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TV-Moderator Günther Jauch bei den Feierlichkeiten zur Fertigstellung der Neptungrotte

© Andreas Klaer/PNN

Interview mit Günther Jauch: „Den Umgang mit Bürgern kann man verbessern“

Der TV-Moderator Günther Jauch über die neu restaurierte Neptungrotte, die Garnisonkirche und Löwenzahn auf dem Bürgersteig

Von Peer Straube

Herr Jauch, Sie kannten nach eigenem Bekunden die Neptungrotte nicht. Können Sie Ihren Eindruck beschreiben, als Sie sie dann zum ersten Mal gesehen haben?
 

Das war eine Schrottgrotte, ein Haufen überwachsener Steine, die meisten Skulpturen fehlten, alles war irgendwie durchnässt, überwuchert von Pflanzen. Für mich war es unvorstellbar, vor allem, was den Innenraum angeht, in welcher Pracht der wiedererstehen könnte. Das war nicht zu erahnen.

Es ist ja nicht das erste Projekt der Schlösserstiftung, für das Sie gespendet haben. Können Sie sich noch an alle erinnern?

Alle nicht. Die Löwenfontäne im Schlosspark Glienicke und der Kloebersaal im Marmorpalais fallen mir ein. Und das Fortunaportal, aber das hat ja nichts mit der Stiftung zu tun.

Haben Sie schon ein neues Projekt im Auge?

Im Moment nicht. Ich freue mich im Moment so über den Tag heute. Und dann schauen wir mal. Es kommt ja immer mal wieder was.

Das von Ihnen bereits erwähnte Fortunaportal gilt ja als Initialzündung für den Wiederaufbau der Potsdamer Mitte. Wie zufrieden sind Sie denn mit den Entwürfen für das neue Karree?

Ich finde das schön und auch interessant – gerade auch die Kombination aus den stilprägenden Altbauten, etwa die Acht-Ecken-Häuser oder das Knobelsdorff-Haus neben der Nikolaikirche, mit den modernen Gebäuden dazwischen. Ich bin sehr froh, dass das dort jetzt vorwärtsgeht. Es hat ja auch ziemlich lange gedauert.

Sie haben auch für die Garnisonkirche gespendet und 1,5 Millionen Euro für den Bau der Aussichtsplattform zur Verfügung gestellt. Nach wie vor ist das Projekt äußerst umstritten ...

Zeigen Sie mir ein Bauwerk in Potsdam, das nicht umstritten ist!

Hier gibt es aber einen bestimmten Grund, die braune Vergangenheit der Kirche.

Ich bin dagegen, Bauwerke für ihre Historie verantwortlich zu machen. Es käme ja auch niemand auf die Idee, das Berliner Olympiastadion abzureißen, nur weil es zur Nazizeit erbaut wurde. Ich finde den Versöhnungsgedanken, der mit dem Wiederaufbau des Turms verbunden ist, sehr gut. Und auch die Initiativen, die es gibt und die diesen Gedanken befördern sollen, gehen genau in die richtige Richtung. Das ist auch mit ein Grund, warum ich mich für die Spende entschieden habe.

Nach derzeitigem Stand wird dort zunächst einmal aber nur ein Turmrumpf stehen ohne barocke Zierelemente, weil noch zehn Millionen Euro fehlen. Werden Sie noch einmal finanziell nachlegen?

Ich bin ja schon tätig. Aber die Erfahrung lehrt ja, dass, wenn erst einmal etwas wächst und man nicht nur auf eine Brache schaut, auch mehr Geld gespendet wird. Das hat man am Berliner Schloss gesehen. Wenn es vorangeht, wenn ein Vorhaben Begeisterung auslöst, dann zieht das andere mit. Der erste Schritt ist immer der schwerste, und deswegen gebe ich auch oft gern finanziell diesen ersten Anreiz. Ich habe in Potsdam noch kein Vorhaben gesehen, dass dann auf halber Strecke steckengeblieben wäre.

Am Sonntag wird ein neues Stadtoberhaupt gewählt. Welche Erwartungen haben Sie persönlich an die neue Rathauschefin oder den neuen Rathauschef?

Potsdam ist ja eine wunderbare und finanziell glückliche Stadt. Hier wird ordentlich was erwirtschaftet, die Steuersituation ist gut, die Stadt ist jung, es gibt viele Familien mit Kindern, viel Forschung, Technik und viel Intelligenz. Ich finde, daraus kann man viel machen – und vielleicht auch ein bisschen mehr, als das in der Vergangenheit geschehen ist.

Wo hapert’s aus Ihrer Sicht?

Ach, da gibt es die verschiedensten Dinge...

Nennen Sie bitte ein Beispiel.

Mal ein ganz banales: Wenn Sie sich als Bürger an die Verwaltung oder auch an den Oberbürgermeister wenden, kann das manchmal sehr lange dauern, bis Sie eine Antwort bekommen, wenn Sie überhaupt eine kriegen.

Das dürfte für Sie nicht gelten.

Ich rede da auch nicht von mir. Man liest ja oft von solchen Fällen in der Zeitung. Das ist ein Umgang mit den Bürgern, den man verbessern kann.

Denken Sie da an etwas Konkretes?

Nun, wenn etwa das Ordnungsamt besonders darauf achtet, dass zwischen einem Haus und der Bürgersteigkante kein kleiner Löwenzahn wachsen darf. Da ist der Bußgeldbescheid nebst Fotodokumentation schnell geschrieben. Wenn dasselbe Haus aber vorher 25 Jahre der Stadt gehört hat und dort schon Birken aus den Regenrinnen gewachsen sind, interessiert das selbstverständlich keinen. Das sind nur kleine Beispiele.

Was halten Sie als Autoliebhaber von einer autofreien Innenstadt, wie sie beide Oberbürgermeisterkandidaten – die eine mehr, der andere weniger – anstreben?

Eine völlig autofreie Innenstadt halte ich für schwierig, nicht zuletzt für ältere Menschen. Ich sehe ein, dass man Anreize schaffen muss, damit die nicht gut ausgelasteten Parkhäuser besser genutzt werden. Aber alles zu sperren, halte ich nicht für richtig. Schon jetzt sieht man oft Auswärtige verzweifelt suchen, auf welchen Wegen man wie in die Stadt gelangt, das ist schon sehr verzwickt. Man darf nicht in Extreme verfallen. Es geht weder darum, Verkehr ungehindert zuzulassen, noch darum, alles zuzumachen. Eine Abkehr von diesen Extremen wäre meiner Ansicht nach der richtige Weg.

Das zweite große Thema in Potsdam neben dem Verkehr ist das Wohnen. Haben Sie als jemand, der selbst viele Häuser saniert hat und Wohnungen vermietet, eine Idee, wie man die Mieten in der Stadt auf einem verträglichen Niveau halten kann?

Die Politik kann da eine Menge tun. Wenn sich die Stadt beispielsweise mit dem Bund oder dem Land einigen würde, dass mehr Bauland ausgewiesen wird, wäre das eine Möglichkeit. Bislang verkauft die Kommune aber grundsätzlich an den Höchstbietenden.

Darüber wird auch stark diskutiert.

Dennoch. Hinzu kommt, dass Investoren dann auch noch einen Spielplatz bauen sollen, demnächst vielleicht noch einen Anteil von 30 Prozent Sozialwohnungen...

Was ist daran falsch?

Sozialwohnungsbau ist ja auch nicht das Allheilmittel. Wie wir aus den Erfahrungen der 60er- und 70er-Jahre wissen, fallen die Nutzer – was ja schön ist – oft nach einer gewissen Zeit aus der Bedürftigkeit heraus, bleiben aber trotzdem in den Wohnungen. Damit ist dann nichts gewonnen.

Welche Möglichkeiten gibt es dann?

Sehen Sie, man darf nicht vergessen, dass der Staat mit seinen vielen Auflagen einer der größten Preistreiber überhaupt im Wohnungsbau ist. Da könnte man gegensteuern. Die Grunderwerbssteuer ist in Brandenburg eine der höchsten in ganz Deutschland, auch da gibt es Möglichkeiten. Der Staat und die Kommunen neigen dazu, alle Kosten immer weiterzuschieben. Nehmen Sie die Grundsteuer. Die wird gern mal erhöht – ohne aber zu beachten, dass das letztlich von den Mietern bezahlt wird.

In Potsdam kommt ein Konfliktfeld hinzu: Viele Wohnungsbauprojekte sind umstritten, weil sie die Welterbe-Umgebung stören.

Damit müssen alle Beteiligten zurechtkommen – auch die Stadt. Am Markusplatz in Venedig dürfte man auch kein Hochhaus bauen. Und schauen Sie einmal vom Mühlen- oder Pfingstberg hinunter, wie viele Hochhäuser es hier gibt. Es gibt also bereits historisch gewachsene Verstöße. Daran soll sich auch nichts ändern, aber so weitergehen sollte es für meine Begriffe eben auch nicht.

Günther Jauch, 62, ist einer der bekanntesten und beliebtesten deutschen Fernsehmoderatoren. Seit den 90er-Jahren lebt er in Potsdam und engagiert sich seitdem in der Stadt.

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