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Die Diskussionen um die Garnisonkirche und das Umfeld des Baus nehmen kein Ende.

© Ottmar Winter

„Inakzeptable Verzögerungstaktik“: Wollenberg kritisiert Kirchenstiftung

Der Linke-Fraktionschef ist verärgert über die Haltung zum Weiterbetrieb des Rechenzentrums - die CDU will Schuberts Plan für die Plantage stoppen.

Potsdam - Die politische Auseinandersetzung um Rechenzentrum und Garnisonkirche geht trotz Beginn der Ferien und der politischen Sommerpause weiter. Eine „inakzeptable Verzögerungstaktik“ hat Potsdams Linke-Fraktionschef Stefan Wollenberg am Mittwoch der Stiftung Garnisonkirche vorgeworfen. 

So sei bisher stets Konsens gewesen, dass ein Weiterbetrieb des Rechenzentrums neben dem Kirchturm mindestens bis zur Fertigstellung des als Ersatz vorgesehenen Kreativquartiers möglich sein müsse. Doch zuletzt hatte die Stiftung nach der Sitzung ihres Kuratoriums am Dienstag erklärt, zunächst müssten vom Rathaus bauordnungsrechtliche Fragen geklärt werden.

Linke-Fraktionschef Stefan Wollenberg.
Linke-Fraktionschef Stefan Wollenberg.

© Ottmar Winter

Wollenberg sieht das anders: „Selbst wenn die Bauaufsicht einen Parallelbetrieb von Turm und Rechenzentrum tatsächlich untersagen sollte, wäre eine Zustimmung zur Verlängerung der Mietverträge in dem Haus für die Stiftung unschädlich.“ Daher solle die Stiftung „den Poker auf dem Rücken der betroffenen Mieter:innen“ des DDR-Baus sofort beenden.

Einen anderen Vorstoß unternahm indes am Mittwoch die CDU-Fraktion – und stellte einmal mehr den Grundsatzbeschluss der Stadtverordneten aus dem Januar infrage, der sogar zum langfristigen Erhalt des Rechenzentrums führen könnte. Dieses Votum müsse auf Eis gelegt werden, so die Fraktion: „Die Kapazitäten der Verwaltung werden an anderer Stelle dringender gebraucht.“ 

Das von Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) verfolgte Ziel, die vielen Einzelfragen rund um Rechenzentrum und Garnisonkirche in einer Machbarkeitsstudie zu lösen, halte man technisch, sachlich und politisch für undurchführbar, so die CDU. Daher sollten die Arbeiten eingestellt und die Kräfte auf Aufgaben konzentriert werden, die wegen „des Personalmangels in der Verwaltung liegen bleiben müssen“.

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In dem Beschluss hatte Schubert – damals noch mit ausdrücklicher Billigung der Stiftung Garnisonkirche – im Januar durchgesetzt, dass zur Schaffung eines sogenannten Forums an der Plantage ein verbindendes Gebäude zwischen Rechenzentrum und Garnisonkirchturm errichtet werden soll, nämlich ein Haus der Demokratie mit Plenarsaal für die Stadtverordneten und zusätzlichen Flächen für das Potsdam Museum. 

Dazu ist eine Machbarkeitsstudie zu erstellen, die einen räumlich-funktionalen, städtebaulichen und rechtlich zulässigen Vorschlag für die Realisierung des Forums erarbeiten soll, teilte jetzt das Rathaus auf Anfrage des CDU-Fraktionschefs Matthias Finken mit. „Im Rahmen der Machbarkeitsstudie sollen Arbeitsgruppen zur Ausarbeitung des Raumprogramms tagen.“ Dort würden dann aufgeworfene Fragen besprochen. Entsprechende Vorarbeiten für eine Bedarfs- und Potentialanalyse würden derzeit durch die Verwaltung durchgeführt: „Mit Ergebnissen ist im Herbst 2022 zu rechnen.“

CDU-Fraktionschef Matthias Finken.
CDU-Fraktionschef Matthias Finken.

© Andreas Klaer

Stiftung beantragt Auszahlung von Kirchenmitteln 

Die Garnisonkirchenstiftung hat nach der Freigabe von rund 4,5 Millionen Euro Bundesmitteln für den Turmbau Mitte Juni unterdessen nun auch Kirchenmittel beantragt. Der Antrag auf Auszahlung der landeskirchlichen Förderung sei inzwischen gestellt worden, sagte der Chefjurist der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Jörg Antoine, dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Mittwoch. Ob die Bedingungen dafür erfüllt sind, blieb offen.

Die Landeskirche hatte vor einigen Wochen für 2022 beschlossen und für 2023 in Aussicht gestellt, den laufenden Betrieb der Trägerstiftung mit je bis zu 490.000 Euro zu unterstützen. Bedingung sei unter anderem, den Geschäftsbetrieb zu reduzieren und geringere Summen einzusetzen. Der tatsächliche Mittelbedarf müsse nachgewiesen werden, hieß es dazu.

Zu Debatten über Finanzprobleme der Stiftung sagte Antoine, die Stiftung sei im Februar 2022 nicht insolvent gewesen. Zur Baufinanzierung auf Rücklagen für die Stiftungsarbeit zurückzugreifen und auch vorübergehend Stiftungskapital für Liquidität zu nutzen, sei zulässig. Kritiker des Bauvorhabens hatten unter Berufung auf Unterlagen moniert, die Stiftung habe über mehrere Monate hinweg unter anderem knapp 200.000 Euro Stiftungskapital zur Baufinanzierung genutzt.

„Im Einzelnen haben wir das nicht überprüft“, sagte Antoine: „Das wäre allerdings nach der Stiftungssatzung und dem Stiftungsrecht auch zulässig gewesen.“ Das Stiftungskuratorium hatte am Dienstag erklärt, Wirtschaftsprüfer hätten für 2021 einen „uneingeschränkten Bestätigungsvermerk erteilt“. (mit epd)

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