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Mathias Döpfner, 49, Vorstandsvorsitzender der Axel Springer AG, lebt mit Frau und drei Söhnen in Potsdam.

© Arno Burgi/dpa

Interview: "Mich macht diese autoaggressive Energie sprachlos"

Der Potsdamer Mathias Döpfner, Vorstandschef der Axel-Springer-AG, über Hasso Plattners Kunsthalle, Potsdams Schönheit und sein ganz persönliches Bekenntnis zu Potsdam.

Mäzen Hasso Plattner hat angekündigt, seine Kunsthalle nicht am Lustgarten an Stelle des Hotel Mercure zu bauen sondern am Stadtrand am Jungfernsee. Er wolle nicht in politische Debatten geraten – das sei aber passiert. Ist Potsdam nicht gut zu seinen Freunden und Mäzenen?

Es ist vor allem nicht gut zu sich selbst. Dieses Projekt an dieser Stelle zu verhindern, ist eine Selbstbeschädigung. Mich macht diese autoaggressive Energie sprachlos.

Wo müsste denn Ihrer Meinung nach das Kunstmuseum vom Ort her entstehen?

Ich teile die Meinung, dass das Hotel Mercure und das Schloss unvereinbar sind. Es ist kein Denkmal, es ist kein schönes Haus, selbst als Hotel wird es bald nicht mehr genutzt. Es sollte weg. Ich finde übrigens keineswegs, dass alle DDR-Plattenbauten aus der Stadt verschwinden müssen, das ist ein Teil der Stadtgeschichte und der Architektur, das muss erhalten bleiben. Aber bitte nicht dieses Haus an dieser Stelle! Man hat sich jetzt für das Stadtschloss entschieden, und beides geht einfach nicht. Dieses Stadtschloss mit diesem Hochhaus-Riegel, der dort hineinsticht - das tut regelrecht weh. Und mit dieser Option eines zurückgenommenen, aber radikal modernen Baus für eine Kunsthalle hätte die Stadt auch architektonisch eine einmalige Chance. Die Kombination eines dominanten historischen Stadtschloss als Teil der Geschichte der Stadt mit einem radikalen zeitgenössischem Statement wäre ideal. Geschichte trifft Gegenwart.

Dann hätte man ja auch die Schlossgegner versöhnt.

Auch das noch. Und Plattner kann man nur den Satz von Johannes Gross empfehlen: „Der Klügere gibt nach? Ja wo kämen wir denn da hin!“ Wird man auch außerhalb Potsdams darauf angesprochen, dass man als Potsdamer mit Hasso Plattner einfach Glück hat? Ja, das wird natürlich auch überregional bemerkt und macht die Leute auch neugierig auf Potsdam.

DIESER TEXT IST EIN AUSZUG AUS: „Hier kann jeder ein bisschen Pionier sein“ - Mathias Döpfner, Vorstandschef des Axel-Springer-Konzerns, über Potsdams Schönheit, Mäzene, die Villa Schöningen, Kunst, Hasso Plattner, seine Erfahrungen mit der Bürokratie, Neu- und Alt-Potsdamer – und sein ganz persönliches Bekenntnis über den Tod hinaus zu Potsdam. DAS GANZSEITIGE INTERVIEW FINDEN SIE IN DER DIENSTAGAUSGABE DER POTSDAMER NEUSTEN NACHRICHTEN

Hasso Plattner baut eine eigene Kunsthalle und bietet auch seine eigene private Kunstsammlung an…

Das finde ich ganz großartig. Das ist ein absolut vorbildliches Beispiel für privates bürgerschaftliches Engagement in Potsdam. Das stärkt die Bedeutung Potsdams als Kunststadt. Das freut mich auch, weil wir die Villa Schöningen als so eine Art Vorposten verstanden habe. Wir machen etwas Kleines, und jetzt kommt Plattner und macht etwas Großes. Das ist eine unglaubliche Bereicherung für die Stadt. Ich habe mich riesig gefreut, als ich das gelesen habe.

Haben Sie darüber gesprochen?

Nein. Wir kennen uns gar nicht. Ich würde ihn gern einmal kennenlernen. Ich bewundere ihn auch als Unternehmer, was er mit SAP gemacht hat, ist einzigartig. Und was er im Bereich der Kunst macht, hat hoffentlich auch Folgen und stimuliert andere.

Keine Konkurrenz zu Ihrer Villa Schöningen, in der Sie in wechselnden Ausstellungen zeitgenössische Kunst zeigen?

Das ist abwegig. Das stärkt und stimuliert sich doch alles gegenseitig.

Wenn Sie irgendwo in der Welt gefragt werden, woher Sie kommen, sagen Sie dann der Einfachheit halber Berlin oder sagen Sie Potsdam?

Ich sage beides. Ich sage zuerst Berlin, weil die Leute damit etwas anfangen können, und sage im zweiten Satz „To be precise, I'm living in Potsdam, which is a beautiful city nearby“. Wobei Potsdam schon recht bekannt ist, durch die Potsdam-Konferenz. Es ist fast schon ein international brand.

Sie sagen von sich, sie sind Potsdamer?

Ich bin Potsdamer. Ja, absolut. Ich habe mir in Potsdam sogar schon ein Grab besorgt: auf dem Bornstedter Friedhof. Am besten man organisiert diese Dinge in früher Jugend.

Sie haben schon eine Familiengruft?

Nein, ein Grabfeld. Man kann dort Patenschaften übernehmen, und das habe ich gemacht. Das bedeutet, dass ich und meine Familie da irgendwann einmal beerdigt werden können. Auch eine Art Bekenntnis zu Potsdam.

Diese Stadt hat Freunde wie Plattner, Sie, Günther Jauch und viele, viele andere Leute, die sich in dieser Stadt auffallend engagieren – ob ehrenamtlich oder finanziell. Warum ist das in Potsdam möglich? Das gibt es doch in Berlin eher nicht.

Ich glaube, die besondere Schönheit, die Geschichte und das absolut Unfertige, im Werden begriffene stimulieren dazu. Potsdam ist Neuanfang, hier kann jeder ein bisschen Pionier sein. Terra inkognita erkunden und gestalten. Und unter den tiefer liegenden Schichten deutsche und europäische Geschichte entdecken. Gute und schlechte. Vor allem aber fasziniert Potsdams Schönheit als Ergebnis maximaler Kulturanstrengung. Die romantische Ideallandschaft ist ja das Gegenteil von Natur, das ist Kultur. Die Blickachsen, die Parks, die Schlösser, die spätklassizistische Villen-Architektur – die Idee vom preussischen Arkadien, eine Idealwelt zum Wegträumen. Potsdam ist eine unglaublich sinnliche Stadt. Eben wirklich ein bisschen Italien vor den Toren Berlins.

- Die Fragen stellte Peter Tiede

Am Montagabend ist auf dem Alten Markt in Potsdam von der BI "Mitte schön" zu einer Demosntration für die Kunsthalle am Standort des Mercure aufgerufen worden. Kommen werden auch prominente Potsdamer wie Günther Jauch, Wolfgang Joop, die Schauspielerin Nadja Uhl und der Regisseur Andreas Dresen

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