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Entschieden pro Reli. Wolfgang Huber, Berliner Bischof und Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland.

© Fredrik von Erichsen/picture-alliance/dpa

INTERVIEW: „Der Aufbau der Garnisonkirche hat nationalen Rang“

Altbischof Wolfgang Huber sprach mit den PNN über seine Hoffnung auf Geld vom Bund für den Wiederaufbau der Potsdamer Garnisonkirche und darüber, dass er die Bundeswehr weiter einbeziehen will. Dieses Interview ist erstmals am 22. Dezember 2012 erschienen.

Herr Huber, Sie haben den Aufbau der Garnisonkirche zu Ihrem persönlichen Anliegen gemacht. Frustriert es, dass es permanent Widrigkeiten und Widerstände gibt?

Nein. Wenn es Kontroversen gibt, mache ich mir klar: Es ist ein anspruchsvolles Vorhaben, das geht nicht ohne Konflikte, ohne Phasen der Unsicherheit. Ich bin fest davon überzeugt, dass es richtig ist, die Garnisonkirche wiederaufzubauen.

Um kein früheres Wahrzeichen Potsdams wird so erbittert gestritten.

Um da gelassen zu bleiben, hilft manchmal ein Blick zur Frauenkirche nach Dresden. Auch dort gab es am Anfang viele Schwierigkeiten, große Debatten, um die Konstruktion, um die Orgel. Wir sehen es heute nur in einem rosaroten Licht, weil die Kirche steht, es ein Erfolg, ein Versöhnungsmonument ist. Alles andere ist vergessen.

Sie sind ein Mann des Wortes, überzeugen Sie all die Skeptiker, Kritiker und Gegner! Warum soll es gut sein, wenn die Garnisonkirche wieder in Potsdam steht?

Die Garnisonkirche ist ein großartiges Bauwerk. Sie gehört zur Stadtlandschaft, zur Silhouette. Es ist eine Verpflichtung vieler, denen Potsdam lieb ist, dass das aufgebaute Stadtschloss künftig nicht alleine steht, sondern in der Sichtachse auch wieder die Garnisonkirche. Diese Kirche wurde im Zweiten Weltkrieg schwer zerstört. Sie ist das einzige vergleichbare im Krieg zerstörte große Bauwerk, das inzwischen nicht wieder errichtet worden ist. Mehr noch: Diese Kirche fiel mit der Sprengung des Turms im Jahr 1968, lange nach dem Weltkrieg, auch noch einer SED-Kulturbarbarei zum Opfer. Es gibt in Deutschland keinen kirchlichen Ort, der mit der Widersprüchlichkeit und der Zerklüftetheit unserer Geschichte so intensiv zu tun hat wie die Garnisonkirche in Potsdam. Für mich gibt es deshalb keinen kirchlichen Ort in der Bundesrepublik, in dem man eine verantwortliche Auseinandersetzung mit unserer Geschichte so intensiv praktizieren kann wie in der Garnisonkirche.

Genau die Last der Geschichte, der symbolische Händedruck von Paul Hindenburg und Adolf Hitler am Tag von Potsdam vor der Garnisonkirche, ist das dominierende Argument gegen den Wiederaufbau.

So argumentiert, wer die fast dreihundertjährige Geschichte der Garnisonkirche auf einen einzigen Tag zusammenzieht. Doch es kann nicht richtig sein, einen Geschichtsmythos zu übernehmen, den Joseph Goebbels um der nationalsozialistischen Herrschaft willen konstruieren wollte, nur jetzt mit einem negativen Vorzeichen versehen. Die Garnisonkirche ist mehr als der Tag von Potsdam, viel mehr.

Was meinen Sie damit?

Wir sollten nicht vergessen, dass dieser Ort die Kirche der Union der protestantischen Kirchen und die Schule des Gewissens für Menschen war, die dort Dienst geleistet haben, etwa für Offiziere des Infanterieregiments IR 9, das Widerständler des 20. Juli 1944 hervorbrachte. Wir vergessen nicht, dass die Garnisonkirche in der Zeit nach 1945 ein wichtiger Ort für Gottesdienste war. Wir sollten all dies im Blick behalten, natürlich auch die kritische Auseinandersetzung mit dem 21. März 1933. Die Behauptung aber, an diesem Ort klebe nichts anderes als das nationalsozialistische Regime, wäre im Ergebnis eine Kapitulation vor dem Ungeist von Goebbels und Hitler!

Die braune Asche, so argumentiert Pfarrer Friedrich Schorlemmer, lässt sich von der Garnisonkirche nicht abkratzen.

Bei aller Freundschaft zu Friedrich Schorlemmer: Ich halte es für absolut verfehlt, die Farbe der Nationalsozialisten an ein Gebäude zu malen, das nicht 1933, sondern 1735 errichtet wurde. Diese Reduzierung einer vielfältigen Geschichte auf einen einzigen Tag würde Friedrich Schorlemmer bei Gebäuden, die ihm selbst wichtig sind, in Wittenberg oder anderswo, niemals verzeihen.

Manch Kritiker zieht den Bogen gleich direkt vom Preußenkönig Friedrich dem Großen bis zum Tag von Potsdam.

Dann dürfte man keine „Friederisiko“-Ausstellung machen. Dann dürfte man nicht bejahen, dass wir Sanssouci, das Neue Palais und alles andere, was dazugehört, dankbar als Teil des Potsdamer Unesco-Weltkulturerbes pflegen. Man kann doch nicht im Ernst die Kritik an bestimmten Elementen der preußischen Tradition auf ein einziges Gebäude kaprizieren, ausgerechnet auf eine Kirche, sich aber ansonsten am Preußen-Tourismus erfreuen. Würde man diese Logik aufnehmen und zu Ende führen, müsste man konsequenterweise Potsdam aus dem Weltkulturerbe streichen – oder etwas ähnlich Abwegiges vorschlagen.

Diese Auseinandersetzung wird das Projekt stets begleiten. Die andere Hürde ist profan: das fehlende Geld. Sind Sie enttäuscht, dass der „Ruf aus Potsdam“ nicht stärker erhört wurde?

Die Erfahrung sagt: Projekte, die auf bürgerschaftlichem Engagement beruhen, müssen erst anschaulich sein. Danach gewinnt man die Menschen. Nirgendwo steht die Finanzierung bereits, wenn ein Projekt in Gang gebracht wird. Ja, wir brauchen eine breitere Unterstützung. Aber wir hatten bisher immer die Unterstützung, die wir brauchten, um die nötigen Schritte zu gehen, die Entwurfsplanung, inzwischen auch die Genehmigungsplanung, wir haben die Kapelle gebaut. Für die bisherigen Ausgaben hatten wir das Geld. Ich habe wirklich keinen Grund, mich zu beklagen. Wir haben das alles, Gott sei Dank, innerhalb des Zeitplanes geschafft.

Wie steht es um die weitere Finanzierung?

Wir brauchen für den Turm 38 Millionen, für die ganze Kirche rund 100 Millionen Euro. Der Kontostand ändert sich täglich. Natürlich ist der Zeitplan ehrgeizig, sind die nächsten Schritte riesengroß. Wir wollen den Turm bis 2017 fertigstellen. Ich hoffe, dass wir dafür in Potsdam und über Potsdam hinaus gerade in der nächsten Zeit noch mehr Unterstützung finden.
 
Es bleibt dabei, dass 2013 mit dem Bau des Turms begonnen werden soll?

Das ist unsere feste Absicht.

Fangen Sie trotzdem an, obwohl erst ein Bruchteil der 38 Millionen Euro da ist?

Das Kuratorium hat beschlossen, mit dem Bau nicht zu warten, bis er bis zum Ende durchfinanziert ist, also die 38 Millionen Euro vollständig auf einem Konto liegen. Stattdessen wird der Turm in Abschnitte aufgeteilt, die jeweils durchfinanziert werden, damit sie einzeln vollzogen werden können, Schritt für Schritt.

Mancher in Potsdam befürchtet einen „Turmstummel“, eine unvollendete Kirche.

Natürlich wollen wir keine Bauruine zwischendurch. Wir sind davon überzeugt, dass das Einwerben der Gelder und der Fortschritt des Baus parallel laufen können. Das ist ja auch vernünftig, bei der Frauenkirche in Dresden war es genauso. Wer nicht will, dass uns die Puste ausgeht, der kann seinen Beitrag für eine Atmosphäre in Potsdam, Berlin und in Deutschland leisten, die sicherstellt, dass das Geld da sein wird.

Wie ist der Verhandlungsstand mit der konservativ-orthodoxen Stiftung „Preußisches Kulturerbe“ um den Ex-Bundeswehroffizier Max Klaar, bei der rund 6,3 Millionen Euro für den Aufbau auf Eis liegen?

Weihnachten steht vor der Tür, und ich bin ein friedliebender Mensch. Deshalb sage ich nichts zum Stand der Gespräche mit Max Klaar. Das sind vor allem auch Gespräche, die er mit sich selbst führen muss. Jedenfalls liegt dort ein Betrag. Und es gibt Beträge vergleichbarer Höhe, die wir aus anderen Quellen haben. Wenn sie miteinander verbunden wären, kämen wir schneller voran.

Für diese Stiftung ist es ein „Missbrauch der Garnisonkirche“, wenn am Standort an Kriegsbeginn, Holocaust und Pogromnacht erinnert wird. Sie pocht auf eine „reine“ Kirche, will Geld nur freigeben, wenn etwa Kirchenasyl oder Trauungen gleichgeschlechtlicher Paare ausgeschlossen werden. Lassen Sie sich erpressen?

Es wird keinen Katalog von Dingen geben, die Max Klaar verbietet. Es wird in der Garnisonkirche stattfinden, was nach kirchlichen Maßstäben verantwortet werden kann. Max Klaar wird akzeptieren müssen: Wo Kirche drauf steht muss Kirche drin sein.

Was wird drin sein?

Eine Citykirche, ein Geschichtsort, ein Ort zum Lernen der Verantwortung für den Frieden. Aber zuerst bauen wir ja den Turm auf. Und mir ist wichtig, dass auch der schon in sich selbst eine Funktion, einen Sinn hat, einen mit vier Worten: Beten, Erinnern, Bilden, Sehen.

Das Ursprungskonzept sah ein Versöhnungszentrum vor, mit dem Friedens-Nagelkreuz von Coventry auf der Turmspitze anstatt des preußischen Adlers und der Krone. Warum wurde das verwässert?

Es wurde nicht verwässert, im Gegenteil. Wir belassen es nicht beim Begriff Versöhnung, der von manchen als zu unbestimmt wahrgenommen worden ist, wir gehen weiter. Noch einmal: Beten, Erinnern, Bilden, Sehen.

Was verbirgt sich dahinter?

Es wird ein Ort für Gottesdienste, mit einer Kapelle, um deren innere Gestaltung es gerade noch Diskussionen gibt. Aber auch das werden wir klären. Der Turm wird ferner eng verbunden sein mit dem Erinnern an Geschichte, an Widerstand wie an Anpassung. Und er wird ein markanter Punkt in der Stadtlandschaft sein. Man wird erstmals von der Spitze der Garnisonkirche aus auf Potsdam blicken können. Das Nutzungskonzept ist im Zuge der Debatten praktischer geworden, weniger theoretisch.

Es wurde dabei um das Nagelkreuz ärmer.

Nein, es ist nach wie vor da. Allein die Idee, es in 90 Meter Höhe zu installieren, wurde abgelöst: Man begegnet dem Nagelkreuz auf der Erde. Das finde ich gut.

Die Geschichte dieser Kirche ist untrennbar mit dem Militär verbunden. In dem, was dort früher gepredigt wurde, sehen manche eine unheilvolle Symbiose.

Kennen Sie damalige Reden aus der Garnisonkirche? Was dort gepredigt wurde, ist wirklich eine spannende Frage, mit der wir uns kritisch auseinandersetzen müssen. Wir sollten das untersuchen. Ich sage das, weil zum Beispiel Richard von Weizsäcker, unser früherer Bundespräsident, seine persönlichen Erfahrungen hat. Ganz andere.

Die da wären?

Er ist Ehrenkurator dieses Projektes, er identifiziert sich damit, weil die Garnisonkirche für ihn in der Zeit des nationalsozialistischen Regimes eine prägende Bedeutung hatte, als Ort des Gebetes und der Gottesdienste. Weil er dort nicht aufgefordert wurde, sich an das NS-Regime anzupassen, sein Leben für das nationalsozialistische Vaterland zu lassen, sondern weil er hier eine Gottesbeziehung entwickelt und gelernt hat, ein eigenständiger Christ zu sein. Niemand hat mir berichtet, ihm sei in der Garnisonkirche die nationalsozialistische Ideologie im christlichen Gewand übergestülpt worden. Um nicht missverstanden zu werden: Das mag es auch gegeben haben. Aber wir sollten etwas mehr auf Zeitzeugen hören, die es damals erlebt haben. Wer sich darauf einlässt, der kann gar nicht anders, als hinter die Klischees zu schauen.

Die evangelische Militärseelsorge der Bundeswehr ist Mitstifter des Wiederaufbaus. Passt das wirklich?

Ja, denn Pazifismus bedeutet im Wortsinn, Frieden herstellen, Frieden machen. Es gibt Menschen, die davon überzeugt sind, dass im äußersten Notfall Frieden nur durch die Drohung der Gewalt gesichert werden kann. Alle, die den Aufbau der Garnisonkirche vorantreiben, sind von der Überzeugung durchdrungen, dass Gewaltlosigkeit vorrangig sein muss. Der Streit geht darum, ob unsere Welt allein mit Gewaltlosigkeit gestaltet werden kann, ob es immer möglich ist, das Recht ohne Gewalt durchzusetzen.

Was der evangelische Christ Wolfgang Huber bezweifelt?

Jeder Pazifist muss sich eins klarmachen: Wenn Recht nur gewaltfrei durchgesetzt werden darf, dann müsste das nicht allein beim Militär, sondern auch bei der Polizei oder bei der Frage nach der Legitimation von Gewalt im Widerstand gelten. Genau diese Diskussionen wollen wir in der Garnisonkirche führen.

Deshalb soll die Bundeswehr dabei sein?

Ich halte nichts davon, ausgerechnet den Berufsstand auszusperren, der in die Fragen von Frieden und Gewalt intensiver einbezogen ist als andere. Wir würden hinter den Konsens in unserer Gesellschaft zurückfallen, wenn wir Soldaten nicht mehr als Bürger in Uniform anerkennen. Aber ich sage das auf der Grundlage, dass dies ein Ort der Verantwortung für den Frieden sein soll, was die vorrangige Option für die Gewaltfreiheit einschließt. Die Debatte, was das konkret bedeutet, muss mit allen geführt werden – unter Einschluss der Bundeswehr. Ganz klar: Die Garnisonkirche ist offen für Soldaten, aber es wird nie wieder eine Soldatenkirche sein.

Mit Gedenkgottesdiensten für Soldaten, die bei Auslandseinsätzen getötet wurden?

Angehörige von gefallenen, von ums Leben gekommenen Bundeswehrsoldaten finden in der Garnisonkirche hoffentlich einen Ort, an dem sie verarbeiten können, was ihnen widerfahren ist. Es wird hier aber kein Denkmal für Bundeswehrangehörige geben, die bei Auslandseinsätzen ums Leben gekommen sind. Diese Gedenkstätten gibt es anderswo.

Die Politik hält sich bei der Garnisonkirche auffällig zurück. Wünschen Sie sich mehr Rückhalt von Stadt und Land?

Stadt und das Land unterstützen das Vorhaben. An dieser Haltung gibt es keinen Zweifel. Die Stadt hat klare Signale gesetzt, indem sie das Grundstück an die Stiftung übertragen hat. Die Breite Straße wird ja im Zusammenhang mit dem Bau des Stadtschlosses ohnehin saniert, damit wird der Grundriss des Kirchturms frei. Das Land hat die Planungen und den Bau der Kapelle ermöglicht. Die Politik wird an einem einzigen Punkt zurückhaltend, nämlich wenn sie jeden Monat gefragt wird, ob es weitere Finanzierungsbeiträge gibt.

Welchen finanziellen Beitrag kann oder sollte die öffentliche Hand denn leisten?

Es ist eine Besonderheit der Potsdamer Diskussion, dass bislang nur Beiträge der Stadt und des Landes diskutiert werden. Nun haben Stadt und Land bereits etwas getan, deshalb ist die Frage wegen der Bedeutung des Projekts weiter zu fassen. Wenn es in der nächsten Phase eine Diskussion über weitere Finanzierungsbeiträge gibt, wird sich die eher auf andere Ebenen richten. Man kann dem Dresdner Beispiel die Hoffnung entnehmen, dass es auch bei der Garnisonkirche eine angemessene Beteiligung der öffentlichen Hand geben wird, über Stadt und Land hinaus.

Im Klartext: Sie sehen den Aufbau der Garnisonkirche in Potsdam als ein Projekt von nationalem Rang, gefördert vom Bund?

Ja, für diesen Gedanken spricht, dass der Zustand, von dem wir ausgehen, maßgeblich durch die Deutsche Demokratische Republik herbeigeführt wurde und die Bundesrepublik in dieser Hinsicht Rechtsnachfolger ist. Ich hoffe, dass das berücksichtigt wird, und gehe davon aus, dass sich die Frage einer Förderung durch den Bund zum gegebenen Zeitpunkt stellt und dann klärt.

Herr Huber, wie wahrscheinlich ist es, dass 2017 der barocke Turm der Garnisonkirche wirklich wieder steht, 20, 50, 70 Prozent?

Es ist unsere feste Absicht, am 31.Oktober 2017 den Turm einzuweihen. Unsere Hoffnung ist groß, dass wir das schaffen. Aber das liegt nicht an uns allein. Wir landen bei einhundert Prozent, wenn das Projekt immer mehr unterstützt und gefördert wird.

Sie bauen die Kirche in einer Zeit auf, in der Potsdam rasant wächst, wie keine andere Stadt im Osten, verbunden mit extremen sozialen Gegensätzen.

Potsdam ist eine unheimlich spannende Stadt. Und mir ist bewusst, dass diejenigen, die hier schon lange zu Hause sind, auch wollen, dass es ihr Potsdam bleibt. Sie müssen Gehör finden, mitgenommen werden. Es ist wichtig, dass nicht Neu-Potsdamer gegen Alt-Potsdamer ausgespielt werden. Wir müssen darauf achten, dass die Musik nicht nur da spielt, wo Leute dazukommen, erfolgreich sind, der Stadt auf neue Weise ein Gesicht geben. Man darf nicht nur Potsdams Sonnenseiten sehen.

Was heißt das für das Projekt?

Ich möchte, dass wir Gerechtigkeitsfragen, die mit der Entwicklung dieser Stadt zu tun haben, aber auch damit, dass es die Hauptstadt Brandenburgs ist, ernst nehmen. Ich bin in meiner beruflichen Verantwortung viel im Land herumgekommen. Ich weiß, was es bedeutet, wenn in Potsdam über Landespolitik entschieden wird. Das muss auch Schritt für Schritt ein Diskussions- und Verantwortungsthema in der Garnisonkirche werden. Wenn es in der Mitte Potsdams einen Platz gibt, an dem politische und gesellschaftliche Entwicklungen aus dem Geist christlicher Verantwortung diskutiert werden, kann das Brandenburg guttun. Und Potsdam auch.

Sie ringen um jeden Euro für die Garnisonkirche. Was empfinden Sie, wenn am neuen Hauptstadt-Flughafen in Schönefeld die öffentliche Hand Millionen und Abermillionen nachbuttert?

Ich gebe zu: Wenn ich die Beträge lese, dann drängt sich der Gedanke natürlich auf: Nur ein Bruchteil davon – und die Garnisonkirche wäre finanziert. Aber so sehr ich mich da manchmal ärgere, am Ende überwiegt die Gewissheit: Wenn so viel Geld für den Flughafen da ist, dann wird es für die Garnisonkirche auch nicht fehlen.

Das Interview führten Guido Berg und Thorsten Metzner

Wolfgang Huber, geboren am 12. August 1942 in Straßburg, ist evangelischer Theologe. Er studierte in Heidelberg, Göttingen und Tübingen.

Von 1994 bis 2009 bekleidete Huber das Amt des Bischofs der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz. Als solcher sprach er sich gegen die Einführung des Faches Lebensgestaltung-Ethik-Religionskunde (LER) im Land Brandenburg aus. Von 2003 bis 2009 war er Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Momentan ist Huber Vorsitzender des Kuratoriums der kirchlichen Stiftung Garnisonkirche Potsdam.

Der Professor und Autor zahlreicher Bücher zu Recht und Ethik wurde vielfach geehrt. So ist er 2012 zum Mercator-Professor der Universität Duisburg-Essen berufen worden. Seine Theologie und sein öffentliches Engagement sind in der Überzeugung begründet, dass das Christentum die Religion einer lebensdienlichen Freiheit ist.

Huber ist verheiratet und hat drei erwachsene Kinder und vier Enkelkinder.

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