zum Hauptinhalt
Im Dialog. Suraya Mohammed, Rawsan Hedo Koordinator des Projekts)  und Maryam Binyamen (v. l.).

© Andreas Klaer

Interreligiöser Dialog: Studenten aus Kurdistan zu Gast an der Uni Potsdam

Studenten aus mehreren Universitäten Kurdistans sind derzeit in Potsdam zu Besuch. Sie arbeiten an einem Buchprojekt über den Nordirak. Muslimische und christliche Studenten arbeiten dabei eng zusammen.

Rund um die Religion und die religiöse Vielfalt in der kurdischen Stadt Erbil im Nordirak geht es in einem laufenden Projekt irakischer Studenten, die zurzeit an der Universität Potsdam zu Gast sind. Wie drückt man seine Religiosität aus? Und wie beeinflusst dies die eigene Persönlichkeit? Auch um solche individuellen Fragen gehe es bei diesem universitären Vorhaben, erläuterte am Samstag Maryam Binyamen, eine der 18 aus dem Irak angereisten Studenten. Die 22-Jährige studiert in Erbil an der dortigen Katholischen Universität das Studienfach Internationale Beziehungen. Gemeinsam mit anderen Studenten erfährt Binyamen derzeit in Potsdam ganz praktisch, wie internationale Beziehungen funktionieren. Denn die Besuchsreise ist Bestandteil eines auf zwei Jahre angelegten Projekts, das von drei Universitäten aus Erbil und der Potsdamer Alma Mater gemeinsam organisiert wurde.

Das Buch soll die religiöse Vielfalt in Erbil beschreiben

Neben dem interreligiösen Dialog verfolgt die Initiative noch ein ganz praktisches Ziel: Es soll ein Buch entstehen, in dem die religiöse Vielfalt in Erbil beschrieben wird. Die Metropole im Nordirak ist die Hauptstadt der Autonomen Region Kurdistan. 378 Moscheen und acht Kirchen gebe es hier, sagt Johann Evangelist Hafner, Religionswissenschaftler an der Universität Potsdam.

Forschung zur Geschichte von Gotteshäusern 

Für das Buch, in dem das religiöse Leben Erbils quasi kartiert werden soll, sind Studenten von gleich drei Universitäten der nordirakischen Stadt ausgeschwärmt und haben Moscheen sowie Kirchen in Erbil besucht, berichtete Rawsan Hedo von der dortigen Katholischen Universität. Hedo ist einer der Koordinatoren des Projekts. Die Studenten haben dabei unter anderem zur Geschichte vieler Gotteshäuser in Erbil geforscht, erzählt der 36-Jährige. Sie seien auch der Frage nachgegangen, warum die Moscheen und Kirchen genau so gebaut wurden, wie sie nun in der Stadt stehen. Zudem erkundeten die Studenten die sozialen Aktivitäten in den untersuchten Gemeinden.

Neben der Katholischen Alma Mater sind aus Erbil auch die Salahaddin Universität und die Tishk Universität an dem Projekt beteiligt. Dabei arbeiten muslimische und christliche Studenten eng miteinander. „Ich habe ihnen meinen christlichen Blickwinkel gezeigt, aber dabei auch ihre Perspektive kennengelernt“, sagt etwa Maryam Binyamen über die muslimischen Studenten, die mit ihr gemeinsam an dem Projekt arbeiten. 

Auch Studierende aus Potsdam sind beteiligt 

Doch nicht nur irakische Studenten unterschiedlicher Konfessionen knüpften dabei Kontakte untereinander, auch Studierende aus Potsdam sind beteiligt. So waren im Frühjahr 2018 Studenten aus der brandenburgischen Landeshauptstadt in Erbil und haben das dortige Leben und die Kultur näher kennengelernt. „Das war extrem völkerverbindend“, sagt Hafner, der auch das Buchprojekt für Erbil von Potsdam aus unterstützt. Zurzeit erfolgt nun der Gegenbesuch der Iraker. Um diese Reise zu ermöglichen, waren laut Hafner erhebliche bürokratische Hürden zu überwinden. „Das deutsche Generalkonsulat ist super, super streng“, sagt der Wissenschaftler. Dabei zeigten sich die Deutschen an anderer Stelle durchaus offenherzig: Das ganze zweijährige Projekt werde vom Deutschen Akademischen Austauschdienst finanziert, berichtet Hafner.

Während ihres Aufenthaltes in Potsdam besuchten die irakischen Studenten auch ein mehrtägiges Seminar an der hiesigen Universität. Am Samstag ging es dabei um religiöse Symbole, etwa das Kruzifix, die Kippa oder das Kopftuch. Sowohl Studenten aus Potsdam als auch aus Erbil hatten dafür Kurzvorträge vorbereitet, unter ihnen Suraya Mohammed, die erst wenige Tage vor der Fahrt nach Potsdam ihren Abschluss als Englischlehrerin an der Tishk Universität gemacht hatte. Sie lobte an dem Projekt, dass damit ein Austausch über die Grenzen der Religionen hinweg ermöglicht werde: „Wir können miteinander reden und etwas über andere lernen.“ 

Religiöses Leben in Potsdam untersucht 

Religionswissenschaftler Hafner hatte indes schon vor diesem Projekt Erfahrungen darin gesammelt, geistliches Leben in einer Stadt ganz kleinteilig zu untersuchen. Er und andere Wissenschaftler hatten vor einiger Zeit das religiöse Leben in Potsdam untersucht. Die Ergebnisse sind im vergangenen Jahr in dem Buch „Glaube in Potsdam“ erschienen. Im zweiten Band dieser Ausgabe wurden übrigens Potsdamer Gemeindeporträts veröffentlicht, die zunächst in den PNN erschienen waren. Die Arbeit an dem neuen Buch über die religiöse Vielfalt in Erbil soll Ende dieses Jahres abgeschlossen werden.

Zur Startseite