zum Hauptinhalt
Das Merian-Heft „Brandenburg“ zeigt auch Potsdams neue Mitte.

© Lukas Spörl

Idylle, Kino, Kartoffeln: Neues Merian-Heft über Brandenburg und Potsdam

Das letzte Merian-Heft über Brandenburg war heillos veraltet, es war von 1990. Jetzt gibt es ein Neues - inklusive extra Potsdam-Teil. 

Potsdam - Wald und Wasser zeigt die Titelseite - eine romantische, beruhigende Bildszene. Und ziemlich trügerisch: Denn neben der leisen Naturschönheit fanden die Autoren des neuen Merian-Hefts, das dem Land Brandenburg gewidmet ist, eine ziemlich bunte und lebendige Vielfalt an Orten, Themen und Möglichkeiten, die das Land Besuchern zu bieten hat. „Wir hatten wirklich die Qual der Wahl zu entscheiden, wohin es gehen sollte“, sagt die für das Heft verantwortliche Redakteurin Tinka Dippel. Im vergangenen Sommer waren die Autoren auf Entdeckungstour durch Brandenburg gegangen. Dippels Fazit: „Ich muss unbedingt wiederkommen.“

Das neue Magazin, das ab sofort für 9,90 Euro im Handel zu erwerben ist, wurde am Dienstag dem besonderen Anlass angemessen in der Potsdamer Villa Kellermann präsentiert. Mit dabei Wirtschafts-Staatssekretär Hendrik Fischer, der an die Skepsis der Westdeutschen gegenüber diesem neuen Bundesland kurz nach 1989 erinnerte. Dieter Hütte, Geschäftsführer der Tourismus-Marketing Brandenburg GmbH, freut sich heute über wachsende Übernachtungszahlen. 14 Millionen könnten es dieses Jahr werden.

Das letzte Heft ist 29 Jahre alt

Zuletzt hatte es 1990 ein Merian-Heft über Brandenburg gegeben. Im Jahr 30 nach der Maueröffnung sei es nun höchste Zeit für ein neues gewesen, so Dippel. „Seitdem hat sich das Land enorm verändert, aber auch das Magazin.“ So gebe es zum einen mehr technische Möglichkeiten für Bildmaterial, der Titel entstand mit einer Drohne. Und es gebe mehr literarische Themen. Nicht nur der märkische Dichter Fontane spielt im Jubiläumsjahr eine Rolle. Auch Romanautorin Juli Zeh, Expertin für das Brandenburger Dorfleben, und der Comedian und Musiker Rainald Grebe, Autor der berühmten Satire-Brandenburg-Hymne, kommen zu Wort. Grebe sagt im Interview: „Der Städter möchte Ruhe und einen schönen Blick. Und Kartoffeln.“

Das Heft widmet sich also in großen Teilen dem Ländlichen in all seinen Facetten, ohne dabei nur auf die Kartoffeln zu schauen. Die Autoren erzählen von alternativen Lebensentwürfen, einem Kunstsammler in der Uckermark und einer Entschleunigungswoche im Hausboot – und immer wieder von den Überraschungen, die das Land dabei offenbarte. Brandenburg sei größer, als man denkt, und vielseitiger, als man erwarte. Eben noch habe sie sich im romantischen Schlaubetal „wie im Off gefühlt“ und im tiefsten Wald beinahe einen Hirsch überfahren, so Dippel. Am nächsten Tag nahm sie an einer Führung durch das einst sozialistische Eisenhüttenstadt teil. Mehr Kontrast geht eigentlich nicht.

Die Botschaft, die die Autorin den Lesern mitgeben will: Bitte nicht sich von Vorurteilen oder Berührungsängsten, die es bei manchen gegenüber der Region ja durchaus gebe, von einem Brandenburg-Besuch abhalten lassen. „Sonst entgeht einem hier total viel.“

"Potsdam ist mehr als Sanssouci" 

Neben dem Landleben bekommt die Landeshauptstadt einen extra Teil eingeräumt. „Friedrichs Fernweh“ erzählt Potsdamer Architekturgeschichte über italienische Paläste, russische Häuser und das Holländische Viertel. Es geht zudem durch den Park Sanssouci und dort vor allem zu den Hauptattraktionen. Besucher werden ermutigt, sich auch für die vielen Nebenschauplätze zu öffnen, im Welterbepark als auch in der Stadt: „Potsdam ist viel mehr als Sanssouci“, sagt Dippel, sie ahne, dass da viel Schönes versteckt am Wegesrand liegt. 

Den „Puls von Potsdam“ suchen die Autoren in der Schiffbauergasse, bei Designern und Kulturschaffenden, in Restaurants, in der Waschbar in Potsdam-West und in Babelsberg. Die Studios haben einen eigenen Text bekommen, der filmbegeisterte Autor erzählt Kinogeschichte. Sie selbst besuchte Babelsberg, schaute sich das Thalia an und landete zuletzt im Restaurant Hiemke, wo sie einen sehr authentischen Moment erlebte: „Am Nachbartisch fand offenbar eine Versammlung von Fußballfunktionären statt, das war schon irre.“

Unter den Autoren befinden sich kaum Brandenburger

Dass sich im Autorenteam keine Potsdamer befinden und nur wenige Brandenburger, sei teils Zufall, aber auch gewollt, so Dippel. Man wolle den Blick von außen, hole sich aber immer Anregungen und Tipps von Einheimischen. „Es gibt viele unterschiedliche Arten, das Land zu erleben. Und die wollten wir zeigen“. Ganz bewusst habe sie sich entschieden, einen „Fremden“ nach Cottbus zu schicken. In eine Stadt, die man schon beinahe in Sachsen verorte und häufig mit negativen politischen Schlagzeilen in Verbindung bringe. „Überrascht von Cottbus“ heißt dann der Text mit der Schlagzeile: „Nicht immer gefällig, aber auf herbe Weise schön.“

Redakteurin Dippel kam für eine kurze Recherche und hängte spontan ihren Sommerurlaub dran. Für die Stadt Potsdam musste ein Wochenende reichen. So machen es übrigens die meisten Potsdam-Urlauber. Für die soll es in naher Zukunft auch ein neues Potsdam-Merian-Heft geben.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false