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So soll das neue Innovationszentrum in Potsdam einmal aussehen.

© GRAFIK: J. MAYER H. UND PARTNER

Jetzt geht er in die Offensive: RAW-Investor kündigt weitere Projekte in Potsdam an

RAW-Chef Mirco Nauheimer verteidigt die Pläne für das geplante Digitalzentrum, kündigt neue Potsdamer Projekte an - und wehrt sich gegen anonym erhobene Vorwürfe von Geldwäsche.

Potsdam - Es soll Potsdam in eine neue Liga katapultieren und zu einem bundesweit wichtigen Digital-Innovationsstandort mit internationaler Ausstrahlung machen: das Digitalzentrum „The RAW Potsdam“ am Hauptbahnhof. Vor den entscheidenden Abstimmungen über das 100-Millionen-Euro-Projekt in Bauausschuss und Stadtparlament Ende des Monats geht der öffentlich bislang nicht bekannte Investor jetzt in die Offensive. 

Zwei neue Millionenprojekte bereits "vertraglich gesichert"

Über den Geschäftsführer seiner Potsdamer Firma, Mirco Nauheimer, lässt er zwei weitere Millionen-Projekte in Potsdam ankündigen: Bereits „vertraglich gesichert“ sei der Bau von 600 Wohnungen zentral in der Stadt. Dazu komme ein Gewerbeprojekt. Beides seien Investitionen „in ähnlicher Größenordnung“ wie das RAW-Digitalzentrum. Genauere Angaben, auch zu den Standorten, will Nauheimer nicht machen.

Dennoch scheint die Botschaft des Geschäftsführers klar. Der anonyme Investor kann die Landeshauptstadt voranbringen – er sollte nicht verprellt werden. Genau dies könnte jedoch geschehen, und zwar an gleich zwei Flanken: Wegen kursierender Vermutungen, es könne sich um einen dubiosen Geschäftsmann handeln, und wegen der Kritik am Entwurf des Berliner Stararchitekten Jürgen Mayer H. für den Neubau am ehemaligen Reichsbahnausbesserungswerk (RAW).

Anonyme Autoren hatten dem Investor Geldwäsche vorgeworfen

Die Vermutungen und Unterstellungen, wonach es sich beim Digitalzentrum um ein zwielichtiges Geschäft, ja gar um Geldwäsche handeln könne, wurden anonym im Internet über die Seite www.potsdam-stadtfueralle.de publiziert. Eine Autorenschaft wird nicht kenntlich gemacht, dies verweigert das „Redaktionskollektiv Stadt für alle Potsdam“ sogar.

Um den Vorwürfen zu begegnen, lud Geschäftsführer Nauheimer nun Journalisten von PNN und „Märkischer Allgemeiner Zeitung“ ein, um die Gesellschaftsstruktur offenzulegen sowie den Namen des Investors zu nennen, wie er dies bereits gegenüber der Potsdamer Stadtverwaltung und Banken getan habe – jeweils unter der Maßgabe, dass der Name weiterhin nicht veröffentlicht wird. Dies begründet Nauheimer mit dem Wunsch des Mannes nach Privatsphäre sowie der persönlichen Sicherheit.

Mirco Nauheimer ist Geschäftsführer der Potsdamer Firma des anonymen RAW-Investors.
Mirco Nauheimer ist Geschäftsführer der Potsdamer Firma des anonymen RAW-Investors.

© Andreas Klaer

Der anonyme Investor stammt ursprünglich aus Lettland

Er machte jedoch weitere Angaben zum Investor, der als „alleiniger wirtschaftlich Berechtigter“ hinter dem RAW und den weiteren geplanten Großprojekten stehe: Der Mann stamme ursprünglich aus der lettischen Hauptstadt Riga. Er sei schon mit 16 Jahren nach London gegangen, habe dort unter anderem in Cambridge studiert und verdiene sein Geld mit Öl- und Rohstoffhandel, so Nauheimer. Er habe verschiedene Wohnsitze in Europa und bereits in Hightech-Unternehmen vor allem in den USA und Israel investiert sowie in die Förderung von Sport, Bildung und Medizin. Der Mann sei ein „Workaholic“, das Potsdamer Projekt mache ihm Spaß, sagt der RAW-Geschäftsführer. Auch die Architektur sei dem Investor wichtig; am Auswahlprozess des internen Verfahrens habe er nicht teilgenommen, finde den modernen Entwurf von Architekt Jürgen Mayer H. jedoch gut. Er habe zudem bereits andere Projekte in Deutschland realisiert.

Warum will dieser Mann nun ausgerechnet in Potsdam investieren? Auf die Idee gebracht hat ihn eigenen Aussagen nach der jetzige RAW-Geschäftsführer Nauheimer, der seit mehr als 20 Jahren in Potsdam lebt und als Immobilienprojektentwickler tätig ist. Er sei auf das RAW-Gelände aufmerksam geworden, das damals noch dem Wohnungsbauunternehmer Theodor Semmelhaack gehörte, und habe es dem Investor, den er seit 2013 aus gemeinsamen Projekten kenne, vorgeschlagen. Mit dem Ergebnis: Es wurde die RAW Media Havel GmbH gegründet, jüngst laut Nauheimer wegen des griffigeren Namens umbenannt in The RAW Potsdam GmbH. Diese erwarb für rund sechs Millionen Euro von Semmelhaack das 12 800 Quadratmeter große Grundstück mit den verfallenen, aber denkmalgeschützten Hallen des ehemaligen Reichsbahnausbesserungswerks (RAW) zwischen Bahntrasse und Friedrich-Engels-Straße.

Das Mutterunternehmen hat seinen Sitz auf Zypern

Hinter der The RAW Potsdam GmbH steckt, so viel war bislang schon bekannt, als 100-prozentiges Mutterunternehmen die Green Palmers Holdings Limited mit Sitz in Limassol auf Zypern – der EU-Steueroase mit niedriger Körperschaftssteuer, strengem Bankgeheimnis und wohl Zehntausenden Briefkastenfirmen. Die Insel galt „lange als Fluchtpunkt für Geschäftsleute aus der ehemaligen Sowjetunion, die hier ihr Geld vor dem Fiskus verbergen wollten“, schrieb jüngst das „Handelsblatt“.

Dass der Unternehmenssitz auf Zypern Misstrauen wecken kann, räumt der Potsdamer RAW-Geschäftsführer Nauheimer ein – doch dafür gebe es in diesem Fall keinen Grund. Er legt das Gesellschaftskonstrukt vor, das laut Nauheimer aus treuhänderischen Kapitalgesellschaften besteht, die jedoch alle 100-prozentig dem besagten anonymen Investor gehören. Nauheimer präsentiert Treuhand- und Kreditverträge, die dieses und die Zahlungsflüsse zugunsten der The RAW Potsdam GmbH belegen sollen, sowie Dokumente internationaler Banken und Wirtschaftsprüfer, die darin die Liquidität und Kreditwürdigkeit des Hauptunternehmens des Öl- und Rohstoffhändlers mit Sitz in Asien bestätigen. Zudem führt Nauheimer an, dass die The RAW Potsdam GmbH eine deutsche Gesellschaft sei, mit einem Konto bei der Mittelbrandenburgischen Sparkasse. Diese prüfe die Geldflüsse laut Geldwäschegesetz. Auch die Stadtverwaltung prüfe die von Nauheimer eingereichten Unterlagen – sie müsse sich davon überzeugen, dass der Investor, mit dem sie, so die Stadtverordneten dem RAW-Plan zustimmen, einen Durchführungsvertrag schließe, auch zahlungsfähig sei. 

"Aus fachlichen Gründen" von der umstrittenen Firma Trockland getrennt

Stellung nahm Nauheimer auch erneut zur Verbindung zwischen der The RAW Potsdam GmbH und dem Berliner Projektentwickler Trockland, der kürzlich wegen Minderheitsbeteiligungen von Familienmitgliedern des turkmenischen Despoten Saparmurad Niyasov in die Kritik geraten war. Trockland habe zu keinem Zeitpunkt Anteile an der Potsdamer Firma gehalten, wiederholte Nauheimer. Es habe nur eine mündliche Vereinbarung über das Projektmanagement gegeben; zudem war Trockland-Mitgründer und CEO Heskel Nathaniel auch RAW GmbH-Geschäftsführer. Aus „fachlichen Gründen“ habe man sich jedoch getrennt, so Nauheimer, Nathaniel sei nicht mehr in Verantwortung.

Und die Architektur? Die Fraktionen von SPD, CDU und Linke kündigten auf PNN-Anfrage am Freitag an, der Aufstellung des vorhabenbezogenen Bebauungsplans für das RAW-Digitalzentrum zuzustimmen. Auch Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) befürwortet das Projekt. Damit wäre eine Mehrheit im Bauausschuss am 22. und in der Stadtverordnetenversammlung am 31. Januar jeweils sicher. Allerdings geht dann das Verfahren erst los – mit welchen Vorgaben für den Investor und Bauherren es endet, ist offen. Nauheimer signalisiert wenig Bereitschaft, den Mayer-Entwurf zu verändern – zumal man bereits Vorschläge des Gestaltungsrats umgesetzt habe. Jede Änderung werde zu rund einem Jahr Zeitverzug führen. Trete dies ein, sei es sehr wahrscheinlich, dass die beiden großen Tech-Unternehmen, die 2022 einziehen wollen, sich stattdessen in Hamburg ansiedelten.

Hintergrund: Hightech-Zentrum am Hauptbahnhof
Das Digitalzentrum „The RAW Potsdam“ soll auf dem 12 800 Quadratmeter großen Gelände des ehemaligen Reichsbahnausbesserungswerks (RAW) am Hauptbahnhof entstehen. Dafür sollen die denkmalgeschützten ehemaligen Werkhallen saniert sowie ein Neubau errichtet werden. Der Investor gibt Kosten von 100 Millionen Euro an, entstehen sollen 1000 Arbeitsplätze. 

Zwei „international agierende und bekannte“ Tech-Unternehmen aus Japan und Korea, die der Investor aus gemeinsamen Projekten kenne, sollen Anfang 2022 mit insgesamt 700 Mitarbeitern einziehen. Eine Firma werde einen Fonds für Startups in Höhe von 75 Millionen Euro mitbringen. Die möglichen Groß-Mieter seien Innovationstreiber auf den Gebieten der Künstlichen Intelligenz (KI), der Augmented Reality und des Autonomen Fahrens. Maßgeblich für ihre Entscheidung für Potsdam sei neben dem Konzept für das RAW-Digitalzentrum der Sitz des Hasso Plattner Instituts und dessen kommende Erweiterung. „Sie setzen darauf, dass sie Absolventen gewinnen können“, so „The RAW Potsdam GmbH“-Chef Nauheimer. 

Konzipiert ist das RAW-Zentrum als „Creative Village“, das neben Büroräumen Freifläche zum Aufenthalt und für Veranstaltungen bieten soll. Es solle zudem Schaufenster sein für Nachhaltigkeitsforschung wie Energiegewinnung aus Algen, wie sie in Golm entwickelt werde. Auch werde man wohl eine Schallschutzmauer mit Moosbepflanzung zur Bahntrasse hin errichten – weil das Moos ein wahrer Feinstaub-Fresser sei, so Nauheimer. Mit diesem Konzept werde „The RAW“ auch Startups anziehen. Ihnen wolle man vergünstigte Services bieten – beispielsweise Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung. Für die „breite Nutzung“ der Häuser seien in den alten Hallen ein Hörsaal mit 500 Plätzen, der auch für Konzerte genutzt werden könnte, sowie eine Freitreppe mit noch einmal 500 Plätzen geplant. 

In dem Neubau sollen ebenfalls Büros entstehen, im Erdgeschoss jedoch auf 800 Quadratmetern auch ein Supermarkt und ein Fitnessstudio sowie in der Spitze des Baus, der die alten Hallen mit einer Brücke überspannt, ein Gästehaus mit 63 Betten. Fördergeld werde nicht benötigt. Im April, spätestens Mai 2019 wolle man mit der Kampfmittelberäumung und archäologischen Untersuchung starten und dann wohl die Grube für die Tiefgarage ausheben. Somit werde der Investor aufgrund des engen Zeitplans zwei bis drei Millionen Euro investieren, ohne Baurecht zu haben. Der Hochbau solle 2020 beginnen und zwei Jahre dauern. 

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