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Die Perseiden fliegen derzeit über den Nachthimmel. Am Mittwoch sollen die meisten Sternschnuppen zu sehen sein.

© dpa

Interview | Planetariumsleiter Simon Plate: "Die sausen über den ganzen Himmel"

Planetariumsleiter Simon Plate über Sternschnuppennächte und Maßnahmen gegen Lichtverschmutzung.

Herr Plate, wir stecken mitten den Sternschnuppennächten der Perseiden. Und gefühlt ist gerade erst der Komet Neowise an uns vorbeigezogen. Wir hingen nächtelang am Fenster und wollten den sehen. Ist 2020 ein besonderes astronomisches Jahr oder sind wir alle nur besonders sensibel?

Es ist schon ein toller Sommer zum Beobachten und Neowise hat da tatsächlich einen extra Anschub und Ansporn gegeben. Und jetzt kommen einige der schönsten Sternschnuppennächte des Jahres, wir haben klare, warme Nächte, also angenehme Beobachtungsbedingungen, und hohe Fallzahlen – den Begriff benutzt man auch bei Sternschnuppen. Am Mittwoch ist die Fallzahl am größten. Da sind es durchschnittlich 100 Sternschnuppen in der Stunde. Ungünstig in diesem Jahr ist nur, dass der meiste kosmische Staub, und daraus bestehen ja Sternschnuppen, tagsüber fällt. Das heißt, man muss entweder in den frühen Morgenstunden, zwischen 3 und 4 Uhr, in den Himmel schauen. Aber da könnte der helle Mond stören. Besser ist die Stunde vor Mitternacht. Da scheint der Mond noch nicht. 

Simon Plate.
Simon Plate.

© Ottmar Winter

Und dann muss man Richtung Nord-Ost schauen? 

Im Nordosten steht das Sternbild Perseus, da scheinen die Schnuppen herzukommen. Aber die sausen ja über den ganzen Himmel. Einfach den ganzen Himmel scannen aber möglichst nicht dort, wo hohe Gebäude oder Baumkronen stören. Stadtrandlage oder Feldrand wären gut. 

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Bei 100 pro Stunde müsste ich dann schon in fünf Minuten welche sehen. 

Ich würde mir eine halbe bis eine Stunde Zeit nehmen. Es dauert, bis sich das Auge an die Dunkelheit gewöhnt. Man kann sich gemütlich auf den Rücken legen und den Blick schweifen lassen. 

Nachts mal kurz ans Fenster oder auf den Balkon, weil man gerade nicht schlafen kann, das ist also wenig erfolgversprechend? 

Wenn man aus dem dunklen Schlafzimmer kommt, dann kann das mit etwas Glück schon funktionieren, aber die große Einschränkung ist, dass man dabei meist nur einen kleinen Himmelsausschnitt überblickt. 

Wie groß sind die Teile, die da fliegen? 

Das sind wirklich nur kleine Krümel aus dem Schweif des Kometen Swift-Tuttle. Der umkreist die Sonne und ist selber schon längst weg, aber der Staub ist noch da und da fliegt jetzt die Erde hindurch. Es gibt auch größere Stückchen, Kieselsteingröße, die leuchten heller und etwas länger, einige Sekunden. So genannte Feuerkugeln. 

Die sind nur so groß oder vielmehr klein wie ein irdischer Kieselstein?
Ja, es ist erstaunlich, wie intensiv die leuchten und wie weit man das sieht, wenn die in der Erdatmosphäre verglühen. 

Der Potsdamer Bauausschuss berät heute über einen Antrag für eine Lichtschutzsatzung, Damit das astronomische Beobachten leichter wird und die Insekten geschützt werden. 

Das wäre großartig, wenn wir so was bekämen. 

Was wäre Ihrer Meinung da zu tun? 

Wir müssen Beleuchtungsarten vermeiden, bei denen der Nachthimmel erhellt wird. Also nur bestimmte Flächen oder Fassaden anstrahlen und Straßenlampen aufstellen, die nach unten aber nicht seitlich oder nach oben strahlen. Dafür gibt es auch Schutzschilde oder ähnliches, das man nachrüsten kann. 

Gibt es möglicherweise auch aufgrund der Coronakrise gesteigertes Interesse an astronomischer Beobachtung, weil die Menschen mehr Zeit haben oder weil der Sternenhimmel so was Tröstliches, Beruhigendes hat? 

Das kann ich mir gut vorstellen, aber die Sterne haben seit eh und je den Menschen fasziniert. Seit das Planetarium wieder geöffnet ist, haben wir jedenfalls großen Zulauf. 

Kaufen sich mehr Menschen jetzt auch ein eigenes Teleskop für zu Hause? 

Ja, ich habe da schon viele Beratungsgespräche geführt – das kenne ich sonst nur aus der Zeit vor Weihnachten. Wir, also das Planetarium, sind auch für solche Fragen da. Mich freut das gewachsene Interesse zudem, weil ich selbst sehr gerne beobachte. Wenn man den Saturn oder Jupiter durch das eigene Fernrohr sieht, das ist ein Erlebnis, da fühlt man sich wie ein Entdecker. 

Was muss man denn etwa ausgeben für ein taugliches Fernrohr? 

Man bekommt schon gute Einstiegsgeräte für unter 100 Euro, auch als Sonderangebot in Supermarkt oder Kaufhaus. Aber am besten geht man erstmal mit Freunden mit, informiert sich und probiert aus, ob das was für einen ist. 

Die Sternschnuppen kann man jedenfalls mit dem bloßen Auge sehen. Falls ich Mittwochnacht verhindert bin – wie viel Zeit habe ich dann noch? 

Offiziell fallen die Perseiden bis 24. August, aber da sind dann nur noch ein paar Nachzügler unterwegs. Bis Ende dieser Woche hat man auf jeden Fall mehr Glück.

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