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Jämmerliches Antlitz. Was heute wie ein Stein gewordenes Häufchen Elend aussieht, war einst das Gutshaus von Paaren. Nach Jahren des Leerstandes ist das Gebäude arg heruntergekommen. Die Stadt will es nun verkaufen und favorisiert eine Nutzung als Tankstelle oder Raststätte.

© Johanna Bergmann

Landeshauptstadt: In des Ahorns Zange

Erwerber gefunden? Derzeit wird über den Verkauf des Gutshauses von Paaren noch verhandelt

Paaren - Ein Gutshaus? Ja, man muss schon die Fantasie spielen lassen, um es sich wirklich vorzustellen, dass dieser desolate Bau am Rande von Potsdams Ortsteil Paaren einst eine bedeutende Rolle im dörflichen Leben gespielt hat. Was heute wie ein steingewordenes Häufchen Elend daherkommt, war einst das Gutshaus von Paaren. Nach Jahren des Leerstandes bietet das Haus ein jämmerliches Bild: Viele Fenster sind zugenagelt, das Dach ist kaputt, an großen Stellen fehlt der Putz und der Dachkasten an einer Giebelseite des Hauses hängt in Teilen schon so weit herunter, dass es wohl nur noch eine Frage der Zeit ist, bis dieses in die Luft ragende Gestänge herunterkrachen wird. Architektonische Schmuckelemente sind am Gebäude so gut wie nicht mehr vorhanden. Die Natur hat längst begonnen, sich des Gutshauses zu bemächtigen. Aufschießende Ahornbäume haben das Haus in eine imaginäre Zange genommen.

Doch jetzt gibt es Anzeichen dafür, dass das einstige Gutsgebäude bald seinen Besitzer wechseln könnte. Die Stadt Potsdam hatte das Anwesen bis zur vergangenen Woche im Internet zum Verkauf angeboten. Kaufpreiserwartung laut Exposé: 120 000 Euro. Mehr als 5100 Quadratmeter soll das Grundstück groß sein. Die Bruttogeschossfläche des Hauses wird mit circa 618 Quadratmetern angegeben. Mit dem Verkauf betraut ist die Polo Beteiligungsgesellschaft, eine Tochter der stadteigenen Pro Potsdam. Auf der Internetseite der Polo heißt es jetzt: „Dieses Objekt ist leider nicht mehr verfügbar.“ Pro-Potsdam-Sprecherin Anna Winkler teilte auf Anfrage mit, man verhandele aktuell mit einem Bieter. Weitere Auskünfte gab sie unter Verweis auf die laufenden Gespräche nicht. Nur noch so viel: Es habe in der Vergangenheit schon mehrere Interessenten für das Grundstück gegeben, doch jetzt sei es das erste Mal, dass man wirklich Verhandlungen mit einem potenziellen Erwerber aufgenommen habe.

Das Kaufobjekt umfasst längst nicht nur das kaputte Gutshaus. Mitverkauft werden soll die große Parkplatzfläche vor dem Haus. Auch das Gelände, auf dem am Rand des asphaltierten Areals ein Imbiss steht, gehört mit dazu. Sogar eine Bushaltestelle inklusive Wendeschleife wird der Erwerber sein Eigen nennen dürfen – oder vielmehr: müssen. Denn diese Anlagen für den öffentlichen Nahverkehr müssen auch nach der Veräußerung erhalten bleiben, fordert die Stadt. Der alte zugewachsene Gutspark hingegen gehört nicht zum Verkaufsangebot der Kommune – nur ein kleiner Streifen rund um das Haus.

Im Exposé hat die Stadt auch gleich mitgeteilt, was sie sich für das Grundstück künftig vorstellen kann. Eine Nutzung als Tankstelle oder Raststätte werde favorisiert, planungsrechtlich zulässig seien aber beispielsweise auch ein Geschäfts- oder ein Bürogebäude. Das Gutshaus selbst hat vermutlich keine große Zukunft mehr. „Es ist davon auszugehen, dass ein Abriss gegenüber einer kompletten Sanierung die wirtschaftlichste Variante ist“, heißt es im Exposé. Das Gebäude sei nicht als Einzeldenkmal verzeichnet. Allerdings ist das Grundstück des Gutshauses laut dem Exposé Teil eines Bodendenkmals.

Der Kiosk „Siggis Truckerimbiss“ auf dem großen Parkplatzgelände vor dem Gutshaus wird von Vorbeireisenden angesteuert, die hier von Norden nach Potsdam hereinkommen oder in die umgekehrte Richtung fahren. An den Wochenenden verweilen auf dem Platz davor häufig Lkw-Fahrer. Sie kommen von der nahen Autobahn und warten die Sonntagsruhe ab. Bernd Micheel verkauft im Kiosk Bouletten, Bratkartoffeln und vieles andere. Seine Lebensgefährtin sei die Pächterin, sagt er. Der Vertrag laufe bis Ende des Jahres. Micheel weiß noch nicht, wie es dann weitergeht. Nur eines weiß er: Eine kleine Teilfläche für den Kiosk kaufen – da mache die Stadt nicht mit.

Auch Ortsvorsteher Eckhard Fuchs (Aktionsbündnis N/W) macht sich so seine Gedanken über die Zukunft des Anwesens und bedauert den Zustand des Gutshauses: „Wir finden es alle schade, dass hier bis heute nichts passiert ist“, sagt Fuchs über sich und seine Mitstreiter im Ortsbeirat von Uetz-Paaren. Und dann zeigt er auf den Bauzaun, der fast um das ganze Haus herum offenbar aus Sicherheitsgründen aufgestellt wurde und mittlerweile selbst schon ein Reparaturfall ist. „Wissen Sie, wie lange es gedauert hat, bis die Stadtverwaltung die Sicherungspflicht übernommen hat?“ Schon zum Ende der DDR sei das Haus in einem schlechten baulichen Zustand gewesen. Laut Exposé wurde das Gebäude bis 1997 zu Wohnzwecken genutzt und bis 2006 zu Lagerzwecken vermietet. Zu DDR-Zeiten hatte hier der Bürgermeister ein Büro. Auch ein Arzt hielt im alten Gutshaus Sprechstunden ab. Die Ära der Familie Friese, die hier die letzten Gutsbesitzer waren, endete 1945. Auch das weit verzweigte und bekannte Geschlecht derer von Bredow war einst in Paaren ansässig.

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