgrund mangelnder Kenntnis der erfolgten Verleihung.“

Die Entdeckung hatten Mitarbeiter bei Recherchen für die auf potsdam.de veröffentlichte Ehrenbürger-Liste gemacht. Wann dies genau war, konnte Stadtsprecherin Christine Homann nicht sagen. Im Spätsommer habe es die Recherchen gegeben. Die neue Erkenntnis werde wohl zu einer weiteren Aberkennung führen. Über das Thema würden „zeitnah“ die Stadtverordneten beraten. Ob dies schon in der kommenden Stadtverordnetenversammlung der Fall sein werde, sei aber noch offen.

Grüne-Stadtfraktion fordert Distanzierung

Die Stadtfraktion der Grünen plant einen Stadtverordnetenantrag zur Distanzierung von der ehemaligen Ehrenbürgerschaft des NS-Propagandaministers. Weitere Fraktionen wurden laut einer Pressemitteilung zur Mitantragstellung eingeladen.

"Es ist uns wichtig, hier Position zu beziehen. Joseph Goebbels war einer der schlimmsten Verbrecher des NS-Regimes. Die neue Information zu seiner damaligen Ehrenbürgerschaft darf nicht ohne Reaktion bleiben", so die Co-Fraktionsvorsitzende Saskia Hüneke.

Da diese Ehrenbürgerschaft bereits Geschichte sei, sei eine Aberkennung nicht möglich. "Deshalb wollen wir - wie schon bei der Ehrenbürgerschaft Paul Hindenburgs - auch bei Joseph Goebbels eine klar dokumentierte Distanzierung erwirken", so Hüneke.

Auch in anderen Orten war Goebbels zum Ehrenbürger ernannt worden. Die Stadt Teltow (Potsdam-Mittelmark) etwa strich ihn im Jahr 2014 von der Liste – knapp 70 Jahre nach dem Ende der Nazizeit. Auch dort war, laut den damaligen Angaben der Stadt, eine „Wissenslücke“ Schuld an der späten Aberkennung. Berlin erkannte Goebbels gemeinsam mit Hitler schon kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs den Status wieder ab. (dpa)

Anna Kristina Bückmann

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